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Das sind die Synergien der ECTA

Es dreht sich um den europäischen Verband für Zerspanwerkzeuge, kurz ECTA. Dessen Präsident Markus Horn erklärte, welche Vorteile auch deutsche Hersteller und Kunden haben.

Es waren die europäischen Aspekte der Zerspanung, die Markus Horn während seiner ersten Pressekonferenz als ECTA-Präsident beleuchtete. ECTA ist die European Cutting Tools Association. "Wir als europäischer Dachverband kümmern uns erfolgreich darum, die Hersteller von Zerspanwerkzeugen und Spanntechnik international zu vernetzen und europäische bzw. globale Themen zu adressieren", erklärte Markus Horn. Im Rahmen der beiden Veranstaltungsformate World Cutting Tools Conference und ECTA Conference werden strategische Herausforderungen diskutiert und die globale Vernetzung und Zusammenarbeit in der Branche gestärkt.

Wichtigster Markt ist der europäische Binnenmarkt

Für die Zerspanwerkzeughersteller in Europa, so Markus Horn, sind das Kundenspektrum und das wirtschaftliche Umfeld insgesamt nicht grundlegend anders als für die deutschen Anbieter. Deshalb würde auch der Export der EU-28 Staaten eine ähnliche, leicht negative Entwicklung aufweisen. Auch für die europäischen Unternehmen konnten hierbei im amerikanischen Markt Zuwächse verzeichnet werden, während das Chinageschäft deutlich zurückging. "Aber zuerst zu unserem wichtigsten Markt - unser gemeinsamer europäischer Binnenmarkt. Schließlich werden zwei Drittel der grenzüberschreitenden Lieferungen an Zerspanwerkzeugen zwischen den Mitgliedsländern der Union ausgetauscht. Insgesamt verzeichneten wir hier einen leichten Rückgang." In das Vereinigte Königreich gingen von diesen Lieferungen nur 5 Prozent. Dem – nun vermutlich tatsächlich – bevorstehenden Brexit könnte man deshalb relativ gelassen gegenüberstehen, so Markus Horn. Andererseits seien die Auswirkungen für Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten auf der Insel deutlich größer. Diese betreffen auch den entsprechenden Austausch von Halbzeugen im europäischen Produktionsverbund. "Hier erwarten wir im Zuge der Ausgestaltung der zukünftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU entsprechende praktikable Lösungen, um die Wertschöpfung an den Standorten auf der Insel halten zu können."

Größter Markt - USA investiert in neue Werkzeuge

Der größte außereuropäische Markt ist nach Angaben von Markus Horn die USA. Etwa jedes zehnte europäische Zerspanwerkzeug geht in den amerikanischen Markt. Das Geschäft zeigte eine positive Tendenz und lag in den ersten neun Monaten mit 5 Prozent im Plus. In den USA blieb die Light-Vehicles-Produktion recht stabil und die Investitionen in neue Werkzeuge sorgten hier für Wachstum.

China, als zweitwichtigster Absatzmarkt außerhalb Europas, ist dagegen deutlich rückläufig und lag mit 16 Prozent im Minus. Sehr schwach entwickelte sich dort 2019 die Kundenbranche Automobilindustrie. Im Gesamtjahr dürfte die chinesische PKW-Produktion voraussichtlich auch zweistellig zurückgegangen sein. Neben der insbesondere durch den Handelskonflikt eingetrübten Verbraucherstimmung dämpfen dort auch rückläufige Subventionen den Absatz. Und das drückte entsprechend auf den Werkzeugbedarf. In anderen wichtigen Regionen, wie z.B. Indien, war die PKW-Produktion ebenfalls deutlich rückläufig und somit lag dann auch die weltweite Herstellung von PKWs insgesamt 2019 im Minus. Da die zweitwichtigste Kundenbranche Maschinenbau weltweit gesehen ebenso keine Wachstumsimpulse brachte, ging die Nachfrage nach Werkzeugen im vergangenen Jahr zurück. "Insgesamt gesehen, dürfte 2019 deshalb den europäischen Zerspanwerkzeug-Herstellern einen Rückgang im einstelligen Prozentbereich beschert haben. Mit der detaillierten Analyse des vergangenen Jahres werden sich die ECTA-Mitglieder Ende Juni auf der Konferenz in Bordeaux befassen. Ich freue mich schon viele meiner Kollegen dort begrüßen zu dürfen und mich mit ihnen über die Lage und Aussichten der Branche auszutauschen", betont Markus Horn.

Ärgerlicher Trend: wirtschafliche Sanktionen

Ein wachsendes Ärgernis für die Unternehmen ist nach Angaben von Markus Horn der weltweite Trend zu wirtschaftlichen Sanktionen. "Die Politik sollte endlich umdenken und politische Probleme nicht auf dem Rücken der Wirtschaft austragen. Denn die Auswirkungen von Sanktionen sind durch die psychologische Verunsicherung der Märkte noch weitaus schlimmer, als es die direkte Betroffenheit verschiedener Branchen vermuten lässt. Zum Schaden auch der eigenen Wirtschaft und der Arbeitsplätze innerhalb Europas und nicht zuletzt im eigenen Land", sagt Markus Horn. Zudem müssten europäische Unternehmen vor extra-territorialen Sanktionen dringend geschützt werden. Beispiele dafür gibt es laut Markus Horn viele.

Kobaltarme Materialien fördern

Ein weiteres Thema im Zusammenhang mit Kobalt ist die EU-Chemikalienverordnung REACH, berichtet Markus Horn, die in erster Linie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt dient. In der Zerspanung ist der Einsatz des auf Kobalt basierenden Hartmetalls nicht wegzudenken. Da dieses gesundheitsgefährdend ist, werden sowohl bei der Werkzeugherstellung als auch bei der industriellen Verwendung der Hartmetallwerkzeuge in der Maschine hohe Standards – typischerweise Einhausung, Absaugung, persönliche Schutzausrüstung, etc. – eingehalten und die Arbeitsplätze mit Biomonitoring und Luftexpositionsmessungen regelmäßig kontrolliert. Dadurch kann ein gesundheitsgefährdender Kontakt mit Kobaltstaub weitestgehend verhindert werden. "Im Zuge der ständigen Erweiterung von Stoffverboten und -beschränkungen im Rahmen von REACH weise ich auch mit Blick auf die Politik darauf hin, dass eine Substitution von Kobalt in weiten Teilen der Metallbearbeitung – z.B. bei Leichtbaumaterialien – nach dem aktuellen Stand der Technik nicht möglich ist und eine spürbare Verbesserung des Gesundheitsschutzes – zumindest im professionellen Umfeld – durch ein Verbot kaum erreicht werden kann." Vielmehr sollten nach Angaben von Markus Horn die EU und die Mitgliedstaaten die Forschung und Entwicklung von kobaltarmen Materialien fördern.

ISO 13399 für den Werkzeugdatenaustausch

"Schließen möchte ich mit einer positiven Nachricht und einem Appell an die Branche: Mit der ISO 13399 gibt es nun ein technisches Regelwerk auf internationaler Ebene, das alle Werkzeughersteller bei der Beschreibung ihrer Produkte nutzen können. Darin sehen wir einen enormen Fortschritt, der zu größerer Transparenz für die Kunden führt, die Qualität des Informationsaustauschs verbessert und Zeit bei der Werkzeugdatenverwaltung sparen hilft. Daher werbe ich an dieser Stelle dafür, Werkzeuge zukünftig anhand der standardisierten ISO 13399-Parameter zu definieren." ECTA und VDMA Präzisionswerkzeuge stehen für eine gemeinsame Gestaltung der Zukunft der Branche, betont Markus Horn.

Warum Präzisionswerkzeuge 2020 attraktiv sind und bleiben, erklärt übrigens der Fachverbands-Vorsitzende Andreas Zecha hier.

Warum Spannzeuge vom Brexit profitieren, erklärt der Vorsitzende Peter Tausend hier.

Foto: VDMA, Eurostat