Foto: Harald Klieber

Präzisionswerkzeuge

So geht Hochglanz mit wenig Drehzahl

Während der Hausmesse hatte es Hermle gezeigt: Hermle, Zecha und Vero frästen eine glänzende Space-Mouse mit unter 18.000 min-1. Die Projektpartner erklären die Details.

Die Hauptaufgabe für den Werkzeughersteller Zecha lag bei der Werkzeugauslegung und der anwendungstechnischen Unterstützung zur Abstimmung der Strategie, den Zustellungen und der Schnittparameter. „Schritt für Schritt eingefahren haben wir das Bauteil gemeinsam mit Vero in der Hermle-Niederlassung in Kassel-Lohfelden“, erinnert sich Zecha-Anwendungstechniker Andreas Weck. Allerdings hatte die Maschine, die Hermle auch mit 25.000er und 42.000er Spindel anbietet, im Vorführzentrum Kassel-Lohfelden für das Bearbeiten des Werkstoffs AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083) gerade für kleinere Werkzeugdurchmesser nicht genügend hohe Drehzahl zur Verfügung. „Unsere Stärke sind eben Werkzeuge mit Durchmessern um 3 und maximal 6 mm. Ideal zum Bearbeiten von Aluminium wären dafür weit höhere Drehzahlen gewesen. Spannend war deshalb auch, mit der verfügbaren Drehzahl von 18.000 Umdrehungen top Oberflächen hinzukriegen“, berichtet Andreas Weck. Klar war, dass durch die Anpassung der Vorschübe natürlich längere Laufzeiten einzukalkulieren waren.

Space-Mouse in gut 11 h gefräst − extreme Standzeiten

Zum Fräsen der Space-Mouse wurden acht Werkzeuge, ausschließlich von Zecha, eingesetzt. „Wir hatten das Programm und die Aufspannung soweit optimiert, dass die Maschine die Space-Mouse in gut 11 Stunden und 11 Minuten aus dem Vollen gefräst hat. Highlight war der Einsatz unseres 3-mm-Kugelfräsers (Zecha 902.B2.300.150.090-Z2), der in 7 h komplett alle Tasten und die großen Flächen finishte“, unterstreicht Andreas Weck. Der diamantbeschichtete Kugelfräser lief dabei ausschließlich mit 17.500 min-1 und einer Schnittgeschwindigkeit von 165 m/min (vc), was ein fz von 0,06 oder 0,03 mm ergab. Der Vorschub lag demnach bei 1.000 oder 700 mm/min (vf), die Zustellung bei konstant 0,06 mm (ae und ap).

Mit Spreitzer-Schraubstock gespannt - Schrumpffutter von Garant, Pokolm und Franken-Powergrip

Für Hermle stand im Vordergrund, die C 32 U mit Heidenhain TNC 640, HSK-A63, 173 Nm, 60 m/min und maximal 1.000 kg Tischzuladung durch die Verwendung der Setups dem Fertigungsprozess in Dynamik und Oberflächengüte entsprechend den Anforderungen anzupassen, berichtet Hermann Ritter, Leiter der Hermle-Anwendungstechnik. Gespannt wurde der Block mit 210 x 150 x 60 mm auf dem Schraubstock MZE 280-100 von Spreitzer. So konnten sehr homogene und gleichmäßige spiegelnde Oberflächen erzeugt werden. Maßgeblich war das gleichmäßige Aufmaß, das fünf Zecha-Werkzeuge zum Schruppen und Vorschlichten hinterließen: Werkzeug 1 war ein 16-mm-Torusfräser (ALSR090 160010-Z3) im Franken-Powergrip, der in fast 9 min mit 9.947 min-1 und fz 0,3 mm die Waveform der Space-Mouse schruppte. Gefolgt von vier 8-, 4-, 3- und 2-mm-Kugelfräsern wie dem Zecha 455.B3.0800.120-Z3 im Garant-Schrumpffutter, im Franken-PowerGrip oder Pokolm-Schrumpffutter. Den 3-mm-Iguana-Kugelfräser ließ Zecha in einem 4-mm-ThermoGrip-Schrumpffutter von Bilz laufen.

Schnittigkeit, Schärfe und Präzision der Werkzeuge waren erforderlich

Das Augenmerk von Zecha war indes auf die diamantbeschichteten Iguana-Werkzeuge gerichtet sowie auf die Miniaturfräser, welche die kleinen, feinen Konturen an den Tasten und Beschriftungen mit den Logos gefräst haben. „Schnittigkeit, Schärfe und Präzision der Werkzeuge waren erforderlich, um in einem derart weichen Werkstoff mit relativ geringer Drehzahl solche Ergebnisse zu erzielen“, betont Andreas Weck. Trotzdem sei der Fräser nach der hohen Einsatzzeit von rund 7 h noch vollkommen neuwertig sowie maß- und formhaltig bis in den µm-Bereich gewesen, versichert Andreas Weck. „Wir haben übrigens schon Rückmeldungen bekommen, die uns vom Vielfachen der 7 Stunden berichtet haben“, deutet der Anwendungstechniker die maximale Standzeit des diamantbeschichteten Fräsers an. Die Iguana-Werkzeuge sieht Zecha vorwiegend im Finish und Superfinish im idealen Einsatzbereich und bietet hier bei „sach- und fachgerechter Handhabung“ eben sehr gute Ergebnisse und Laufzeiten.

Wichtig: Maschine muss dynamisch und gleichmäßig fräsen

Die Drehzahl, so Andreas Weck, spielt dabei natürlich eine entscheidende Rolle, weil sich daraus mit der Fahrbewegung der Maschine resultierende Vorschübe ergeben und sich bauteilbedingt durch die Länge der Kontur die Bearbeitungszeiten verlängern oder verkürzen. „In Miniaturbereichen, wo die Maschine aufgrund des Konturverlaufs des Bauteils nicht besonders hoch beschleunigen kann, reicht auch eine geringere Drehzahl – etwa um die Tasten und Logos der Space-Mouse zu fräsen, weil sie in Ecken oder Kurven abbremsen muss.“ Wichtig ist, so Andreas Weck, dass die Maschine möglichst dynamisch und gleichmäßig die Fräsapplikation durchführt. „Ich denke, in den großen Bereichen der Space-Mouse, wie der Freiformfläche vor dem Joystick-Knauf, hätte eine Drehzahl um 35.000 bis 40.000 Umdrehungen für eine Halbierung der Laufzeit in diesem Bereich geholfen.“ In kleineren Bereichen wären allerdings durch höhere Drehzahlen kaum Zeitvorteile möglich gewesen.

Kleinere Zeilensprünge, feinere Oberfläche – aber längere Laufzeit

„Grundsätzlich sind wir mit 17.500 Umdrehungen deutlich unter der möglichen Maximaldrehzahl geblieben, weil die Maschinen so deutlich harmonischer und ruhiger laufen, was wiederum ein wichtiges Kriterium für die erzielbare Oberflächenqualität ist.“ Prinzipiell sind aber nach Erfahrung von Andreas Weck mit den Iguana-Fräsern Vorschübe von 5.000 bis 6.000 mm/min möglich, was die Laufzeiten entsprechend senken würde – ganz nach der Formel: doppelter Vorschub bedeutet halbe Laufzeit. Demgegenüber müsste aber beachtet werden, dass bei kleinerer Zustellung, also halbem Zeilensprung (ae), mit doppelter Laufzeit zu rechnen ist. „Allerdings erreichen Sie mit kleineren Zeilensprüngen natürlich feinere Oberflächen“, gibt Andreas Weck zu bedenken. „Die Zeilensprünge wählt man stets im Zusammenhang mit der geforderten Rauhtiefe an der Oberfläche des Bauteils. Hier gilt die Formel: nur so fein wie nötig, sonst droht ewig lange Laufzeit. Bei unserer Space-Mouse war eine gute Schlichtoberfläche der Maßstab. Für Superfinish in Polierqualität hatten wir noch etwas feiner fahren müssen“, was werkzeugseitig problemlos machbar gewesen wäre, nur die Laufzeit wäre dann natürlich deutlich gestiegen.

Schärfe und Schnittigkeit sind oberster Trumpf

Das Geheimnis für sehr gute Oberflächen liegt nach Erfahrung von Andreas Weck bei der Abstimmung der Parameter ap, ae, fz und dem Schlichtaufmaß sowie bei der Werkzeuggeometrie in Bezug auf die Materialeigenschaften des zu zerspanenden Werkstoffes. „In einem weichen, zähen und sehr duktilen Werkstoff wie dem verwendeten AlMg4,5Mn0,7 ist natürlich die Schärfe und Schnittigkeit des Iguana-Werkzeuges der oberste Trumpf.“ Herausforderung sei dabei, den weichen Span möglichst ohne Anhaftung oder Aufkleben mit dem Werkzeug herauszuschneiden und möglichst glatte und saubere Oberflächen auf den Frässtrecken zu erzeugen. Durch die extrem hohe Härte der Diamantbeschichtung von rund 10.000 HV in Kombination mit der scharfen und exakt homogen gelasterten Schneidkante gelingt nicht nur die gute Oberflächenqualität, versichert Andreas Weck. Durch die fast 5-fache Härte des Diamant gegenüber üblichen VHM-Werkzeugen ohne Beschichtung mit nur rund 2.000 HV lassen sich auch eine sehr lange Standfestigkeit der Werkzeugschneide und somit hohe Prozesssicherheit, Reproduzierbarkeit und Maßhaltigkeit erreichen.

Drei Space-Mäuse − keine sichtbaren Spuren

„In Summe bringt die Diamantschicht also beides: Qualität und Standzeit“, versichert Andreas Weck. Das Standzeitplus gegenüber herkömmlichen Fräsern variiert abhängig vom Bauteilwerkstoff und der Bearbeitungsart sowie Maschinendynamik und Präzision, liegt aber oft im zweistelligen Faktorbereich! In Kassel wurden insgesamt drei Space-Mäuse gefräst, die an den Iguana-Fräsern keine sichtbaren Spuren hinterließen. „Unsere Fräser waren noch tipptopp in Ordnung. Die Hausmesse in Gosheim wird zeigen, wie lange die Fräser durchhalten. Wenn alles passt und gleichmäßige Aufmaße erzeugt werden, sollten wir bis zu 10 Space-Mäuse oder sogar mehr schaffen“, kalkuliert Andreas Weck.

Foto: Harald Klieber
Foto: Harald Klieber
Foto: Harald Klieber
Foto: Hermle
Foto: Zecha
Foto: Zecha