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Foto: Moldino
Die EPDBEH-Kugelfräser von Moldino mit der neuen TH3 Beschichtung decken einen breiten Durchmesserbereich von 0,1 bis 12 mm ab, bei Nutzlängen bis maximal 20 x D. 

Fräswerkzeuge

Kugelfräser für spiegelnde Oberflächen

Große spiegelnde Oberflächen nahezu verschleißfrei fräsen. Wie das geht, zeigt RSD Polytec mit den neuen EPDBEH-Kugelfräsern von Moldino. 

Beim Feinschlichten vertraut das im südbadischen Bad Säckingen beheimatete Unternehmen RSD Polytec den neuen EPDBEH-Kugelfräsern von Moldino, mit dem positiven Ergebnis, dass nun nur noch ein einziges Werkzeug benötigt wird, um auch eine große spiegelnde Oberfläche beinahe verschleißfrei zu fräsen. „Wir produzieren natürlich auch Werkzeuge für die RSD-Group. Den Schwerpunkt der Fertigung bilden aber externe Kunden, vorwiegend aus dem Bereich Automotive“, unterstreicht Jürgen Klausmann, Geschäftsführer von RSD Polytec. „Zusammen mit den Kunden entwickeln und stellen wir technische Produkte her, zum Beispiel Befestigungselemente ebenso wie anspruchsvolle Designteile oder Lichtoptiken. Hochpräzise Spritzgussformen für Lichtoptiken zählen zu unserer Kernkompetenz.“ Hier haben sich die Badener in den letzten zehn Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Diese Werkzeuge sind zwar vom mechanischen Aufbau nicht besonders schwierig, aber die Maßhaltigkeit und die Oberfläche müssen perfekt sein. Darauf legen die Kunden nicht nur höchsten Wert, sondern sie sprechen RSD Polytec auch gezielt darauf an.

Bereits vor gut fünf Jahren begann der Form- und Werkzeugbauer damit, auf das HSC-Fräsen und hier vor allem die Hartbearbeitung auf VHM-Werkzeuge (Vollhartmetall) des japanischen Herstellers Moldino (damals MMC Hitachi Tool) umzustellen. Diese hochgenauen Fräser sind dann für immer mehr Kavitätsbereiche eingesetzt worden, die in Bad Säckingen früher ausschließlich senkerodiert wurden. Nur bei den Lichtoptiken blieb es zunächst beim Erodierpolieren. Die HSC-Maschinen aus den früheren Jahren waren einfach noch nicht genau genug. Den Durchbruch brachte schließlich vor zwei Jahren die Anschaffung der neuen 5-achsigen Exeron HSC MP11/5, die in der auf +/- 2 °C genau temperierten Halle ihre Präzision und Dynamik voll ausspielen kann.

Hohe Drehzahlen für spiegelnde Oberflächen

„Der Anstoß für diese Investition kam vom Kunden“, blickt Jürgen Klausmann zurück. „Es wurde eine sehr hohe Genauigkeit bei den Lichtoptiken gefordert, die durch das bisherige Erodierpolieren der Lichtoptiken nicht zu erreichen war.“ Es musste also auch hier gefräst werden. Dies war mit der hochgenauen MP11/5 nun möglich. Um spiegelnde Oberflächen zu fräsen, muss beim finalen Schlichten mit möglichst hohen Drehzahlen und einer hohen Dynamik der Maschine gearbeitet werden. Spätestens bei großen Flächen war es bisher unumgänglich, mit Schwesterwerkzeugen zu arbeiten, weil die Standzeiten der Fräser nicht ausreichend waren. Beim Werkzeugwechsel ergibt sich jedoch ein minimaler Versatz, da der Fräser am Ende seiner Standzeit das Material nicht mehr richtig schneidet. Dieser Übergang musste bisher manuell homogenisiert und anschließend die gesamten Oberflächen auf Hochglanz poliert werden. Durch die höhere Standzeit der Fräser können jetzt große Flächen mit einem Werkzeug gefräst und somit die Kosten für die aufwendige Handpolitur reduziert werden. Dennoch ist stets abzuwägen zwischen sehr langen Maschinenlaufzeiten und manueller Polierarbeit. Kleine Flächen werden vollständig auf Hochglanz gefräst, bei großen Flächen wird minimalst nachpoliert zugunsten kürzerer Maschinenlaufzeiten.

Ziel: Optimierter Prozess

Anfang 2021 kam Johannes Zimmermann von Moldino ins Spiel. Als Prozessoptimierer, wie die Anwendungstechniker bei Moldino genannt werden, betreut er den Werkzeugbau von RSD Polytec bereits seit über acht Jahren. Durch seine regelmäßigen Besuche kannte er das Problem: „Meine Lösung waren die nagelneuen Kugelfräser der EPDBEH-Serie (Epoch Deep Ball Evolution Hard), die einen breiten Durchmesserbereich von 0,1 bis 12 mm abdeckt, bei Nutzlängen bis maximal 20 x D“, erläutert Johannes Zimmermann. „Wichtig für das Bearbeitungsergebnis und die Prozesssicherheit sind auch der exzellente Rundlauf der Fräser sowie extrem niedrige Fertigungstoleranzen, die im einstelligen μ-Bereich liegen.“ Um die Vorteile der neuen Fräser für RSD Polytec voll ausschöpfen zu können, ging Zimmermann nach der von Moldino speziell für den Fräsbereich entwickelten Production50-Methode (P50) vor. Dabei geht es darum, die bestehenden Fräsprozesse zu analysieren, um mit diesen Erkenntnissen eine neue Perspektive auf den gesamten Fertigungsprozess zu erhalten. So werden Verbesserungspotentiale identifiziert, die zusammen mit dem Kunden umgesetzt werden können. Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen den Mehrwert dieser Umstellung auf. „Anhand eines Mehrkavitätenwerkzeugs wollten wir ausloten, ob die neuen Kugelfräser ihr Versprechen in der Praxis einlösen“, berichtet Frank Albiez, der Leiter des Werkzeugbaus. „Das Werkzeug dient zum Spritzen einer durchsichtigen Platte für ein Automotive-Bauteil. Dabei handelte es sich um eine etwa 120 mm x 100 mm große und 30 mm tiefe Kavität mit einer Toleranz von +/- 0,01 mm und spiegelnder Oberfläche.“ Verwendet wurde der Werkstoff 1.2344 mit 52 HRC.

Zusammen mit CAM-Programmierer Stefan Hribar feilte Zimmermann an den Bearbeitungsschritten, den Schnittdaten und an der Auswahl der Werkzeuge. Programmiert (und konstruiert) wird in Bad Säckingen mit der 3D-Software TopSolid 7 des gleichnamigen französischen CAD-CAM-Spezialisten. Die Tests fanden auf der Exeron HSC MP11/5 mit Minimalmengenschmierung statt. Vorher wurde bei RSD Polytec geschruppt, vorgeschlichtet und geschlichtet – also drei Vorgänge. Mit den neuen Fräsern kam noch ein vierter hinzu, nämlich das Feinschlichten. Gefräst worden ist wie bisher 3+1-achsig mit angestellter B-Achse, mit 0,4-mm-Kugeln wählten die Badener einen relativ kleinen Durchmesser. Die Schlichtstrategie in Topsolid 7 wurde beibehalten, die Zustellung zugunsten der Oberflächenqualität etwas verringert, ebenso der Vorschub. Die Schnittgeschwindigkeit ist hingegen dank der TH3-Beschichtung deutlich auf 51 m/min erhöht worden. Außerdem wurde die Toleranzeinstellung an der Heidenhain-CNC angepasst und mit der im CAM abgestimmt.

Kugelfräser spart 5 Polierarbeitsgänge

„Das Ergebnis war mehr als überzeugend: Nach dem Fertigschlichten mit einem einzigen EPDBEH-Fräser ist unser Polierer nur noch mit der 3-μm- und der 1-μm-Paste drüber gegangen – und wir hatten die perfekte, maßhaltige Hochglanzfläche“, stellt Stefan Hribar zufrieden fest. „Nach knapp zwei Stunden Fräszeit war am Werkzeug kein Verschleiß zu erkennen. Mich beeindruckt immer noch, dass alles wie geplant funktionierte.“ Fünf Polierarbeitsgänge, die das Schleifen mit verschiedenen Körnungen betrafen, konnten so entfallen. Bisher benötigte der Polierer drei Stunden pro Kavität, jetzt reicht eine Stunde. Die bei diesem Projekt für das Polieren erstellte Kostenanalyse zeigte eine Ersparnis von knapp 30 %. Inzwischen werden in Bad Säckingen alle spiegelnden Oberflächen mit der EPDBEH-Reihe gefräst. Frank Albiez verweist auf ein aktuelles Projekt – ein Werkzeug für einen Flächenlichtleiter: Bei dieser vergleichsweise großen Spiegelfläche konnte der Polieraufwand sogar halbiert werden. Für die Spiegelfläche der etwa 600 mm x 300 mm großen und 60 mm tiefen Kavität hat der 4-mm-Kugelfräser der EPDBEH-Reihe sieben Stunden benötigt. Trotz einer Schnittgeschwindigkeit von 214 m/min zeigte der Fräser keinen Verschleiß.

Dies ist umso bemerkenswerter, da es sich hier um den Werkstoff 1.2343 ESU des Dienstleisters Contura handelt. Diese Legierung wird aus einem pulverförmigen Ausgangsstoff inklusive konturnaher Kühlkanäle im SLS-Verfahren (Selektives Laserschmelzen) hergestellt. Dieser Werkstoff ist bekannt dafür, relativ schwer zu bearbeiten zu sein. „Ohne die neuen Fräser wäre ein Projekt wie dieses gar nicht machbar gewesen – jedenfalls nicht in dieser Qualität“, zieht Frank Albiez ein positives Fazit und ergänzt: „Trotz aller Vorteile der EPDBEH-Fräser – ohne den guten Support von Moldino und die hervorragende Betreuung durch Johannes Zimmermann wären wir nicht so schnell dorthin gekommen, wo wir aktuell sind.“

ak