Foto: Ceratizit

Zerspanungswerkzeuge

Zerspanung: „Wir wollen weiter Marktanteile gewinnen“

Mit Cutting Solutions by Ceratizit, Komet, WNT und Klenk hat Ceratizit vier Player in der Zerspanung vereint und will nun starker Komplettanbieter sein.

Mittelfristig will Ceratizit Rang zwei der Werkzeughersteller für die Zerspanung in Deutschland festigen und unter die Top 3 weltweit vordringen. Thierry Wolter ist als Vorstand für den Bereich Zerspanung verantwortlich. Er stand NCFertigung Rede und Antwort.

Hallo Herr Wolter, die EMO war nach der AMB 2018 nun schon die zweite große Messe in Deutschland, in der Sie mit Ceratizit als Team Cutting Tools auftreten. Wie ist das Feedback Ihrer Kunden?

Ich glaube wir haben sehr wenige oder eigentlich keine negativen Rückmeldungen. Das ist für uns schon mal etwas Positives. Das ist eigentlich auch das Ziel, wenn man eine neue Strategie einführt und andere Unternehmen übernimmt: die bestehenden Kunden bei Laune halten. Wir haben jetzt auch mehr die Möglichkeit Synergien zu nutzen. Beispielsweise können wir an traditionelle Komet-Kunden nun auch Ceratizit-Produkte vertreiben und umgekehrt. Wir wissen aber, dass diese Synergien peu a peu kommen und nicht von heute auf morgen. Aber unser Gesamtziel ist natürlich, dass alle Kunden von dieser neuen Struktur profitieren. Wir haben mit der Markenstrategie auch versucht, dass jede Marke für sich profitiert. Wir legen Wert darauf, auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten.

Was ist bei der Integration der Unternehmen die größte Herausforderung?

Intern ist das Thema Kultur sehr wichtig, denn jedes Unternehmen pflegt gewissermaßen seine eigene Kultur. Nehmen Sie Komet, das einer Stiftung gehört hat oder Ceratizit als privat geführtes Unternehmen; WNT gehört zwar schon mehr als 30 Jahre zu uns, hat in der Vergangenheit aber sehr eigenständig gearbeitet. All diese Bausteine bringen Eigenheiten mit. Wir haben das bewusst thematisiert und mit den Mitarbeitern besprochen. Wir wollen nicht eins ins andere integrieren, sondern etwas Neues schaffen. Komet hat mich selbst positiv überrascht, da sind wirklich viele richtig gute Leute am Werk, die die Technik und ihre Produkte lieben.

Was noch?

Das zweite Problem ist das Thema Informatikintegration. Wenn man unterschiedliche ERP-Systeme verbinden muss, sind das schon größere Projekte, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich bin aber froh, dass wir bis zum Jahresende damit durch sein werden.

Bei der Übernahme haben Sie sich zu Komet als zentralem Standbein bekannt. Weichen Sie Ihr Bekenntnis durch die jetzt erfolgte „Überdachung“ etwas auf?

Ich würde es nicht ganz so pessimistisch sehen. Die Produktmarke Komet steht wieder für das, was sie groß gemacht hat, also die Bearbeitung rund um die Bohrung. Auch wenn Komet sein Produktspektrum in den letzten Jahren etwas diversifiziert hatte. Unser Ziel ist, dass jede Produktmarke die Dachmarke Ceratizit stärkt und in diesem Sinne ist Komet genau wie die anderen Marken eine wichtige Stütze.

Das bedeutet alle vier Marken werden dauerhaft erhalten bleiben?

Wir haben momentan keine anderen Pläne. Was in zehn Jahren ist, kann ich nicht sagen. Aber in der aktuellen Situation haben wir es ganz bewusst so gewählt. Jede Produktmarke soll aber im Umkehrschluss natürlich auch die Bekanntheit der Dachmarke fördern und diese stützen.

Auf Ihrer Website steht: Wir fertigen den Rohling, Sie finalisieren. Für dieses Aufgabenspektrum ist Ceratizit ja schon seit längerem bekannt. Ist es da hilfreich, dass Sie nun selbst zu den größten Werkzeugfabrikanten gehören? Anders gefragt: Gibt es von Ihren Werkzeughersteller-Kunden Vorbehalte?

Ich bin jetzt 25 Jahre dabei. Da hat sich meine Meinung über die Jahre geändert. Früher wollte man seinen eigenen Kunden keinen Wettbewerb machen. Heute macht jeder jedem Wettbewerb. Jeder ist hier oder da Lieferant, Wettbewerber oder Kunde. Die Welt hat sich da fundamental geändert.

Haben Sie da im Unternehmen keinen Interessenskonflikt?

Wir haben dafür unterschiedliche Business Units und jede Business Unit hat das Ziel ihrem Kunden das bestmögliche Produkt zu liefern. Ganz unabhängig davon ob die Kunden-Produkte nachher vielleicht im Wettbewerb zu eigenen stehen. Das kann schon passieren. Wir geben dem Kunden aber nach wie vor das beste Ausgangsmaterial, damit er gewinnen kann. Natürlich gibt es Erklärungsbedarf, vereinzelt gibt es auch mal eine kritische Nachfrage, aber wir haben auf der anderen Seite auch oft positives Feedback bekommen, weil wir nun selbst mehr Erfahrung an der Schneide haben und die Anwendungen selbst besser verstehen.

Sie haben sich kürzlich auch am Unternehmen Stadler beteiligt, das sich mit Rohstoffrecycling befasst. Befürchten Sie Knappheit bei wichtigen Rohstoffen?

Nein, aber ich sehe viele Fragezeichen. Da ist beispielsweise das Thema Elektromobilität und der Rohstoff Cobalt. Wie schnell geht es da voran? Wie schnell entwickelt sich die Batterietechnologie weiter? Wie entwickeln sich die Projekte zur Exploration neuer Cobalt-Vorkommen? Wie steht es um die Abhängigkeit von gewissen Minen und Ländern? Da wollten wir einfach auf der sicheren Seite sein und können nun einen großen Teil unseres Cobalt-Bedarfs über das Projekt mit Stadler abdecken.

Das ist aus meiner Sicht einfach ein strategisches Projekt, selbst wenn keine gravierende Knappheit eintreten sollte. Ceratizit ist ausgedrückt in Tonnage heute auch einer der Top-Drei-Wolframkonsumenten weltweit. Da machen die Wendeschneidplatten einen geringeren Anteil aus, als die Verschleißteile, für die wir ja auch die Basis liefern.

Welchen Anteil nimmt denn recyceltes Material bei der Produktion von Zerspanungswerkzeugen ein?

Je nach Land, in dem wir produzieren sprechen wir da immerhin von Anteilen zwischen 30 und 50 %.

Das ist ja definitiv ein relevanter Anteil …

Ja, das ist schon eine Hausnummer und das ist natürlich auch ein Umweltthema. Das spielt bei solchen Entscheidungen eine klare Rolle.

Sind Sie im Bereich Rohstoffe abhängig von China, das der größte Förderer von z.B. Wolfram ist?

Wir versuchen da schon eine China-unabhängige Strategie zu fahren. Wir arbeiten in der Plansee-Gruppe mit der Gesellschaft GTP zusammen, die sich um unsere Versorgung mit Wolfram aus westlichen Minen kümmert. Wir sind somit eigentlich China-unabhängig und kaufen dort nur selten aus strategischen Gründen. Wir beobachten den Markt sehr genau und haben sozusagen mehrere Eisen im Feuer. Das Rohstoffthema ist natürlich sehr wichtig.

Wie stellen Sie sich die Entwicklung von Ceratizit in den nächsten drei bis fünf Jahren vor?

Wir haben natürlich ambitionierte Pläne, aber um das gleich zu relativieren: Die hatten wir auch 2007 und dann kam die Krise. Ich kann also aus Erfahrung bereits sagen, dass Planungen immer so ihre Tücke haben. Nichts desto trotz, wir wollen weiter Marktanteile gewinnen. Wir wollen weltweit unter die Top-Drei der Zerspanung kommen. Das heißt nur, wenn wir weiter internationalisieren. Wir müssen unbedingt auf dem amerikanischen Kontinent eine kritische Masse erreichen und auch in China und Asien zulegen. Unser Gesamtziel können wir also nur realisieren, wenn wir in diesen beiden Kontinenten deutlich zulegen.