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Der von Allmatic auf der AMB vorgestellte Autoclamp 5G ist ein universell ein­setzbarer Maschinenschraubstock, der Echtzeitanwendungen kabellos mittels modernster 5G-Mobilfunktechnik erlaubt.
Foto: NCFertigung
Der von Allmatic auf der AMB vorgestellte Autoclamp 5G ist ein universell ein­setzbarer Maschinenschraubstock, der Echtzeitanwendungen kabellos mittels modernster 5G-Mobilfunktechnik erlaubt.

THEMA DER WOCHE 48/2022

Digitale Schraubstöcke gehen in Serie

Mit den neuen digitalen Schraubstöcken verspricht Allmatic permanente Präzision durch Spannkraftüberwachung und direkte Anzeige – samt Übertagung auf den PC.

Verkaufsstart ist Frühjahr 2023. Hingucker auf der AMB war aber der weltweit erster autonome Maschinenschraubstock mit 5G-Intergration, den der Allgäuer Spanntechnikhersteller Allmatic zusammen mit der TU Wien entwickelt und eben auf der AMB präsentiert hatte: der Autoclamp 5G – neben dem ebenfalls digitalisierten, neuen Telesense-125-Schraubstock und dem Titan 2 Clamp Assist.

Ziel von Prof. Friedrich Bleicher und seinen Mitarbeitern am Institut für Fertigungstechnik und Photonische Technologien an der TU Wien war, mit dem Autoclamp 5G ein intelligentes, sensorisches Spannsystem zu entwickeln, das dem skizzierten Bedarf nach weiterer Beschleunigung und Flexibilisierung in der Fertigung gerecht wird. Angestrebt wurde die Kombination von automatisiertem Klemmen mit intelligenter Spannkraftregelung. Gleichzeitig sollten die im Betrieb erfassten Daten über schnelles 5G für eine Prozessoptimierung mit ML-Einheit bereitgestellt und von dort in die Maschinensteuerung zur Optimierung der aktuellen Betriebsparameter rückgeführt werden.

Gleichstrommotor, Sensor, Mikrofon

Das zukunftsweisende System wurde auf Basis eines bewährten Schraubstocks von Allmatic realisiert. Ein integrierter Kraftsensor ermöglicht es, die aktuell benötigte Spannkraft zu erfassen. Die Aufbringung der erforderlichen Haltekräfte erfolgt mittels eines speziell für diese Anwendung entwickelten elektro-mechanischen Antriebsstranges mit 24-V-Gleichstrommotor und Getriebe. Damit werden die im jeweiligen Bearbeitungszeitpunkt benötigten Spannkräfte aufgebracht und ausgeregelt. Zudem ist das System mit einem 3-achsigen Beschleunigungssensor und optional mit Messmikrofon bestückt. Dadurch können Schwingungsphänomene während der Bearbeitung detailliert erfasst, analysiert und nötigen­falls korrigiert werden.

Mittels Algorithmen und ML-Modellen analysieren

Die Spannungsversorgung des Systems erfolgt über in­tegrierte Akkus, welche induktiv und somit berührungslos geladen werden. Die Kom­munikation mit den anderen aktiven Komponenten der Fertigungsstraße oder -zelle erfolgt via echtzeitfähiger 5G-Verbindung, wobei herstellerunabhängig über den Standard OPC UA eine Closed-Loop-Regelung unter­stützt wird. Die im Betrieb erfassten Daten werden an einen leistungsstarken Server im Netzwerk gestreamt und mittels Algorithmen sowie Machine-Learning-Modellen analysiert. In Echtzeit werden Optimierungsparameter an das Bearbeitungszentrum retourniert, das damit optimal auf die jeweils aktuellen Prozesserfordernisse reagieren kann. Das System nutzt und trainiert ML-Modelle stetig und automatisiert (Real Time ML).

Smarter 5G-Maschinenschraubstock im einmaligen Netzwerk

Ergebnis ist der Autoclamp 5G, ein universell ein­setzbares Spannsystem, welches Echtzeitanwendungen kabellos mittels modernster 5G-Mobilfunktechnik erlaubt. Über ein handelsübliches Nullpunktspann­system und eine Roboterkupplung kann es im Bear­beitungszentrum wiederholgenau positioniert und von Robotersystemen gehandhabt werden. Der smarte 5G-Maschinenschraubstock nutzt die vielfältigen Möglich­keiten eines 5G-Standalone-Campus-Netzwerks, wie es an der TU Wien europaweit erstmals realisiert wurde.

Die breite Erprobung des Systems unter realen Bedin­gungen wird nach Angaben von Allmatic mit ausgewählten Industriepartnern durch­geführt. Der Einsatz dieses Systems führt sowohl zur Re­duktion von Stillstandszeiten und Produktionsausschuss als auch zu umfassenden Möglichkeiten für Prozessoptimierung und Predictive Maintenance – dies gilt für die halbautomatisierte Lohnfertigung geringer Stückzahlen ebenso wie für die hochautomatisierte flexible Fertigungsstraße mit 3-Schicht-Betrieb.

Das Potenzial des Maschinenschraubstocks

Was ist aber mit dem weltweit ersten autonomen Maschinenschraubstock mit 5G-Intergration (eMBB, mMTC, uRLLC) möglich? Allmatic verspricht damit nicht nur die Auswertung und Nutzung der erfassten Betriebsdaten mittels Machine Learning für die Prozessregelung in Echtzeit. Das System gewährleistet zudem in jedem Augenblick maximale Schnittgeschwindigkeit und Vorschub; über die 5G-Schnittstelle des Maschinenschraub­stocks sind darüber hinaus zusätzliche Sensoren integrierbar, die weitere Betriebsparameter für die Prozessautomatisierung erfassen, wie etwa Schallpegel, Temperaturen, Schwingungen (Rattern), Positionserfassung. Letztlich lassen sich Fehlerquellen, Ausschuss sowie Stillstandszeiten reduzieren und automatisch die Spannkraft regeln. Akkubetrieben empfiehlt Allmatic den Autoclamp 5G bereits mit kontaktloser Wiederaufladung für autonomen 3-Schichtbetrieb. Das Spannsystem ist zudem kompatibel mit dem Nullpunktspannsystem aller Hersteller und ist nach Angaben von Allmatic ausgestattet mit Roboterkupplung zur autonomen Handhabung.

Erste Produktionshalle mit 5G-Standalone-Campusnetz

Die TU Wien verfügt über die erste Produktionshalle Europas, berichtet Allmatic, die flächendeckend mit einem privaten 5G-Standalone-Campusnetz ausgestattet ist. Diese Infrastruktur und die sehr positiven Erfahrungen mit der ersten smarten 5G-Komponente für die Industrie 4.0 können Industriepartnern für die Entwicklung und Erprobung eigener smarter 5G-Komponenten im Rahmen gemeinsamer Projekte zur Verfügung gestellt werden.

Mit Clamp Assist Spannkraft direkt in der Spindel überwachen

Weiteres Highlight auf der AMB war der Telesense 125, der mit dem neuen ClampAssist ausgestattet ist. Mit der Neuauflage des ClampAssists verspricht Allmatic, dass die Spannkraft direkt in der Spindel konstant überwacht wird. So wird für eine sichere Spannung gesorgt – mit hoher Wiederholgenauigkeit über den gesamten Bearbeitungsprozess, betonen die Experten des Spanntechnikherstellers. Im Detail wird die aktuelle Spannkraft in der vollgekapselten Hochdruckspindel mittels integriertem, elektronischem Mess-System erfasst. Sie kann direkt am Spanner auf einem Display abgelesen und gleichzeitig kabellos an einen Industrieempfänger übergeben werden. Je nach Umgebungsbedingungen, wird eine Sendeweite von bis zu 20 m erreicht. Verfügbar ist der Titan 2 ClampAssist in den Baugrößen 125 M/L und 160.

Druckkräfte überprüfen

Grundsätzlich empfiehlt Allmatic, den Spanndruck der Spindel regelmäßig zu überprüfen. Hierfür stellt Allmatic nun eine eigene Kraftmessdose vor. Diese zeigt die Spannkraft sicher und zuverlässig direkt auf dem integrierten Display oder auf einem Endgerät an. Zusätzlich lassen sich Messprotokolle dokumentieren und archivieren. Zur Anzeige auf einem Endgerät sind lediglich ein Ethernet-Port sowie ein Windows-Betriebssystem nötig. Die elektrische Kraftmessdose findet in vielen Bereichen Anwendung und ist flexibel einsetzbar, betont Allmatic. Sie ist für alle Anwendungen interessant, bei denen Druckkraft bis zu 100 kN überprüft werden soll und dabei ein kabelgebundenes Gerät nicht oder nur umständlich einsetzbar ist.

Integration der Messtechnik in andere Produkte

Die Technik hinter einem überwachten Schraubstock und einer Kraftmessdose ist zudem adaptierbar auf viele weitere Gebiete. Sie kann beispielsweise auch direkt in Spannbacken verbaut oder sogar als Unterleg-Scheiben verwendet werden. Mit einer sehr hohen Genauigkeit lassen sich Druckkräfte unterschiedlichster Art über die Messcheiben kontrollieren. Dabei sind die Scheiben - vergleichbar klein wie eine 1€-Münze - in drei verschiedenen Ausführungen verfügbar: M12 (5t), M16 (10t) und M20 (20t). Messungen sind bei einer Betriebstemperatur von -20 bis +70 °C möglich, außerdem ist das Gehäuse sehr robust und wasserfest. Der gemeinsame Nenner Für alle Überwachungsgeräte lässt sich eine einheitliche Software nutzen. Bis zu vier Signale aus verschiedenen Geräten können mit der windowsbasierten Software gleichzeitig überwacht werden. So haben Unternehmen ihre verschiedenen Spannkräfte immer im Blick.

Teilehandling in einer Minute eingestellt

Der Allmatic Robo-Buddy ist eine Schraubereinheit zur Automatisierung klassischer, über eine Spindel angetriebener Spannmittel. Hierbei ist es möglich, die Backen vorzupositionieren, um unterschiedliche Rohteilgrößen anschließend zu spannen. Die Entwicklung, welche in Kooperation mit Tensorik erfolgt, zielt auf eine Kompatibilität zu sämtlichen Allmatic-Schraubstöcken ab, um auch bereits bestehende Spanner in Automatisierungsanlagen einsetzen zu können. Hierzu ist ein Nenndrehmoment von 100 Nm das Ziel der abschließenden Entwicklungsschritte. Die als Komplettlösung angebotenen Flexbot Automatisierungsanlagen der Tensorik GmbH, auf welcher der Robo-Buddy der Firma Allmatic erstmals in Aktion gezeigt wurde, sind unter anderem durch dessen Einsatz somit in der Lage auch kleinste Stückzahlen automatisiert der Fertigungsmaschine zu beladen, ohne dass die Spanner vorher manuell durch den Werker für die unterschiedlichen Werkstückgrößen angepasst werden müssen.

„Highlight des hier gezeigten Flexbots ist das sehr schnelle Neueinrichten des Teilehandlings, das für ein großes Teilespektrum mithilfe unserer Bedienoberfläche innerhalb nur einer Minute erfolgt", betont Reinhard Schweiger. Die sehr flexible Lösung, so der Tensorik-Geschäftsführer, erspart dabei viele unnötige Arbeitsschritte beim Automatisieren, wie das Teachen der Teilepositionen oder manuelle Wechseln der Greifbacken. „Wir haben unseren Greifer so implementiert, dass er für Kleine als auch große Teile automatisch vorpositioniert." Die Maximalgewichte der Teile dürfen je nach Doppel- oder Einzelgreifer bei der gezeigten kleinen Roboterausbaustufe der Automatisierung rund 7 kg betragen. „Diese flexible Vorpositionierung des Greifers am Roboter haben wir nun mit dem Robo-Buddy von Allmatic auch auf den Spanner in der Fräsmaschine gebracht. Dadurch erhöhen wir die Flexibilität enorm und konnten einen weiteren manuellen Schritt im Einrichtungsprozess für unsere Automatisierungsanlagen einsparen" betont Reinhard Schweiger, vor allem, weil damit eben die unterschiedlichsten Teile in kürzester Zeit sicher und präzise in der Werkzeugmaschine platziert werden können.

Auf der AMB präsentierte Tensorik am Allmatic-Stand in Halle 1 erstmals die Flexbot-Lösung, die auf der Messe abwechselnd unterschiedlich große Demoteile in einen CentroLite 68M von Allmatic ablegte, um sie anschließend mit dem Robo-Buddy zu spannen. Diese Flexibilität des Spanners, so Reinhard Schweiger, sei eben ideal für schnell eingerichtete und ohne weiteren Personaleinsatz betriebene Maschinenbe- und entladung. Die Maschinenbediener können somit in der Präsenzschicht viele andere Tätigkeiten ausführen und Maschinen bedienen, während in einer Geisterschicht noch weiter produziert werden kann.

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Neue Automatisierungslösung von Tensorik: Der RoboBuddy ist schnell eingerichtet und intuitiv zu bedienen. „Ideal also für die mannlose Maschinenbe- und -entladung rund um die Uhr“, verspricht Geschäftsführer Reinhard Schweiger.
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Neue Automatisierungslösung von Tensorik auf dem AMB-Stand von Allmatic: Der Robo-Buddy ist sehr schnell eingerichtet und soll schon in der kleinsten Ausführung bis zu 100 Nm Drehmoment bringen.