Foto: Fanuc

Thema der Woche 11/2021

Maßgeschneiderte Pick-up-Drehmaschine

Schuster ergänzt sein Portfolio um eine maßgeschneiderte, modular aufgebaute Pick-up-Drehmaschine. Ausgerüstet ist sie mit der Fanuc-0i-TF-Plus-Steuerung.

Die vertikale Pick-up-Drehmaschine NXT können sich die Kunden von Schuster maßgeschneidert arrangieren lassen. Damit erweitert das Unternehmen sein Portfolio über das Systemgeschäft hinaus. Rund 25 Mio. EUR Umsatz haben die 100 Mitarbeiter der Schuster Maschinenbau GmbH, Denklingen, im vergangenen Geschäftsjahr erzielt. Zirka 90 % davon wurden mit Turnkey-Anlagen mit dem Schwerpunkt Drehen erwirtschaftet. Automatisierung und Montage, früher ein eigenes Geschäftsfeld, sind heute integraler Bestandteil der Anlagen, die zum großen Teil in die Automobilindustrie und an Zulieferbetriebe gehen. Längst ist Schuster auch mit Projekten rund um die Elektromobilität beschäftigt. Mit dem sogenannten Mittendrehaggregat zur Komplettbearbeitung von Motorwellen hat man sich nach eigenen Angaben sogar ein gewisses Alleinstellungsmerkmal geschaffen.

Standardmaschine als maßgeschneiderte Lösung

Um sich unabhängiger von den Schwankungen der bisherigen Zielmärkte zu machen, fiel im Unternehmen die Entscheidung, neben den kundenspezifischen Lösungen mit einer standardisierten Maschinenbaureihe ein zusätzliches Standbein zu schaffen. Die neu entwickelte Maschine NXT soll als Baureihe modularer Pick-up-Drehmaschinen das Portfolio nun erweitern. Vertriebsleiter Matthis Rühle skizziert die Entwicklungsrichtung: „Wir stehen zum Turnkey-Geschäft, aber wir übernehmen in die NXT-Maschine unsere Erfahrungen mit qualitativ hochwertigen Bearbeitungslösungen.“ Also: Systemgeschäft plus Standard. „Wir sehen mit der NXT die Möglichkeit, vor- und nachgelagerte Arbeiten bei Turnkey-Lösungen mit einer Standardmaschine auf hohem Qualitätsniveau zu erledigen und damit neue Kunden und neue Geschäftsfelder zu generieren.“

Schuster definiert die neue Maschine als „Einstieg in die Zukunftsklasse“. Deshalb kam vieles bei deren Entwicklung auf den Prüfstand, wie auch die Zusammenarbeit mit Fanuc als weltweitem, zuverlässigem Lieferanten für CNC und Robotertechnologie. Das Ergebnis des intensiven Entwicklungsprozesses ist die NXT, eine Maschine zur flexiblen Bearbeitung von Werkstücken bis 200 mm Durchmesser für eine Teilelänge von 200 mm. Dabei ist Flexibilität ein ganz entscheidendes Konstruktionskriterium, wie Rühle erläutert: „Jeder Betreiber hat unterschiedliche Rahmenbedingungen in seiner Fertigung. Diese Erkenntnis ist ja auch nicht neu. Wir reagieren aber nun in der Form, dass wir alle Baugruppen wie die Werkstückversorgung oder den Späneförderer so ausgelegt haben, dass wir ganz viele Kombinationen bauen können. Mit unserem Standard bieten wir quasi eine maßgeschneiderte Lösung.“

Pick-up-Drehmaschine hat Automation schon integriert

Als vertikale Pick-up-Drehmaschine bringt die NXT schon einmal bauartbedingte Vorteile mit. Die vertikale Arbeitsachse lässt eine sehr kompakte Bauweise zu, mit dem Ergebnis, dass die Maschine nur 8 m² Aufstellfläche hat. Zweitens übernimmt die Arbeitsspindel nicht nur das Bearbeiten mit drehen, bohren, fräsen, sondern auch die Automation beim Be- und Entladen des Drehfutters. Damit fallen unterschiedliche Bearbeitungsschritte in einem Prozess zusammen. Wie alle Schuster-Maschinen hat auch die neue NXT ein Maschinenbett aus Mineralit, ein Material, das für Stabilität, Robustheit und Langlebigkeit steht.

In der Standardausführung der NXT lassen sich 28 Werkstücke vorladen, was je nach Bearbeitungszeit eine gewisse autarke Maschinenlaufzeit ergibt – Zeit, die ein Werker anderweitig nutzen kann, beispielsweise zum Beschicken einer zweiten oder dritten Maschine. Rühle: „Unter diesem Aspekt sind sehr günstige Stundensätze zu erzielen.“ Im Grunde komme es darauf an, Prozesse möglichst effizient zusammenzuführen und gleichzeitig qualitativ bessere Ergebnisse zu erzielen.

Steuerung und Servoantriebstechnik aus einer Hand

Die Fanuc-CNC einzusetzen, war bei den Schuster-Entwicklern schon länger im Gespräch, um von den weltweit anerkannten drehspezifischen CNC-Erfahrungen des japanischen Unternehmens zu profitieren. Dazu sagt Christian Herzog, Leiter der Softwareentwicklung: „Die neue Fanuc 0i-TF Plus – das „T“ steht für turning/drehen – ist eine Steuerung mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis.“ Rühle ergänzt aus Vertriebssicht: „In dem Markt, den wir mit dieser Maschine anpeilen, passt die Steuerung perfekt.“ Nicht zuletzt weil Schuster zwischen 15 und 20 % Export in die USA erzielt, war die Wahl einer weltweit verfügbaren Steuerung inklusive der gesamten Servoantriebstechnik aus einer Hand eine erste Wahl. „In vielen Regionen der Welt tut man sich mit Fanuc einfach leichter“, so der Vertriebsleiter. Ähnlich sehe es in den Wachstumsregionen Südeuropas aus.

Hohe Bedienerfreundlichkeit

Gut zu den Grundsätzen von Schuster, möglichst langlebig zu bauen, passt die von Fanuc verfolgte Strategie „Service First“. Rühle: „Für Fanuc spricht nicht zuletzt das Ersatzteilmanagement und die weltweit kurzfristige Teileverfügbarkeit. In der Kombination Leistung, Technologie, Service war die CNC 0i-TF Plus in Verbindung mit dem iHMI-Bedienkonzept erste Wahl, zumal das Basispaket der 0i-Steuerung bereits alle wichtigen Drehfunktionen enthält.“

Herzog bekennt ganz offen: „Ich persönlich finde das look and feel der Bedienoberfläche sehr ansprechend. Da hat sich Fanuc einiges einfallen lassen.“ Neue Programme werden entweder direkt über das iHMI, per USB-Stick oder über ein Netzwerk in die CNC geladen. Zum Erstellen der Programme nutzt man bei Schuster das Fanuc-Programm CNC Guide. Zur Rolle des Interfaces sagt Christiane Appelbaum, Key Account Managerin CNC bei Fanuc: „Das Fanuc iHMI wurde entwickelt, um eine hohe Bedienerfreundlichkeit der Maschine sicherzustellen. Intuitive Menüs, modernes Design und animierte Funktionen erleichtern die komplexe Maschinenbedienung. Anspruchsvolle Programme und verschiedenste Funktionalitäten können unkompliziert angewendet werden.“

Ideale Drehmaschine für mittlere Losgrößen

Zentrales Element der Maschine ist eine A6-Spindel mit 5.200 min-1, wobei die Spindel ein Drehmoment bis 256 Nm bewältigt. Sie kombiniert in der vertikalen Pick-up-Drehmaschine die Bearbeitungsfunktionen mit der Automation. Limitierende Elemente sind eigentlich die Spannmittel und die Kombination Werkstoff/Schneidmittel, wofür mit Werkzeughersteller Ceratizit ein eigenes Werkzeugkonzept entwickelt wurde. Integriert ist zudem ein Messsystem von Renishaw mit einer Auflösung von 1 µm.

„Ideal ist die Maschine für mittlere Losgrößen“, definiert Rühle den Einsatzbereich – wohlwissend, dass mittlere Losgrößen von Betreiber zu Betreiber durchaus unterschiedlich sind. Einfluss haben dann immer auch die Bearbeitungszeiten und ob der Fertigungsprozess bislang schon automatisiert ist oder eine Beladung der Maschine manuell erfolgt.

In der NXT stehen insgesamt zwölf Werkzeugplätze zur Verfügung, wobei wahlweise angetriebene und nicht angetriebene Werkzeuge eingesetzt werden können. Dafür gibt es die beiden Schnittstellen VDI40 und BMT55. Ganz im Sinn der modularen Standards gibt es auch zwei Varianten für die Werkstückzuführung, ein Schlepprahmenband oder ein NC-getaktetes Band mit Werkstückträgern. Vertriebsleiter Rühle: „Welche Variante gewählt wird, hängt eher von den Vorlieben eines Betreibers als von technischen Gründen ab. Da kann man nicht pauschal sagen, welches die bessere Lösung ist.“

Vorhandene Programme können weiterverwendet werden

Die Werkstückprogrammierung der 0i-TF-Plus-Serie ist vollständig kompatibel mit älteren Fanuc-CNC-Systemen der Serien 0 und 0i, erweitert durch leistungsfähige Funktionen und Zyklen. Der Vorteil: vorhandene Programme können direkt weiterverwendet werden. Dadurch werden bei der Entwicklung neuer Programme die Redundanz und somit weitere Kosten vermieden. Was die Gestaltung der Bedienoberfläche betrifft, wollte man bei Schuster ebenfalls eine Standardlösung, aber mit kundenspezifischen Merkmalen. „Fanuc Picture“, eine Software zur individuellen Gestaltung der Oberfläche, lässt freie Hand, auch Grafiken und Bilder in die Bedienfunktionen einzubinden. Das kann bei der Fehlerbehebung nützlich sein. Im Fall einer Störung, beispielsweise am Späneförderer, wird die entsprechende Komponente oder Baugruppe grafisch auf der Bedienoberfläche angezeigt. So muss der Bediener nicht nach der richtigen Programmzeile suchen, sondern tippt einfach auf die abgebildete Grafik und wird dann im Menü weitergeleitet.

„Das ist unsere erste Maschine, die sich anfühlt wie maßgeschneidert, aber trotzdem Standard ist“, urteilt Rühle. „Hinsichtlich Steuerung und Bedienoberfläche ist noch viel möglich, was wir noch gar nicht ausgereizt haben.“ Was die Zusammenarbeit während der Entwicklung und insbesondere bei der Inbetriebnahme betrifft, finden beide Seiten, Schuster und Fanuc, nur lobende Worte füreinander. Rühle: „Auf allen Ebenen gab es eine sehr offene und konstruktive Zusammenarbeit.“ Auf einer Hausaustellung – als Ersatz für die AMB – fand die Premiere der NXT vor Publikum statt. Dem Interesse nach könnte das optimistische Ziel, 2021 die ersten 20 Maschinen zu verkaufen, durchaus erreicht werden.

rk

Foto: Fanuc Die vertikale Pick-up-Drehmaschine NXT von Schuster ist modular aufgebaut und lässt sich so maßgeschneidert anpassen. 
Foto: Fanuc Mit der CNC 0i-TF finden sich nicht nur erfahrene Bediener zurecht. Die Bedienoberfläche lässt sich dank „Fanuc Picture“ individuell gestalten.
Foto: Fanuc Gegenseitiges Lob für die Zusammenarbeit (v.li.): Christian Herzog, Leiter der Softwareentwicklung bei Schuster, Vertriebsleiter Matthis Rühle, die beiden Geschäftsführer Christian Steidle und Jürgen Drommer sowie Christiane Appelbaum, Key Account Managerin CNC bei Fanuc.