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Foto: Rüdiger Kroh
Der Roboter entnimmt das fertige Teil und kann dank Doppelgreifer das Rohteil direkt in das Spannfutter einsetzen. 

Thema der Woche 26/2021

Den Durchsatz bei kleinen Serien erhöht

Die Motorgerätefabrik Köppl suchte eine flexible Automation für kleine Serien. Mit dem Robojob-Handlingsystem konnte der Durchsatz um 20 % erhöht werden.

Das Ziel war eine flexible Automation für kleine Serien, die den Durchsatz erhöht. Und diese Vorgabe wurde erreicht. Doch dazu später mehr. Die Motorgerätefabrik Köppl fertigt die Komponenten für seine Maschinen und Anbaugeräte für die Land- und Forstwirtschaft sowie den Garten- und Landschaftsbau nicht gerade in hohen Stückzahlen. Die Losgrößen bewegen sich in der Regel zwischen 20 und 500 Teile. Dennoch sollte bei einem neuen Drehzentrum auch in eine Automatisierung investiert werden. „Unser Gedanke war es, dass wir die Maschine länger mannlos laufen lassen können“, erklärt Günter Wolf, Betriebsleiter bei der Köppl GmbH. Der Systemintegrator Robojob wiederum ist nicht bei Großserienfertigern zuhause, wo es in erster Linie um Taktzeit geht. „Wir sind mehr auf kleine und mittelständische Unternehmen mit geringen Losgrößen spezialisiert, die Wert auf Flexibilität legen“, sagt Jürgen Treczka, Vertriebsleiter Deutschland Ost bei der Robojob GmbH. Und so hat zusammengefunden, was zusammenpasst.

Flexible Automatisierung für kleine Serien 

Seinen Anfang nahm die Zusammenarbeit auf der AMB 2016 in Stuttgart. Dort begann für das Unternehmen aus dem niederbayerischen Saldenburg die Suche nach einem passenden Handlingsystem, denn bis dahin hatte man die Drehmaschinen ausschließlich mit Stangenladern automatisiert. „Doch die Anzahl der Kleinserien bei Futterteilen ist immer mehr geworden und diese wollten wir bedienerarm fertigen“, begründet Wolf. Dabei geht es um Teile mit Durchmessern von 80 bis 160 mm, die nicht von der Stange, sondern als Sägezuschnitte bereitgestellt werden. Die Anforderungen nennt der Betriebsleiter: „Wir wollten eine bedienerfreundliche Automatisierungslösung, die sich für unsere Kleinserien schnell umrüsten lässt. Dabei kommt es uns nicht auf die Sekunde beim Werkstückwechsel an, sondern darauf, dass wir unser ganzes Teilespektrum flexibel abdecken können. Zudem sollte die Beladung von einem Stapel erfolgen und nicht aus Kassetten heraus. Ein weiteres Kriterium war der Platzbedarf. Letztlich hatten wir das Ziel, dem Mann an der Maschine mehr Zeit zu geben, um Werkzeuge für den nächsten Auftrag vorbereiten oder Bauteile zu vermessen, anstatt Werkstücke einzulegen.“

Für Bauteile bis 270 mm Durchmesser

Das ausgereifte Konzept von Robojob und der solide Maschinenbau haben die Verantwortlichen bei Köppl dann überzeugt. Die Wahl fiel auf den Turn-Assist 270s, eine Komplettlösung für das Be- und Entladen von CNC-Drehmaschinen mit Werkstücken bis zu einem Durchmesser von 270 mm. „Dieses standardisierte Handlingsystem gibt es seit 2010 und es wurde ständig weiterentwickelt“, berichtet Treczka. Der Turn Assist ist in integrierter und separater Ausführung erhältlich. Bei den integrierten Modellen ist die komplette Automatisierung auf einem festen Rahmen aufgebaut. Die Zu- und Abführung der Werkstücke, der Roboter, der Controller, die Bedienkonsole und die Sicherheitselemente sind auf einem stabilen Untergestell montiert. Bei den separaten Modellen werden die genannten Hauptelemente alle getrennt voneinander aufgebaut. „Schon ab fünf Teilen ist ein automatischer Betrieb möglich, es können aber auch 100 Teile sein oder mehr“, erläutert der Vertriebsleiter.

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Foto: Rüdiger Kroh
Mit dem Turn-Assist 270s von Robojob wird die Traub-Drehmaschine automatisch beladen. So konnte der Durchsatz bei kleinen Serien erhöht werden. 

Beim Roboter hat das belgische Unternehmen eine Partnerschaft mit Fanuc. Aufgrund des Teilespektrums mit Rohteilgewichten bis 16 kg und wegen der Maschinenabmessungen kommt bei Köppl der Fanuc-Sechsachser M-20iA/35M zum Einsatz. Dieser ist mit einem Schunk-Doppelgreifer ausgerüstet. Treczka ergänzt: „Wir stellen den Roboter immer so auf, dass die Maschine für den Bediener frei zugänglich ist, das heißt er kann tagsüber Einzelteile fertigen und in der Spät- oder Nachschicht Serien laufen lassen.“

Einfache Programmierung

Bis es dann zur Installation des Turn-Assist bei Köppl kam, musste sich der zuständige Robojob-Vertriebspartner IVO Oesterle aus Vöhringen aber noch etwas gedulden. „Wir wollten die Automatisierung nicht mehr an einer Altmaschine anbringen“, begründet Wolf. Und so wurde im Oktober 2019 zuerst eine neue Drehmaschine Traub TNA 400 angeschafft und dann zwei Monate später das Handlingsystem installiert. „Bei der Inbetriebnahme hat der Monteur dann auch gleich die Schulung für zwei Werker gemacht“ erinnert sich der Betriebsleiter. „Jetzt wird das Wissen unter den Mitarbeitern einfach weitergegeben – das ist alles keine Hexerei.“ Dies ist Beleg dafür, das Robojob besonderes Augenmerk auf eine einfache und leichte Bedienung legt, was sich nicht zuletzt an der Software zeigt. „Mit der von uns entwickelten Software kann der Roboter schnell und einfach programmiert werden. Die Anlage ist über die eigene Steuerung kinderleicht zu bedienen und es bedarf keiner zeitaufwendigen Schulung der Mitarbeiter“, betont Treczka.

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Foto: Rüdiger Kroh
Maschinenbediener Patric Kreilinger kann die Anlage außerhalb des gesicherten Zutrittsbereichs steuern. 

Für den Betrieb der Anlage bedeutet dies, dass lediglich Durchmesser und Höhe des Rohteils, die Position, wo der Roboter das Fertigteil greifen soll, und die Teileanzahl in der Software definiert werden müssen. Die Roboterbewegungen sind damit festgelegt und die Automatisierung kann mit diesen vier Schritten starten: Teil vom Tisch aufnehmen, in das Spannmittel einlegen, das Fertigteil aus dem Spannmittel entnehmen und abschließend wieder auf dem Tisch ablegen. „Der Roboter greift das Bauteil immer auf der gleicher Höhe, weil ihm der Tisch entgegenkommt“, schildert Wolf. „Wenn die gestapelten Sägeabschnitte beispielweise 50 mm hoch sich, fährt der Tisch für die nächste Reihe um 50 mm nach oben und der Roboter nimmt das Teil an derselben Position. Das Gleiche gilt für das Ablegen der Fertigteile.“

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Foto: Rüdiger Kroh
Auf dem Beladetisch des Handlingsystems sind die Roh- und Fertigteile gestapelt und werden in der Höhe angepasst. 

Den Durchsatz um etwa 20 % erhöht

Für die kleinen Losgrößen bei Köppl reicht die Beladefläche auf einem Tisch des Handlingsystems meistens aus. Mario Töpfl, verantwortlich für die Zerspanung, nennt ein Beispiel. „Die Sägeabschnitte mit 15 mm Höhe und 90 mm Durchmesser für 300 Zahnräder bekommen wir problemlos gestapelt. Nur bei etwa einem Drittel unserer Bauteile müssen wir öfter beladen, also zwischenzeitlich den Tisch abräumen.“ Beim Umrüsten auf ein neues Werkstück müssen für die Durchmesseranpassung nur die Greiferbacken versetzt und die Anschlagbolzen auf dem Tisch verstellt werden. Dies kann zweimal am Tag erfolgen oder erst nach mehreren Tagen – je nach Laufzeit. „Die Bearbeitungszeiten bewegen sich zwischen zwei und acht Minuten, abhängig von der Komplexität des Bauteils“, so Töpfl.

Das Fachpersonal in der Zerspanung hat somit neue Freiräume gewonnen. „Und darin liegt auch unser größter Nutzen“, resümiert Köppl-Betriebsleiter Wolf. „Außerdem erzielen wir durch die Robojob-Anlage etwa 20 % mehr Teiledurchsatz.“ Dass der Service bislang noch gar nicht benötigt wurde, spricht ebenfalls für sich. Als nächster Schritt ist dann die Ausweitung in eine zweite, komplett mannlose Schicht geplant an. Diese Option ist aber noch Zukunftsmusik.

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Foto: Rüdiger Kroh
Erfolgreiche Teamarbeit: Maschinenbediener Patric Kreilinger, Zerspanungsexperte Mario Töpfl, Köppl-Betriebsleiter Günter Wolf,  Jürgen Treczka, Vertriebsleiter Deutschland Ost bei Robojob, und Michael Thalhofer, technischer Verkauf bei IVO Oesterle (v. li.).