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Präzisionswerkzeuge 28. Februar 2024

Schnittfreudiges Stechsystem aus dem 3D-Drucker

3D-Druck ermöglicht die effiziente Kühlung des Ingersoll Stechsystems Wincut. Beer Zerspanungstechnik ist von Stabilität und Schnittfreudigkeit überzeugt. 

Mit der robusten Plananlage des Schneidenhalters und stabil geklemmten Schneiden überzeugt Wincut in der Fertigung von Beer.
Mit der robusten Plananlage des Schneidenhalters und stabil geklemmten Schneiden überzeugt Wincut in der Fertigung von Beer.

Die Beer Zerspanungstechnik GmbH setzt in verschiedenen Bereichen Werkzeuge der Ingersoll Werkzeuge GMBH ein. Neu Einzug gehalten hat das Stechsystem Wincut. Geschäftsführer Georg Beer würdigt die Schnittfreude und Stabilität dieses Abstechwerkzeugs aus dem 3D-Drucker. Zudem macht es die Fertigung wirtschaftlicher.

Das Unternehmen von Georg Beer wurde 1995 als Nebenerwerbsbetrieb gegründet, in dem zunächst Bolzen und einfache kleine Drehteile für umliegende Landwirte hergestellt wurden. Nach und nach erweiterten Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Unternehmen den Kundenkreis. Nach den Anfängen in einer Garage, die genau genommen ein ehemaliger Schweinestall war, nahm die Firma drei Jahre später mit der ersten Drei-Achs-Fräsmaschine Fahrt auf. Der Nebenerwerb wurde 2003 zum Haupterwerb, 2013 konnte schließlich ein Werk in Schmidgaden mit zwei Hallen in Betrieb gehen.

Zehn Jahre später wurde es dort zu eng und Beer siedelte über in das ebenfalls in der Oberpfalz gelegene Schwarzenfeld. Auf einem großen Grundstück konnte hier die Fertigung von 2.000 m² auf 6.400 m² vergrößert werden. In diesem Zuge hat Beer auch seinen Maschinenpark erweitert, in dem nun acht Drehmaschinen und elf Fräsmaschinen, davon sieben 5-Achs-Zentren, zur Verfügung stehen. In drei Schichten arbeiten aktuell 47 Mitarbeiter. Die vorhandenen Drehmaschinen sind mit Stangenladern oder Roboter ausgestattet. Beers Ziel ist eine weitere Automatisierung des Unternehmens.

Die Beer Zerspanung fertigt heute Maschinenbauteile. Das sind Komponenten für Förderanlagen und Landmaschinen, Dreh- und Frästeile für Getriebe oder Arbeiten an Gehäuse- und Rahmenteilen. Typische Losgrößen liegen zwischen 50 und 300 Bauteilen, aber auch Aufträge über 20.000 Stück wurden schon ausgeführt. Die Bearbeitung von Stahl hat einen Anteil von zwei Dritteln, der Rest ist überwiegend Edelstahl und etwas Aluminium. Die Anforderungen an die Bauteile sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Wenn früher präzise Passungen verlangt waren, ging es um 3/100 mm. Heute sind wir im µ-Bereich“, so Beer. Insbesondere Form- und Lagetoleranzen seien zunehmend enger bemessen. Was früher in zwei oder drei Aufspannungen bearbeitet werden konnte, muss heute in einer einzigen erledigt werden, um das zu schaffen. Die höheren Ansprüche zeigen sich auch im Maschinenpark, wo die 5-Achs-Zentren voll ausgelastet sind.

Keine Experimente

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Udo Stangl, technischer Berater bei Ingersoll, hat ein besonderes Verhältnis zu dem Unternehmen. Als er vor zehn Jahren im Außendienst des Werkzeugherstellers begann, war Beer sein erster Kunde, den er für Ingersoll gewinnen konnte. In jener Zeit wurde noch vieles ausprobiert, wie Georg Beer berichtet. Heute ist das Unternehmen bestrebt, seine Werkzeuglieferanten auf einige wenige zu reduzieren. Gesteigert wurde der Anteil der Werkzeuge von Ingersoll, die inzwischen in allen Bereichen zum Drehen, Bohren und Fräsen eingesetzt werden. „Das macht es auch unseren Mitarbeitern einfacher, die schließlich mit den möglichen Schnittwerten vertraut sein müssen“, erläutert Beer. Ingersoll unterstützt dies mit Schulungen vor Ort.

Bei Wendeplattenbohrern ist Beer inzwischen komplett auf Werkzeuge des Herstellers aus Haiger umgestiegen, mit denen man gute Erfahrungen gemacht hat. „Wenn ein noch vorhandenes Werkzeug eines anderen Herstellers ausfällt, wird es durch ein neues von Ingersoll ersetzt“, sagt Georg Beer. Für das Hochvorschubfräsen hat sich nach verschiedenen Tests im Unternehmen der Gold-S-Feed von Ingersoll als bester herausgestellt und wird nun in den Durchmessern 50 und 63 mm eingesetzt. Hier schwankt der Bedarf des Lohnfertigers stark und hängt von Serien ab, bei deren Bearbeitung sie gefragt sind. „Wir haben gerade 300 Ventilklötze zerspant, wissen aber nicht, wann der nächste derartige Auftrag kommt“, so Beer. Im zurückliegenden Jahr wurde weniger Edelstahl, aber dafür mehr Stahl bearbeitet. Aber das ist eine Momentaufnahme.

Stabil bei weichem Schnittverhalten

Ein ständig benötigter Bearbeitungsschritt ist hingegen das Abstechen von Drehteilen, denn bei Beer wird grundsätzlich von der Stange gedreht. Hierfür hat Ingersoll sein neues System Wincut eingebracht, von dem Georg Beer auf Anhieb begeistert war: „Das ist ein sehr gutes Werkzeug. Mir gefällt das Schnittverhalten und die Aufnahmeart des Wincut-Stechsystems. Das ist besser als alles, was wir zuvor im Einsatz hatten. Mit der dreieckigen Schwertform bekommt das Werkzeug eine hohe Stabilität und damit ein ruhigeres, weiches Schnittverhalten. Dieses Werkzeug ist schnittfreudiger.“

Späne fließen gleichmäßig ab

Das Urteil von Georg Beer basiert auf jahrzehntelanger Erfahrung und er blickt zurück auf die Zeit, als bei offenen Maschinen das Verhalten eines Werkzeugs nach Gehör beurteilt wurde. „Bei den heutigen gekapselten Maschinen höre ich zwar nichts mehr, aber wenn ich beobachte, wie gleichmäßig die Späne abfließen, kann ich mir sehr gut vorstellen, was ich bei einer offenen Maschine hören würde.“ Beim Abstechen mit dem Ingersoll Werkzeug wäre kaum etwas zu vernehmen, bestenfalls ein schnittiges leises Pfeifen. Ruppige Kratzgeräusche treten nur bei falschen Parametern auf. „Wenn die Werte passen und die richtigen Einstellungen gewählt wurden, geht das aber wie durch Butter“, versichert Beer. Die besten Erfahrungen beim Zerspanen kann man nach Beers Überzeugung an einer konventionellen Maschine sammeln, an der von Hand gedreht wird. Hier seien die aufzubringenden Kräfte direkt spürbar und der Späneflug am besten zu beobachten. So werde Wissen aufgebaut.

Einseitige Platte für große Stechtiefe

Thomas Kölbl, Anwendungstechniker von Ingersoll, nennt Details des neuen Werkzeugs: „Um die Platte optimal abzustützen und die große Stechtiefe bis 120 mm bei 2 oder 3 mm Stechbreite zu erreichen, ohne eine weitere Schneidkante in Mitleidenschaft zu ziehen, arbeitet Wincut mit einer einseitigen Platte.“ Für Georg Beer ist dieses Konzept sehr gut nachvollziehbar. Bei früher verwendeten Werkzeugen hat er die Erfahrung gemacht, dass die zweite Schneide bei einer doppelseitigen Platte schon einen gewissen Verschleiß zeigt, wenn sie eingewechselt wird. Mit der einseitigen Platte sei eine kostengünstigere Produktion möglich.

Das dreieckige Blade ist fest mit dem Halter verschraubt und bekommt so eine sehr hohe Stabilität. Die Plananlage sorgt dafür, dass Hebelwirkungen, wie sie vor allem bei Schwertern mit größerer Auskraglänge auftreten können, komplett im Werkzeughalter aufgefangen werden. Die Schneideinsätze verfügen über eine spezielle Klemmung über drei Kontaktflächen am unteren Absatz, die robuster als eine herkömmliche Selbstklemmung ist und damit die Stabilität des Systems erhöht. Die effiziente Kühlung des Wincut-Stechsystems wurde durch 3D-Druck möglich. Über gewundene Kühlkanäle im Inneren gelangt der Kühlstrahl von oben und von unten auf die Schneide und sorgt für eine optimale Spänekontrolle.

Beer nutzt das System derzeit mit dreieckigen Schwertern in den Durchmessern 52 und 82 mm mit den Schneidplatten SFC und SFJ für unterschiedliche Spanentwicklung. Der weiche Schnitt ist nicht nur etwas fürs Ohr, sondern kommt auch der Produktivität zugute, weil damit höhere Schnittwerte möglich sind. „Bei gleicher Standzeit konnten wir die Standmenge erhöhen und sparen so gegenüber dem früheren Werkzeug Geld“ berichtet Georg Beer. „Am Ende geht es immer um den wirtschaftlichen Aspekt.“ Manfred Flohr/ak

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