Foto: Rüdiger Kroh

THEMA DER WOCHE 32/2022

Die Weichen sind auf weiteres Wachstum gestellt

Einen Umsatz von 300 Mio. EUR hat Dr.-Ing. Stefan Hansch, Geschäftsführer der Emco-Gruppe, im Visier. Für dieses Ziel wird gerade die Produktion neu strukturiert.

Bei Emco kann im Jubiläumsjahr zuversichtlich in die Zukunft geblickt werden. Im Interview berichtet Dr.-Ing. Stefan Hansch, Geschäftsführer der Emco-Gruppe, über die aktuelle Auftragslage und die Wachstumsziele. Die sehr breite Produktpalette bleibt dabei die Basis, um zahlreiche Anwendungen und Branchen bedienen zu können.

Herr Dr. Hansch, Emco feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Was zeichnet das Unternehmen innerhalb der Werkzeugmaschinenbranche aus?

Hansch: Emco ist im Prinzip ein Mittelständler. Wir bewegen uns bei einem Umsatz von rund 200 Mio. EUR. Unsere sehr breite Produktpalette im Drehen und Fräsen reicht von Ausbildungsmaschinen über große Drehzentren mit 6 m Spitzenweite bis hin zu Portalfräswerken mit 30 m Verfahrweg – das ist schon ein nicht alltägliches Angebot. Neben den Produkten bieten wir auch die zugehörigen Technologien an – vom einfachen Drehen bis hin zur 5-Achs-Technologie. Damit können wir viele Kundenanwendungen bedienen und sind deshalb in der breiten Industrie zuhause. Nur die direkte Automobilindustrie liegt nicht in unserem Fokus.  

Ist dieses breite Produktspektrum immer von Vorteil oder kann es auch zu Problemen führen?

Hansch: Es ist Fluch und Segen zugleich. Der Segen ist, dass wir breite Anwendungsgebiete abdecken und so Krisen besser überstehen können. Auf der anderen Seite haben wir auch die Aufgabe unser Produktprogramm immer aktuell zu halten und entsprechende technologische Lösungen anzubieten. Aber diese Vielfalt gehört zu unserer Strategie und wir leben gut damit. Daher gibt es keinen Grund, etwas daran zu ändern.

Für das Geschäftsjahr 2021/22 hat Emco ein Umsatzplus von 24 % ausgewiesen. Wie ist ihre Einschätzung für das laufende Geschäftsjahr?

Hansch: Wir haben im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 179 Mio. EUR gemacht und sind auf dem Weg in Richtung 200 Mio. Nach zwei Jahren des Rückgangs haben wir aktuell einen sehr guten Auftragseingang, der seit einigen Monaten schon wieder auf Vorkrisenniveau ist. Wir planen daher im Geschäftsjahr 2022/23 mit einer Steigerung von 20 % wieder auf über 200 Mio. EUR Umsatz zu kommen. Die Weichen sind bei uns auf weiteres Wachstum gestellt und bremsen können uns dabei nicht fehlende Aufträge, sondern nur die Lieferkettenprobleme.

Sie sprechen die Lieferkettenproblematik an. Wie massiv ist Emco davon betroffen?

Hansch: Das Thema hat uns schon Schmerzen bereitet. Vor allem bei Elektronikkomponenten ist es kritisch. Entsprechend haben sich die Lieferzeiten bei unserer Maschinen nahezu verdoppelt. Wir sind derzeit bei etwa 20 Wochen. Nicht zu sprechen von steigenden Kosten für das Material, aber auch für Energie und Gehälter.

Wenn Sie auf den Globus schauen: Welche Regionen sind für Emco besonders wichtig?

Hansch: Wir sind am stärksten in Europa mit einem Umsatzanteil von etwa 60 % – und das wird auch so bleiben. Inzwischen haben wir eigene Vertriebstöchter in Polen und der Schweiz und werden dieses Netz weiter ausbauen. Wir wachsen auch in den USA und in Mexiko. Ein Hauptfokus wird es sein, unseren Anteil dort weiter zu steigern. In China sind wir ebenfalls erfolgreich, hier bin ich für die Zukunft aber etwas vorsichtig. Den Markt in Indien beobachten wir und sind mit einer eigenen Vertriebsgesellschaft bestens gerüstet.

Wie verteilt sich der Umsatz nach den Bereichen Drehen und Fräsen und wo läuft es besser?

Hansch: Der Drehsektor ist immer noch größer und macht etwa 60 % des Umsatzes aus. Wir wachsen aber vor allem bei den Fräsmaschinen sehr stark. Beim Drehen legen wir auch zu, aber nicht in gleichem Umfang. In beiden Segmenten sind es insbesondere die großen Maschinen, die nachgefragt werden. Der mittlere und kleine Bereich ist stabil.

Es ist also nach wie vor so, dass Emco bei den meisten Anwendern für das Drehen steht?

Hansch: Ja, das ist vielfach so. Wir sind noch auf dem Weg dahin, dass die Kunden bei Emco gleichermaßen ans Drehen und Fräsen denken. Hier haben wir noch eine interessante Aufgabe vor uns, die wir bereits zum jetzigen Zeitpunkt technologisch beherrschen.

Wie erfolgreich sind ihre Bemühungen bei Großunternehmen Fuß zu fassen?

Hansch: Auch hier finden bereits unsere Technologien großes Interesse. Wir haben inzwischen eine höhere Akzeptanz bei großen, internationalen Unternehmen. Diese Kunden gehen wir mit einer eigenen Key-Account-Mannschaft gezielt an. Unser Hauptabnehmerkreis bleiben aber die kleinen und mittleren Unternehmen.

Welche Kriterien sind für diese Kundenklientel wichtig?

Hansch: Große Kunden brauchen die Maschine und die Technologie, daher haben wir unsere Aktivitäten hinsichtlich der technologischen Durchdringung unser Produkte verstärkt. Der zweite Punkt ist die Automation, wobei dieses Thema genauso auf kleine und mittlere Betriebe zutrifft. Derzeit verfolgen viele Unternehmen die Philosophie, die Maschine tagsüber mit Bediener zu betreiben und sie danach in der zweiten Schicht automatisiert laufen zu lassen. Dieser Trend ist aktuell in erster Linien dem Fachkräftemangel geschuldet.

Bietet Emco eigene Automatisierungslösungen an?

Hansch: Die Projektierung machen wir mit unserem Automationsteam im eigenen Haus, die Komponenten kaufen wir bei Partnern zu. Wir beraten den Kunden, was bei seinem Teilespektrum die beste Lösung ist und liefern ihm dann die komplette Automatisierungslösung. Derzeit befinden wir uns in der Umsetzungsphase für eigene, modular aufgebaute Automationszellen. Auf der EMO 2023 in Hannover wird Emco dazu erste Produkte für Drehmaschinen und kleine Fräsmaschinen zeigen.

Wo Sie schon das Thema Messen ansprechen. Was kann der Besucher auf der AMB in Stuttgart am Emco-Stand erwarten?

Hansch: Wir werden neue Maschinen ausstellen, eine davon ist eine weiterentwickelte Hyperturn 65 Powermill. Sie verfügt über zwei untere Werkzeugsysteme und hat oben eine B-Achse. Diese Konstellation gab es bislang nicht bei Emco. Das Drehzentrum eignet sich damit besonders zur Wellenbearbeitung für die E-Mobilität oder auch zum Verzahnungsfräsen.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft. Wohin soll sich Emco in den nächsten Jahren entwickeln?

Hansch: Emco muss wachsen, um eine gewisse Größe zu erreichen. Wir streben im nächsten Schritt die 300 Mio. EUR beim Umsatz an und können dieses Ziel in zwei bis drei Jahren schaffen. Die Weichen dafür sind entsprechend gestellt.

Was bedeutet dies für ihre Produktion?

Hansch: Wir müssen in die Produktion an unseren fünf europäischen Standorten investieren und da gibt es bereits Pläne. So haben wir bei Emco Famup im italienischen Pordenone das Nachbargrundstück mit Halle für eine Produktionserweiterung erworben. Dort stehen jetzt weitere 2.235 m² Produktionsfläche und 270 m² Bürofläche bereit. Wir sind gerade dabei, die Produktion neu zu strukturieren und in diesem Rahmen wird es auch Verschiebungen geben. Die Flächen und Kapazitäten für unsere Wachstumsstrategie sind aber alle schon vorhanden, sodass wir keinen neuen Produktionsstandort benötigen.

Und welche Maßnahmen zur Kapazitätserweiterung planen Sie?

Hansch: Wir gehen von einem gleichmäßigen Wachstum in allen Produkten aus, sodass alle Standorte ihren Beitrag dazu leisten müssen. Allein durch Produktivitätserhöhungen und eine verbesserte Arbeitsorganisation sind im ersten Schritt schon 15 bis 20 % Steigerung drin. Ein wesentlicher Punkt in dem gesamten Prozess ist die Digitalisierung, angefangen beim digitalen Zwilling über digitale Produkte bis zur Auslieferung. Auch hier sind wir gerade dabei, die Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen.

Foto: Rüdiger Kroh Mit der breiten Produktpalette kann  Emco ein großes Teilespektrum bedienen. 
Foto: Rüdiger Kroh Eine Weiterentwicklung der Hyperturn 65 Powermill wird Emco auf der AMB präsentieren. 
Foto: Rüdiger Kroh In Wendlingen bei Stuttgart hat Emco seit 2020 ein Technologiezentrum. 
Foto: Rüdiger Kroh „Wir streben im nächsten Schritt die 300 Mio. Euro beim Umsatz an und können dieses Ziel in zwei bis drei Jahren schaffen“, sagt Emco-CEO Dr. Stefan Hansch.