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Präzisionswerkzeuge 12. April 2023

3D-Druck halbiert Bearbeitungszeit

Kennametal hat für Voith ein additives Werkzeug für Getriebegehäuse entwickelt, das die Bearbeitungszeit um 50% reduziert – und nur die Hälfte wiegt.

Aufbauend auf einem 3D-gedruckten Statorbohrungswerkzeug hat Kennametal für Voith eine Variante für Getriebegehäuse entwickelt. Damit wird aber nicht nur die Bearbeitungszeit um 50% reduziert. Auch das Gewicht wurde fast halbiert.
Aufbauend auf einem 3D-gedruckten Statorbohrungswerkzeug hat Kennametal für Voith eine Variante für Getriebegehäuse entwickelt. Damit wird aber nicht nur die Bearbeitungszeit um 50% reduziert. Auch das Gewicht wurde fast halbiert.

Die Herausforderung war, die Bearbeitung von multiplen Bohrungen mit großen Durchmessern und engen Toleranzen auf vorhandenen Bearbeitungszentren. Denn die Antriebstechnik-Spezialisten von Voith suchten nach einer innovativen Lösung, um Bearbeitungsprozesse für Getriebegehäuse weiter zu optimieren. Das Unternehmen benötigte ein mehrstufiges Werkzeug, das mehrere Bohrungen in einem Arbeitsgang bearbeiten kann, um die erforderlichen Toleranzen zu erreichen. Das Werkzeug musste auch zwei effektive Schneidkanten an den Hauptdurchmessern haben, um die angegebene Zykluszeit zu erreichen. Schließlich musste das Werkzeug weniger als 12 kg wiegen, um die Anforderungen an Werkzeugwechsel und Kippmoment an der Werkzeugkette zu erfüllen.

Herkömmliche Werkzeuge wiegen bis zu 25 kg

„Die Endbearbeitung eines großen Aluminiumgehäuses mit mehreren Bohrungen bis zu 350 mm und der Toleranzklasse IT7 ist eine anspruchsvolle Anwendung“, erklärt Werner Penkert, Manager Product Engineering. „Um diese großen Bohrungen mit so engen Toleranzen zu bearbeiten, benötigen wir sehr steife Werkzeuge, was typischerweise ein hohes Gewicht bedeutet. Bei der Herstellung mit herkömmlichen Methoden könnte eine typische Werkzeuglösung für diese Art von Anwendung bis zu 25 kg wiegen – damit aber zu schwer sein für die vorhandenen Maschinen oder für einen Bediener, der mit dem Werkzeug arbeitet.“

Fasziniert davon, wie Kennametal bis dato den 3D-Druck nutzte, um ein leichteres Statorbohrungswerkzeug für die Bearbeitung von Statorgehäusen für Elektrofahrzeuge herzustellen, wandte sich das Voith-Team an Kennametal, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.

Die Lösung aus der Expertise in generativem Design und 3D-Druck

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„Kennametals innovativer Ansatz beim 3D-Druck hat uns begeistert und inspiriert, diesen Weg gemeinsam zu gehen“, sagt Friedrich Oberländer, Director Production Technology bei Voith. Wie beim Statorbohrungswerkzeug nutzte Kennametal sein Know-how in der additiven Metallfertigung sowie das Konzept des generativen Designs, um die anspruchsvollen Anforderungen des Getriebewerkzeugs von Voith zu erfüllen. Bei der konventionellen subtraktiven Fertigung wird dabei das Gewicht reduziert, indem überschüssiges Material entfernt wird. Aber mit dem 3D-Druck können Hersteller mit nichts anfangen und Material nur dort platzieren, wo es benötigt wird, was zu leichteren, komplexeren Geometrien führt, die mit herkömmlichen Fertigungsprozessen nicht möglich sind.

Für Steifigkeit, Auswuchtung und KSS-Zufuhr optimiert

Um die Designfreiheit im additiven Bereich voll auszuschöpfen, verwendete Kennametal generatives Design – einen iterativen Prozess, der das Design von 3D-gedruckten Teilen optimiert, um anwendungsspezifischen Einschränkungen Rechnung zu tragen. Der generative Designprozess führt oft zu komplexen, organischen Formen, die an Strukturen aus der Natur erinnern.

Im Falle des Voith-Werkzeugs ging die generative Konstruktion direkt auf die Bearbeitungskräfte und das Werkzeug ein, so dass Kennametal eine Lösung entwickeln konnte, die für Stabilität, Steifigkeit, Auswuchtung/Ausbalanciertheit und Kühlmittelzufuhr optimiert war – mit einem Gewicht von nur 11,5 kg.

Kennametal setzte nicht nur sein Know-how in der additiven Fertigung ein, sondern auch seine Expertise im Fertigungsbereich, um das Werkzeug herzustellen. Die Werkzeugtaschen sind präzisionsgefertigt und für den Einsatz in Kombination mit der bewährten RIQ-Schneidkörpertechnologie von Kennametal konzipiert.

„Additiv ist ein Werkzeug in unserem Werkzeugkasten, aber wir haben auch unser tiefes Know-how in der Präzisionsbearbeitung eingesetzt, um eine neuartige Lösung zu entwickeln, die die Herausforderungen beim Bohren tiefer Löcher in Verbindung mit mehreren großen Durchmessern effizient angeht“, berichtet Werner Penkert. Das Design des 3D-gedruckten Getriebegehäuses von Kennametal ahmt die organischen Formen der Natur nach und bietet seinem Kunden Voith ein geringeres Gewicht und eine Reduzierung der Bearbeitungszeit um 50%.  

Das Ergebnis: 50% kürzere Bearbeitungszeit

In enger Zusammenarbeit mit Voith fertigte Kennametal ein Prototypwerkzeug und testete es in seinem Demonstrationszentrum in Fürth, Deutschland, welches Teil eines globalen Netzwerks von Test- und Demonstrationszentren ist, in denen das Unternehmen mit Kunden zusammenarbeitet, um Bearbeitungslösungen zu entwerfen, zu iterieren und zu validieren.

Diese spezifische Lösung war eine besondere Herausforderung, um sowohl die Anforderungen an die Fertigung als auch an die Teilequalität zu erfüllen. Konstruktionssimulation, additive Fertigung und praktische Tests im Demonstrationszentrum ermöglichten es dem Team, die Bearbeitungsergebnisse zu validieren. Voith führte dann erste Tests vor Ort durch, gefolgt von längerfristigen Tests in der Serienproduktion. Weitere Kundenwünsche wurden umgesetzt  und  das Werkzeug gemeinsam perfektioniert und finalisiert.

„Das Kennametal-Werkzeug lieferte vom ersten Einsatz an hervorragende Qualität und Leistung und erzielte eine Reduzierung der Bearbeitungszeit um 50 % bei gleichzeitiger Erfüllung der Anforderungen an Genauigkeit und Oberflächengüte. Darüber hinaus begrenzt das reduzierte Gewicht die Belastung von Magazin, Werkzeugwechsler und Spindel – was die Wartungskosten effektiv senkt“, so Friedrich Oberländer. "Unsere Zusammenarbeit mit Kennametal zeigt deutlich das enorme Innovationspotenzial der additiven Fertigung in einer solchen kooperativen Partnerschaft." Weitere Infos zu dem Werkzeug hält Kennametal auf der Website bereit.

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