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Thema der Woche 28/2023 10. Juli 2023

Sechsspindlig zu präzisen Drehteilen

W.E. Schultz setzt über 20 sechsspindlige Drehautomaten von Index ein. Beim neuesten Mehrspindler Index MS24-6 haben hohe Präzision und das optimierte Rüstkonzept überzeugt.

Der Drehautomat Index MS24-6 besitzt sechs Arbeitsspindeln und zwölf Querschlitten mit NC-Achsen in X, Z und Y sowie ein oder zwei Synchronspindeln für die Rückseitenbearbeitung.  
Der Drehautomat Index MS24-6 besitzt sechs Arbeitsspindeln und zwölf Querschlitten mit NC-Achsen in X, Z und Y sowie ein oder zwei Synchronspindeln für die Rückseitenbearbeitung.  

Magnet-Schultz mit Stammsitz im Memmingen zählt zu den weltweit führenden Herstellern von elektromagnetischer Aktorik, Sensorik und Ventiltechnik. 1912 von Adolf W. Schultz gegründet, ist die MSM-Gruppe heute in vierter Generation noch immer ein inhabergeführtes Familienunternehmen – mit weltweit über 2.500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von etwa einer halben Milliarde Euro. Die MSM-High-Tech-Produkte kommen als kundenspezifische Sonderentwicklungen und Standardkomponenten in verschiedenen Branchen zum Einsatz. Dazu gehören Aerospace, Automotive, Elektromechanik, Hydraulik, Medizintechnik und Pneumatik, also überall dort, wo hohe Ansprüche an Technologie und Qualität gestellt werden.

Die MSM-Elektromagnete stellen hohe Anforderungen an Präzision und Qualität. Entsprechendes Fertigungs-Know-how und eine hohe Fertigungstiefe sind unabdingbar. So entstehen anspruchsvolle Kerne, Anker, Tuben, Hülsen und andere in großen Stückzahlen benötige Drehteile beim Tochterunternehmen W.E. Schultz im Schweizer Ort Oberrindal. Das heutige MSM-Kompetenzzentrum für Automatendrehteile gehört bereits seit 1973 zur Firmengruppe und wird seit 1997 von Alejandro Aranda Muñoz geleitet. Der Maschinenbauingenieur kam 1989 als Leiter der Fertigungsplanung zu Magnet-Schultz nach Memmingen und ging dann Ende der 90er Jahre in die Schweiz, um das bis dahin mit Montageaufgaben betraute Tochterunternehmen zum Produktionsstandort umzustrukturieren. „Wir haben uns von Beginn an auf die Herstellung komplexer, hochpräziser Drehteile konzentriert, da diese im Stammwerk Memmingen in großen Stückzahlen benötigt wurden“, erinnert sich Aranda. „Um diese Teile möglichst wirtschaftlich produzieren zu können, investierten wir schon damals in mehrspindlige Drehautomaten.“

Partner der ersten Stunde war der Esslinger Drehmaschinenhersteller Index, der zunächst vier kurvengesteuerte, sechsspindlige Index MS25 lieferte. „Diese Maschinen sind meine besonderen Lieblinge“, verrät der Werksleiter. „Sie sind immer noch in Betrieb, laufen wie ein Uhrwerk und erzielen zuverlässig die gewünschte Präzision, die bei manchen Teilen lediglich 14 µm Außentoleranz zulässt. Wir haben die MS25 natürlich in den vielen Jahren gut gepflegt und eine Komplettrevision im Index-Werk durchführen lassen.“

Spezialist für sechsspindlige Drehautomaten

Der restliche Maschinenpark besteht im Kern aus über 20 CNC-gesteuerten Drehautomaten – allesamt sechsspindlig und mit Stangenlader von Index. Die Größen reichen von der MS16 über die MS22, MS32 bis zur MS40. „Wir haben nach und nach unser Fertigungsspektrum und die Kapazitäten ausgebaut“, erklärt Aranda. „Heute sind wir in der Lage, komplexe Drehteile aus Stangenmaterial von 6 bis 40 mm Durchmesser zu fertigen, in der Regel in Serien von 20.000 bis über 5 Mio. Stück pro Jahr.“

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W.E. Schultz hält seinen Maschinenpark auf hohem Niveau. Jedes Jahr wird eine neue Maschine bestellt, als Ergänzung oder Ersatzinvestition. „Gerade hier im Hochlohnland Schweiz müssen wir sehr auf die Wirtschaftlichkeit achten“, betont Aranda, „weshalb wir uns stets über mögliche Verbesserungen auf dem Markt informieren.“ Als vor zwei Jahren Index anfragte, ob W.E. Schultz bereit wäre, sich als Erprobungspartner für den neuen Mehrspindeldrehautomaten MS24-6 zur Verfügung zu stellen, lautete die Antwort: Ja, aber ohne die Garantie, die Maschine nach der Testphase zu übernehmen. Denn für Fertigungsleiter Alexander Hildt ist klar: „Gekauft wird nur, was uns tatsächlich weiterbringt – hinsichtlich Präzision, Qualität, Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit.“

Wirtschaftlicher durch gesteigerte Präzision und Komplettbearbeitung

Die Erwartungen an die MS24-6, Nachfolgemodell des erfolgreichen Index-Mehrspindlers MS22, waren hoch. Geschürt wurden sie durch die Leistungsfähigkeit der im Maschinenpark schon vorhandenen Index MS40, die bereits zahlreiche präzisions- und produktivitätssteigernde Features aufweist. Hildt erklärt: „Zum Beispiel die fluidgekühlte Spindeltrommel, die jetzt auch in der MS24 vorhanden ist. Sie steigert die Genauigkeit im Vergleich zu einer luftgekühlten Variante durch das viel bessere thermostabile Verhalten.“

Wichtig ist für die Automatendreher auch die Hirth-Verzahnung auf der Synchronspindel. „Sie sollte auch bei der MS24 die Präzision bei der Rückseitenbearbeitung deutlich verbessern“, wünschte sich der Fertigungsleiter und wurde nicht enttäuscht. „Wir haben Teile, die auch im Rückseitenbereich auf hundertstel Millimeter genau sein müssen. Mit der neuen Index MS24 erreichen wir das in einem Arbeitsgang.“ Aus der jetzt möglichen Komplettbearbeitung resultiert eine deutliche Einsparung. Denn bislang mussten diese Teile auf anderen Maschinen nachbearbeitet werden.

W-Verzahnung vereinfacht das Rüsten

Alexander Jaksch, Ausbildungsleiter und stellvertretender Leiter der Dreherei, ist von der Rüstfreundlichkeit des neuen Mehrspindlers und insbesondere vom Schnellspannsystem mit integrierter W-Verzahnung auf jedem Querschlitten begeistert. Dadurch kann der Bediener den bereits in X und Y voreingestellten Werkzeughalter einfach draufstecken. „Die W-Verzahnung ist super. Damit ist man bereits winklig auf dem Schlitten und spart sich die Hälfte der für das Rüsten benötigten Zeit“, bestätigt Jaksch. Er und seine Kollegen sind froh, dass Index gerade hinsichtlich der Rüstfreundlichkeit derart effektive Lösungen bietet. Denn tendenziell werden bei W.E. Schultz die geforderten Stückzahlen immer geringer, bis hin zu 10.000 oder gar 5.000 Stück. Da fällt in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Rüstzeit stark ins Gewicht. „Dauerläufer sind selten geworden“, bestätigt Werksleiter Aranda. „Wir rüsten jetzt schon im Schnitt alle zwei Wochen um.“

Wie sich aus den Aussagen erahnen lässt, hat W.E. Schultz den ursprünglich zu Testzwecken gelieferten Drehautomaten MS24-6 gekauft. Denn diese neue Maschinengeneration sichert den wirtschaftlichen Einsatz von Mehrspindeldrehautomaten auch bei rückläufigen Stückzahlen. Werksleiter Aranda weist jedoch darauf hin, dass die zu fertigenden Teile eine komplexe Kontur und hohe Präzisionsanforderungen aufweisen sollten, mit entsprechenden Radien, Konusbereichen oder Querbohrungen. Dann könne sein Unternehmen das Know-how und die Stärken des Maschinenparks voll ausspielen. Als Beispiel erwähnt er ein Gehäuse mit 10 mm Außendurchmesser und einem Innendurchmesser von 4,029 mm ±5 µm. Die Rundläufe von Lagersitz zu Lagersitz sind mit 0,02 mm toleriert. Dieses Teil wird inzwischen auf der MS24 aus dem Vollen komplett fertig gedreht. „Prozesssicher“, wie Praktiker Jaksch betont. „Im Rahmen der 10 µm Toleranz schwanken wir lediglich um 2 bis 3 µm, das ist sensationell.“

Sollten die Anforderungen etwas geringer werden, hat W.E. Schultz mit der Index MS24-6 noch einen weiteren Trumpf im Ärmel: Denn die Maschine lässt sich nicht nur sechsspindlig, sondern auch doppelt dreispindlig nutzen. Zwar hat die bei W.E. Schultz befindliche Maschine nur eine Synchronspindel, doch ließe sich für die Fertigungsvariante Doppel-3-Spindler oder zur Halbierung der abstichseitigen Bearbeitungszeit eine zweite Synchronspindel jederzeit nachrüsten.

Mit virtueller Maschine effizienter programmieren

Mit der Investition in die Index MS24-6 schlug W.E. Schultz auch neue Wege in der Programmierung ein, wie Ausbildungsleiter Jaksch erwähnt: „Bisher haben wir die meisten Maschinen konventionell programmiert. Bei der MS24 haben wir die virtuelle Maschine mitbestellt, die vor allem bei Neuanläufen, also wiederum bei kleineren Stückzahlen Vorteile verspricht.“ Mit dieser virtuellen 1:1-Kopie der Maschine können am PC Neuanläufe und Werkstückbearbeitungen in Echtzeit und einhundertprozentiger Übertragbarkeit in die reale Maschine virtuell geplant, getestet und vorab optimiert werden. Dadurch sinken die Rüst- und Stillstandzeiten in der laufenden Fertigung und zusätzlich wächst die Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Dazu Jaksch: „Wir haben damit schon gute Erfahrungen gemacht. So wird vermutlich bei der nächsten, bereits in Planung befindlichen Maschine wieder die virtuelle Maschine dabei sein.“

rk

 

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