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Zukunft und Strategie sind vorgeplant: Yasushi Suzuki hat zum 1. Dezember 2022 die Funktion des Geschäftsführers der OSG Germany Holding und von OSG Ex-Cell-O planmäßig abgegeben und ist nach Japan zurückgekehrt.
Foto: OSG
Zukunft und Strategie sind vorgeplant: Yasushi Suzuki hat zum 1. Dezember 2022 die Funktion des Geschäftsführers der OSG GmbH und von OSG Ex-Cell-O planmäßig abgegeben und ist nach Japan zurückgekehrt.

Präzisionswerkzeuge

Mikrowerkzeuge und Komplettpakete im Fokus

Neue Geschäftsführung, neue Produktionskapazitäten in Göppingen. Welche Ziele OSG Deutschland künftig anvisiert, erklärt der scheidende CEO Yasushi Suzuki.

Am 1. Dezember hat Yasushi Suzuki planmäßig die Funktion des Geschäftsführers der OSG GmbH und von OSG Ex-Cell-O abgegeben und ist nach Japan zurückgekehrt. Übergeben hat er einen wohlgeordneten Unternehmensverbund, der die anstehenden Aufgaben seit 2020 mit neuer Organisationsform und neuen Führungspersönlichkeiten umsetzt.

Herr Suzuki, am 1. Dezember haben Sie die Aufgabe des Geschäftsführers der OSG GmbH und von OSG Ex-Cell-O abgegeben. In welchem Kontext ist dies zu betrachten?

Yasushi Suzuki: Als Japaner repräsentierte ich die erste Generation von OSG in Deutschland. In der zweiten Generation sollen nun Deutsche die Geschäfte führen. Das ist der nächste folgerichtige Schritt. Wie Sie wissen, haben wir vor zwei Jahren, ebenfalls an einem 1. Dezember, die Firmen OSG, Bass, OSG Ex-Cell-O und Wexo Präzisionswerkzeuge unter dem Dach der OSG Germany Holding zusammengefasst. Diese Organisationsform, in der die Unternehmen selbstständig agieren, hat sich bewährt. Dass die Firmen mit ihren jeweiligen langjährigen Führungspersönlichkeiten eigenständig handeln, lässt nun meinen Rückzug aus der Führungsmannschaft zu.

Lassen Sie uns noch etwas genauer auf die Holding eingehen: Wie schätzen Sie die Entwicklung der OSG-Gruppe in den letzten zwei Jahren ein?

Yasushi Suzuki: Mit der Neuaufstellung als Holding haben wir klare Strukturen geschaffen und die Kompetenzen gebündelt. Agierten die Firmen bis dahin noch als Mutter- oder Tochterunternehmen, wurden sie mit der neuen Struktur selbstständig. Heute sind wir deutlich wirkungsvoller darin, Synergien zu erschließen und Lösungen anzubieten. So bedienen wir zum Beispiel immer effizienter den Trend, dass Schlüsselkunden verstärkt ganzheitliche Prozesse anfragen. Die Holding, die für die Strategie der deutschen Gruppe verantwortlich ist, untersteht bei all diesen Aktivitäten der Europazentrale in Belgien.

Seit 2002 in Deutschland, haben Sie über 20 Jahre die Geschicke von OSG Deutschland mitbestimmt. Was waren Meilensteine in dieser Zeit?

Yasushi Suzuki: Seit der Gründung im Jahr 2003 hat OSG Deutschland bis heute eine sehr gute Entwicklung genommen. Das gemeinsam mit den Mitarbeitern erreicht zu haben, bin ich stolz. Für den Erfolg des Unternehmens haben wir das Beste aus der deutschen und der japanischen Mentalität gebündelt. Sichtbarer Ausdruck für unser Wachstum ist, dass wir 2013 von Ostfildern, dem ursprünglichen Sitz, in unser neues Produktions- und Verwaltungsgebäude in Göppingen umgezogen sind. Dem schlossen sich der Aufbau der OSG Academy und des Technologiecenters für Vorführungen inklusive Forschung und Entwicklung für den deutschen Markt an. Inzwischen finden zentral in Göppingen Schulungen und Workshops statt und die Intensität der Zusammenarbeit mit Unternehmen hat sich deutlich erhöht. Ich verrate sicherlich nicht zu viel, wenn ich sage, dass das kommende Jahr einen weiteren Meilenstein markieren wird. Dann beginnen wir, in Göppingen neue Produktionskapazitäten aufzubauen. Start der Fertigung soll 2024 sein. Die Geschäftsleitung der OSG GmbH teilen sich Michael Rupp (Operativer Bereich) und Oliver Schunter (Finanzen).

Bevor wir darüber näher sprechen, noch eine andere Frage: Circa 90% der Göppinger Produktion fließen in den deutschen Markt. Welche Bedeutung hat der hiesige Markt für OSG und worin sehen Sie dessen Besonderheiten?

Yasushi Suzuki: Mit seiner ausgeprägten Zerspanungslandschaft ist Deutschland für uns natürlich von großer Bedeutung – bei enormem Potenzial. Schon vor Jahren haben wir für den deutschen Markt ambitionierte Ziele ausgegeben, die wir bis heute konsequent verfolgen. Während wir in Asien Marktanteile von 20 bis 40% halten, in Japan sogar über 40%, rechnen wir uns für Europa noch große Wachstumschancen aus. Ziel für Deutschland ist es, mit unseren unterschiedlichen Produktsegmenten einen Anteil von 25% zu erreichen. Im letzten Geschäftsjahr haben wir einen Umsatz von 34 Millionen Euro generiert. Ich denke, das Doppelte ist möglich. Um dies zu erreichen, müssen wir den deutschen Kunden möglichst gut verstehen und seine hohen Erwartungen erfüllen. Den Zerspaner machen hier zuallererst Genauigkeit, Qualität und Performance aus. Für diese Mentalität hat ein deutscher Geschäftsführer ein ganz anderes Gespür.

Diesen Aspekt noch einmal aus einem anderen Blickwinkel: Welche für OSG maßgeblichen Entwicklungen sehen Sie derzeit am deutschen Markt?

Yasushi Suzuki: Unsere Kunden kommen heute vor allem aus der Automobil- und Zulieferindustrie, dem Werkzeug- und Formenbau, der Luftfahrt sowie der Medizin- und Dentaltechnik. Aber auch aus der Umformtechnik, der Energieindustrie, dem Schiffbau und IT-Bereich bis hin zur Uhrenbranche. Die Akteure in diesen Branchen, insbesondere die der Automobilindustrie, sind zunehmend an Komplettlösungen interessiert. OSG entspricht diesem Ansatz, indem wir immer stärker Verantwortung für den Gesamtprozess übernehmen. Dies kann zum Beispiel heißen, dass wir Cost-per-part-Vereinbarungen treffen und so die Unternehmen über Jahre betreuen. Wir wollen das Projektgeschäft intensivieren. Und wir wollen mit Komplettpaketen den gesamten Bearbeitungsprozess abbilden und zugehörige Strategien bereitstellen. Das ist die Richtung der Zukunft. Eine weitere Entwicklung sehen wir in der Tendenz zu immer kleineren, präziseren Teilen. Der Bedarf an entsprechenden Werkzeugen wächst hier ebenso wie der für die Bearbeitung komplexer Teile. Um dem gerecht zu werden, entwickeln wir Innovationen beim Bohren, Fräsen und Gewinden. Eine wichtige Voraussetzung dafür habe ich mit unserer Organisationsform und den daraus resultierenden Synergien bereits genannt.

Können Sie konkrete Entwicklungen aus Ihrem Produkt- und Leistungsspektrum nennen?

Yasushi Suzuki: OSG wird in Teilen noch immer als Spezialist für schwierige Bearbeitungen und schwer zerspanbare Werkstoffe gesehen, dessen Produkte im hohen Preissegment angesiedelt sind. Diese Sichtweise ist zu einseitig, denn seit Langem fragen Kunden bei uns auch Standardwerkzeuge substanziell nach. Künftig werden wir noch konsequenter zwei Richtungen verfolgen und so mit den Kunden weitere Schritte gehen: Zum einen sind das Top-Produkte mit Top-Qualität und Top-Performance, zum anderen günstigere Werkzeuge mit anwendungsbezogener Qualität, für deren Produktion wir unter anderem Automatisierungskonzepte einsetzen. Beide Produktlinien werden wir systematisch ausbauen und in Deutschland anbieten: Werkzeuge in Top-Qualität sowie automatisiert produzierte Werkzeuge in anwendungsspezifischer Qualität. Darüber hinaus spielt der gesamte Servicekomplex eine immer wichtigere Rolle. Dafür bauen wir das Netz aus Innen- und Außendienstmitarbeitern sowie Händlern weiter aus, um unsere Kunden noch bedarfsgerechter zu unterstützen.

Der Servicegedanke spiegelt sich auch in der OSG Academy wider. Insofern ist sie ein Indikator für die Entwicklung des Unternehmens. Stimmen Sie dem zu?

Yasushi Suzuki: Absolut. Einer unserer wichtigsten Ansatzpunkte ist Kundennähe. Mit diversen Schulungen bis hin zu anwenderspezifischen Versuchen bauen wir diese Kundennähe systematisch aus. Letztlich wollen wir nicht nur Werkzeuge anbieten, sondern Lösungen, die aus der Betrachtung des Gesamtsystems Zerspanung resultieren. Die Academy ist dafür ein wichtiger Baustein. Nicht zuletzt testen wir im Technologiecenter auch unsere Eigenentwicklungen und stellen dem Anwender neben Werkzeugen hochperformante Bearbeitungsstrategien zur Verfügung.

Zurück zum erwähnten Neubau. Was genau soll hier ab 2024 produziert werden?

Yasushi Suzuki: Wir haben ein Grundstück von 7.000 m² gekauft, auf dem wir ab 2023 neue Produktionskapazitäten aufbauen werden. Das betrifft schwerpunktmäßig Werkzeuge im kleinen Durchmesserbereich, sowohl Vollhartmetallwerkzeuge als auch Tieflochbohrer. Ursprünglich hatten wir vor, in Japan zu produzieren. Dann aber fiel die Entscheidung zugunsten von Göppingen – und damit der Produktion in Deutschland für den deutschen Markt. Neben Miniaturwerkzeugen werden wir damit künftig auch Sonderwerkzeuge schneller und effizienter bereitstellen und die Firma OSG Ex-Cell-O wird hier ihren neuen Standort haben.

Herr Suzuki, Sie kehren nun nach Japan zurück. Worauf freuen Sie sich am meisten?

Yasushi Suzuki: Die Antwort wird Sie nicht überraschen: Ich freue ich mich auf meine Familie. Ich möchte meine 84-jährige Mutter unterstützen. Ich möchte mehr Zeit mit meinem Enkel verbringen, den zweiten erwarten wir im April. Und ich freue mich auf guten japanischen Fisch.