Image
osg_stoeger_torusfraeser_neu.jpeg
Foto: OSG
Selbst filigrane Bauteile mit hoher Härte fräsen die neuen OSG-Fräser: Beispielsweise fährt man mit dem Torus-Fräser WXS-CRE bei Härten um HRC57 mit 100 bis 120 m/min, im Vollschnitt zwischen 55 bis 57 m/min.

Thema der Woche 28/2021

HRC57-Teile filigran fräsen

Die Hartbearbeitung mit einem neuen Fräser-Standard definiert hat Stöger: Bauteile aus HRC57 werden jetzt filigran mit neuen Fräsern von OSG gefräst.  

Neue Torus-Fräser zum Schruppen und Kugelfräser zum Schlichten setzt Stöger Automation zum Fräsen seiner filigranen Zuführteile ein. Hintergrund ist, dass man bei Stöger Automation sehr viel Wert auf eine eigene Fertigung legt, denn nur dadurch, so Geschäftsführer Lorenz Stöger, entstehen innovative Lösungen, kontinuierlich Verbesserungen und gleichzeitig ist man damit flexibler aufgestellt, kann bei Lieferzeiten optimal agieren. Vor zirka zwei Jahren waren allerdings hier die Kapazitäten ausgeschöpft.

Stöger Automation setzt OSG-Fräser für filigrane Zuführteile ein

Deshalb wurden Abläufe, Maschinen etc. auf den Prüfstand gestellt und in ein neues automatisiertes Bearbeitungszentrum mit Linearantrieben investiert. Als es dann allerdings darum ging, Kleinteile aus gehärtetem Material aus dem Vollen zu fräsen, wurden dem Hersteller von Schraubautomaten schnell die Grenzen bei den Standzeiten der Fräswerkzeuge aufgezeigt.

Ohne Semischlichten sehr nah an die Endkontur fräsen

OSG war zu der Zeit für Dominik Fuchs, CAD/CAM bei der Stöger Automation bereits aus dem Formenbau ein Begriff und so testete man die Torus-Fräser WXS-CRE zum Schruppen und die Kugelfräser AE-LNBD-H zum Schlichten von OSG: „Mit diesen Werkzeugen haben wir zunächst auf einer älteren Maschine ohne Luft oder Kühlung gefräst. Obwohl das nun mit einer maximalen Drehzahl von 8.000 min-1 keine dynamische Maschine und die Spannung relativ labil ist, hat das auf Anhieb funktioniert. Deshalb wollten wir das auf der neuen Maschine fortführen. Und auch hier überzeugt die Qualität. In der Hauptsache geht es bei uns um Prozesssicherheit, denn diese Bauteile fertigen wir auch nachts, mannlos.“ Konkret geht es in Königsdorf darum, dass mit dem Torus-Fräser WXS-CRE die Innen- und Außenseiten dieser Kleinteile aus Präzi-Flachstahl 1.2842 mit HRC 55 (aus dem eigenen Härteofen HRC 57) und Toleranzen von 1/100 mm vorbearbeitet werden. Der Vorteil ist demnach vor allem in dem definierten Eckenradius mit einer Radiustoleranz von +/- 5 µm des Fräsers zu sehen. Bei einem Aufmaß von 1/10 mm lässt sich so sehr nah an die Endkontur fräsen und gleichzeitig ein Semischlichten eliminieren.

Zweischneidiger Kugelfräser für Sichtflächen

Mit dem zweischneidigen Kugelfräser AE-LNBD-H dagegen werden die Außenflächen ohne Semischlichten gefinisht. Hier sind es weniger die Toleranzen als vielmehr die Sichtflächen, die qualitativ hochwertig sein müssen. Im Einsatz sind die Durchmesser 2, 3 und 6 mm. Wobei man mit der 2er und 3er Kugel die meisten Bereiche abdeckt. Die zweischneidigen Kugelfräser verfügen zudem über die Durorey-Beschichtung. Eine extrem hitzebeständige Beschichtung inklusive einem ultrafeinen Nano-Multilayer mit hoher Adhäsionskraft, die über eine optimale Zähigkeit bei gleichzeitig hoher Hitzebeständigkeit und Resistenz gegen Aufschweißungen verfügt.

Wie verlässlich die Fräswerkzeuge bei Stöger arbeiten, zeigt ein ähnliches Bauteil. Es wurden Schienen für eine Zuführung mit 62 HRC plus der Nitrierschicht gefräst. Der Torus-Fräser ist bei dieser Anwendung bereits vorher schon, an einem anderen Werkstück, im Einsatz und hat trotzdem über 5 h diese Schienen ohne Problem gefräst.

Reduzierung der Durchlaufzeiten ermöglicht flexibles Agieren

Nun sind es bei Stöger Automation überwiegend Losgrößen von 1 bis 50 Stück. Das heißt aber nicht, dass eine wirtschaftliche Fertigung zweitrangig wäre. Im Gegenteil, kurze Durchlaufzeiten sind vor allem bei Ersatzteilen, hier muss man schnell und kurzfristig reagieren, existenziell. Für Dominik Fuchs ist das aber ohnehin keine Frage: „Auch wir haben keine Zeit zu verschenken. Mit dem WXS-CRE fahren wir deshalb bei diesen Härten im Vollschnitt zwischen 100 bis 120 m/min, im Vollschnitt etwas weniger Schnittgeschwindigkeit, zwischen 55 bis 57 m/min, aber dafür mit einem höheren Zahnvorschub. Mit dem Torusfräser, Ø 6 mm, Radius 1,5 mm sind das bei einer Drehzahl von 19.500 min-1, zwischen 55 bis 57 m/min.“

Geringe Schnittkräfte durch Punktkontakt

Für Patrick Kinzlinger, technischer Vertrieb bei OSG, kommen die Vorteile der Fräser aus unterschiedlichen Gründen so effektiv zur Geltung: „Zunächst ist es sicher so, dass der nutzbare Mehrwert der Fräser WXS-CRE vor allem mit sehr dynamischen Maschinen generiert werden kann, denn damit kann man Vorschubwerte fahren, die für diese Fräser angemessen sind. Außerdem ist man mit einem fünfschneidigen Werkzeug (ab Ø 3 mm!) wesentlich schneller und man kann damit sehr nah an die Endkontur fahren, weil man durch die hohe Radiusgenauigkeit Konturen exakt abbilden kann. Der Kugelfräser überzeugt bei Stöger, weil speziell bei diesen dünnen Wandstärken, teilweise sind das nur 0,27 mm, das Tropfendesign dafür sorgt, dass die Kugel nicht tangential zum Außendurchmesser ausläuft. So ist durch einen Punktkontakt nur eine geringe Schnittkraft erforderlich. Diese konstruktiven Details sowie die spezielle Schneiden-Geometrien, wie variabler, negativer Spanwinkel, starker Drallwinkel sind verantwortlich dafür, die geforderten Qualitäten zu erzeugen. Für Lorenz Stöger muss das aber natürlich auch im Verhältnis zum Preis stehen. Wohl auch deshalb sind die OSG-Fräser in Königsdorf mittlerweile in der Hartbearbeitung zu Standardfräsern geworden.

Stöger Automation hat über 30 Patente

Das Unternehmen mit 110 Mitarbeitern wurde 1987 gegründet und hat sich mit über 30 erteilten Patenten in der Schraubtechnik, Einsetztechnik, Niettechnik, Zuführtechnik und Systemlösungen spezialisiert. Die Anzahl der Schraubsysteme, die weltweit in Betrieb sind, beziffert Stöger im fünfstelligen Bereich. Zum Kundenkreis zählen u.a. die Automobil- und Zulieferindustrie sowie die Elektronik, weiße Ware, Freizeitindustrie, Skibindungen, Beschlag- und Fahrradindustrie. 2019 wurde Stöger Automation als erstes produzierendes Unternehmen im Landkreis Bad Tölz nach dem europäischen Umweltmanagementsystem EMAS zertifiziert, wurde 2006 und 2018 als Top-100-Unternehmen ausgezeichnet. 2020 folgte der Wirtschaftspreis des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen und Bayerns Best 50.