Foto: Köppern

Bearbeitungszentren

Großbauteile genau bearbeiten

Statt für ein Retrofit entschied sich die Maschinenfabrik Köppern für eine Neuanschaffung. Dabei blieb man Pama treu und investierte in ein Bohr- und Fräswerk Speedram 2000.

von Peter Springfeld

Als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Herstellung von Steinkohlenbriketts zu einem industriellen Prozess entwickelte, erwarb Bergwerksdirektor Wilhelm Köppern 1898 die Berninghaus-Hütte an der Ruhr in Hattingen, um dort Walzenpressen für die Produktion von Steinkohlenbriketts zu bauen. Heute fertigt die Unternehmensgruppe Köppern Hightech-Produkte in Form von Maschinen und Anlagen, unter anderem für unterschiedliche Aufbereitungsprozesse. So sind die Walzenpressen in vielen Bereichen verbreitet, beispielsweise bei der Zerkleinerung von Klinker und Schlacke, für die Produktion von Zement sowie einer Vielzahl von Erzen und Mineralien. Die Maschinen arbeiten nach dem Grundprinzip zweier Walzen, die sich gegenläufig drehen. Insgesamt hat Köppern bereits mehrere hundert Wal-zenpressen in über 60 Ländern zur Brikettierung, Kompaktierung und Zerkleinerung verkauft.

Neuanschaffung statt Retrofit

Vor rund 17 Jahren errichtete die Köppern-Gruppe im Hattinger Gewerbegebiet ein neues Werk mit modernen Maschinen zur Qualitätsfertigung sowie Montage der eigenen Produkte. Eine dieser Maschinen war ein Speedram-Fahrständer-Bohrwerk des italienischen Herstelllers Pama. Im Jahr 2014 war zunächst geplant, für diese Maschine ein Retrofit durchzuführen. Doch schnell stellte sich heraus, dass sich der Aufwand – gemessen an den technologischen Vorzügen einer neuen Maschine – nicht lohnt. „Zudem ist man mit einer neuen Maschine einfach besser für die Anforderungen an die Fertigung zukünftiger Maschinenbaugruppen vorbereitet“, erklärt Jörg Ehrkamp, Prokurist und Leiter Produktion und IT.

Vorhandenes Fundament konnte genutzt werden

„In den fast 16 Jahren Laufzeit der ersten Pama-Maschine haben wir deren Qualität schätzen gelernt“, sagt Fertigungsleiter Bodo Struck. „Wir wussten zudem, dass Pama mit seinen Fachleuten in der Lage ist, unsere technischen und terminlichen Wünsche zu erfüllen. Dazu gehörte zunächst die Untersuchung, ob die neue Maschine auf das Fundament der alten Maschine aufgesetzt werden kann. Mit dem Ergebnis, dass alle Belastungen der neuen Maschine vom Fundament aufgenommen werden können und es auch geometrisch für die neue Maschine geeignet ist.“

Für das italienische Unternehmen bestand die Aufgabe darin, ein modifiziertes Maschinenbett für die neue Maschine anzufertigen, das genau zu den Fixatoren und Bohrungen des vorhandenen Fundaments passt. „Darüber hinaus haben wir das 3 m × 5 m große Plattenfeld von der alten Maschine übernommen“, beschreibt Thomas Ulrich, Niederlas-sungsleiter der Pama GmbH in Mainz. „Deshalb war im Gegensatz zur üblichen Montage die neue Maschine nach dem vorhandenen Plattenfeld auszurichten. Die gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Maschinenfabrik Köppern zeiget sich auch daran, dass die Montage und Inbetriebnahme in nur neun Wochen statt der üblichen zwölf Wochen abgeschlossen werden konnten.“

Maschine arbeitet schwingungsgedämpft

Grundlage der Bestellung und Konfiguration der Speedram 2000 waren die Geometrie und die Werkstoffeigenschaften der aktuell zu bearbeitenden Baugruppen sowie die Prognose zukünftiger Fertigungsaufgaben. „Derzeit“, erläutert Struck, „fertigen wir auf dem Bohr- und Fräswerk Hauptkomponenten für unsere Maschinen, wie Lagergehäuse, Rahmengurte, Motorkonsolen und große Bandagen, die auf Walzenkerne aufgezogen werden, um die verschleißbeständigen Zerkleinerungswalzen zu bilden. Bei den zu zerspanenden Werkstoffen handelt es sich sehr häufig um anspruchsvolle Stähle, die warmfest, hochfest oder zäh sind. Deshalb haben wir eine Maschine gekauft, die sich durch eine hohe Stabilität auszeichnet und schwingungsgedämpft arbeitet.“

Drehtisch ist mit 60 t belastbar

Zum Aufspannen der Werkstücke stehen das vorher bereits vorhandene Plattenfeld und ein Drehtisch mit einer hydrostatisch geführten V-Achse von 1.500 mm zur Verfügung. Der Tisch bietet eine Aufspannfläche von 2.500 mm × 2.500 mm und ist mit 60 t belastbar. Der Maschinenständer bewegt sich auf einer 9.000 mm langen X-Achse. Damit erreicht er den Drehtisch, das Plattenfeld, und die rechts davon installierte Pick-up-Station. Die Spindel arbeitet bis in eine Höhe von 4.000 mm. Um tief ins Werkstück hineinfahren zu können, lässt sich die Traghülse um 1.200 mm und die Bohrspindel nochmals um 1.000 mm ausfahren. Die Speedram 2000 ist mit einem 93-kW-Motor ausgerüstet, der die 150-mm-Spindel über ein 3-Stufen-Getriebe antreibt. Außerdem bietet die Maschine Vorschubgeschwindigkeiten bis 20 m/min an allen Linearachsen.

Winkelfräsköpfe zur 5-Seiten-Bearbeitung

Zur bedienerfreundlichen Konstruktion der Maschine gehört auf Kundenwunsch auch eine extra große, klimatisierte Bedienerkabine. „Wir bearbeiten wertvolle Bauteile“, so Struck. “Da ist trotz der automatischen Fahrweise eine Über-wachung des Zerspanprozesses angebracht. Die Bedienbühne kann unabhängig von der Spindelbewegung nach oben und unten, aber auch in Richtung der Spindel nach vorn verfahren werden.“ Neben den Maschinenachsen ermöglichen automatisch einwechselbare Fräsköpfe die Bearbeitung von innenliegenden und seitlichen Flächen bei minimalen Spannzeiten. So sind in der Pick-up-Station ein Winkelfräskopf TS 35 360, ein stufenlos in zwei Achsen positionierbarer Universalfräskopf TU 25 C, ein kleiner Winkelfräskopf TS 20 144 sowie die Abdeckplatte gelagert. Die Winkelfräsköpfe, die Pama selbst entwickelt und fertigt, ermöglichen eine 5-Seiten-Bearbeitung in einer Aufspannung.

Mitfahrendes Kettenmagazin

Das Einwechseln der Werkzeuge aus dem mitfahrenden Kettenmagazin erfolgt mit einem automatischen Werkzeugwechsler. Durch eine Schwenkachse im Wechsler können die Werkzeuge sowohl in die Spindel als auch vertikal in die Köpfe gewechselt werden. Das Kettenmagazin hat insgesamt 120 Plätze. Für lange ISO-50-Werkzeuge bis 1.200 mm Länge bietet die Pick-up-Station sechs außenseitige Ablageplätze. „Die jeweils für einen Auftrag benötigten Werkzeuge“, erläutert Struck, „werden an der Einwechselstation des Kettenmagazins in den Fertigungsprozess eingebracht. Über das Eingabepanel erhält die Steuerung die aktuellen Daten der Bestückung des Werkzeugmagazins. Die manuelle Dateneingabe ist bei uns notwendig, um Verwechslungen auszuschließen. Die Werkzeuge werden bei uns in un-terschiedlichen Maschinen eingesetzt.“

„Die Werkstücke werden im Genauigkeitsbereich bis zu einer H6-Toleranz bearbeitet“, erläutert Maschinenbediener Wolfgang Schweinert. „Das bedarf nicht nur einer stabilen Maschinenkonstruktion, sondern auch präziser Bewegungen in allen Achsen. Dazu gehört ebenso eine genaue Fertigungsvorbereitung.“ Gefertigt wird nach nach Auftragserteilung. Dazu Produktionsleiter Ehrkamp: „Durch die Größe unserer Maschinen und durch die Kundenwünsche haben wir es in der Fertigung meist mit Losgrößen 1 bis 2 zu tun. Die 3D-Zeichnungen aus unserer Konstruktion werden an die Technologen gesandt, die daraus die Programme für die Bearbeitung erstellen.“ Sind die Programme an die Maschinensteuerung geschickt, kann der Bediener über das Panel der Sinumerik Steuerung 840 D immer noch notwendige Optimierungen einbringen.

Alle Achsen sind hydrostatisch geführt

Aus mechanischer Sicht beruht die Präzisionsfertigung auf zwei Säulen: Zum einen ist das Werkstück schwingungs-arm zu spannen und zum anderen ist die Speedram 2000 so ausgelegt, dass sie wenig Schwingungen während der Bearbeitung auf das Werkstück bringt. „Dazu sind unsere Maschinenrahmen ausschließlich aus Gusskomponenten gefertigt und sämtliche Achsen hydrostatisch geführt“, hebt Pama-Niederlassungsleiter Ulrich hervor. Das gilt für alle Linearachsen und die Tischdrehachse. Auch die Traghülse wird an allen vier Seiten im Spindelkasten hydrostatisch geführt. Außerdem arbeitet die Bohrspindel mit hydrostatischer Unterstützung. Eine Kompensation der Traghülsen-Neigung erfolgt durch hydraulische Zugbolzen. Zudem hat die Maschine eine Wärmeausdehnungskompensation für Traghülse und Bohrspindel. Zur Thermostabilisierung des Spindelkasten- und Hydrostatiköls besitzt die Speedram 2000 ein Kälteaggregat. Zum Schutz der Werkzeugschneiden und zum Ausspülen der Späne dient die innere Kühlmittelzuführung. Für Spezialbohrarbeiten bietet die Maschine einen Ejektor-Anschluss am Spindelkasten. So lassen sich von außen zusätzlich bis zu 50 l/min Kühlmittel an den Bohrer bringen. Diese Wärmeabfuhr schützt nicht nur den Bohrer, sondern auch die Spindel.

Vlieslos arbeitender Trommelfilter

Die Wirksamkeit der Kühlmittel steigt natürlich mit ihrer Reinigung und der Rückkühlung. Zur Filterung der Kühlschmierstoffe setzt Köppern einen vlieslos arbeitenden Trommelfilter mit eigener Rückspülung ein. „Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht“, urteilt Ehrkamp, betont aber auch, dass dazu ein regelmäßiges Spülen des Späneförderers erforderlich ist. In diesem Zusammenhang verweist Struck noch auf einen weiteren Vorzug des neuen Bohr- und Fräswerks: „Die Nebenaggregate wie Pumpen und Kühlaggregate arbeiten im Vergleich zur alten Maschine viel leiser.“

rk

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