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Werkzeugmaschinen

Ultraschall-Entgratungsanlage für Metalle 

Die Ultraschall-Entgratungsanlage der Ultratec Anlagentechnik Münz GmbH ermöglicht berührungsloses Entgraten von Metallen im industriellen Maßstab.

Der Ultratec Anlagentechnik Münz GmbH ist es gelungen, serienreife Bearbeitungsanlagen zu entwickeln, die Metallgrate und abstehende Fasern völlig kontaktlos mit Ultraschall entfernen. Dabei wird das Bauteil in einem Prozesswasserbecken mithilfe eines flexiblen Roboterarms entlang einer Sonotrode geführt, die Schwingungen und Wellen erzeugt, wodurch sich die Grate ablösen. So werden selbst innenliegende Grate oder Ausformungen an den Rändern bei Kreuzbohrungen mit einem Durchmesser von lediglich 0,1 mm materialschonend abgetragen. Dadurch sind die Maschinen ideal für Präzisionsbauteile mit anspruchsvollen Geometrien oder sensiblen Oberflächen geeignet. Die Anlagen sind dank verschiedener Ausführungen auf die effiziente und wirtschaftliche Bearbeitung unterschiedlicher Bauteilmengen und -maße nach aktuellen Industrie 4.0-Standards ausgelegt. Mit maximal 6 kVA haben die Anlagen einen vergleichsweise geringen Strombedarf für den Betrieb.

Für Metalle, Titan- und Nickelbasislegierungen bis hin zu Messing

„Insbesondere bei Präzisionsbauteilen oder sehr kleinen Komponenten sowie bei speziellen Legierungen kann man nicht jedes Entgratverfahren gleichermaßen verwenden“, berichtet Dieter Münz, Geschäftsführer der Ultratec Anlagentechnik Münz GmbH. So führt das thermische Entgraten durch das Abbrennen der Grate beispielsweise zu Verfärbungen und Änderungen der Oxidschicht. Der beim Gleitschleifen eingesetzte Schleifkörper wiederum erreicht nicht alle Stellen bei anspruchsvollen Geometrien aufgrund der eigenen Form. Auch elektrochemische Verfahren sind für viele kleine Bauteile ausgeschlossen, da diese einen nicht definierbaren Materialabtrag am Bauteil bewirken. Das Hochdruckwasserstrahlen wiederum beansprucht einen hohen Energie- und Vorrüstaufwand. Mit den Ultraschallentgratanlagen von Ultratec stellen Faktoren wie Geometrie oder Material hingegen kaum Einschränkung mehr dar, da das Verfahren berührungslos und somit materialschonend arbeitet. Durch indirekte Ultraschall-Bestrahlung und das Erzeugen von Rayleighwellen (Oberflächen-Erdbebenwellen) lassen sich auch innenliegende Kanten und kleinste Durchgänge problemlos entgraten. „Der Prozess hat keine Auswirkungen auf die Festigkeit des Bauteils, die Oberflächenstruktur bleibt unverändert und bei glatten Oberflächen gibt es keinen Materialabtrag“, so Münz. Neben den gängigen Metallen sind auch verschiedene Titan- und Nickelbasislegierungen bis hin zu Messing und faserverstärkten Kunststoffen für die Bearbeitung geeignet. Je nach Konfiguration lassen sich Losgrößen von 100 bis 1 Mio. validierbar und reproduzierbar, hochpräzise sowie punktuell entgraten.

Schonend mit Ultraschall entgraten

Herzstück der Anlage bildet ein Prozesswasserbecken aus hochwertigem Edelstahl mit Füllstands- und Temperaturüberwachung sowie einer oder mehrerer Ultraschallsonotroden. „Das Bauteil wird mit einem 6-Achs- Industrieroboter in das Prozesswasserbecken getaucht und entlang der Sonotrode geführt, die wir mit 20 kHz anregen“, erläutert Münz das zugrundeliegende Prinzip. „Mit 20.000 Mikroschwingungen pro Sekunde werden Longitudinalwellen und Kavitation im Wasser erzeugt, die wiederum einen Kavitationsjet hervorrufen. Wird das Bauteil nun entlang dieses Jets geführt, brechen die Grate nach einer kurzen Zeit ab.“ Der Jet erreicht dabei Strömungsstärken, die denjenigen vom Hochdruckwasserstrahlentgraten in nichts nachstehen, benötigt bei einer Maximalstromaufnahme von 6 kW und einem jährlichen Verbrauch zwischen 4.000 und 6.000 kWh allerdings weit weniger Energie. Im Vergleich dazu liegt der Verbrauch von klassischen Verfahren um rund das 20-fache höher, was das Verfahren wirtschaftlicher macht. Unterstützt wird die Wirtschaftlichkeit der 24/7-tauglichen Entgratanlagen durch die integrierte Wasseraufbereitung, welche das Prozesswasser über die angeschlossenen Partikelfilter und Wärmetauscher im Kreislauf im optimalen Zustand hält. Die hohe Präzision beim Abtragen der Grate entsteht aus der geschickten Verbindung von Ultraschall und flexibler Bewegungsführung. Denn der hochwertige 6-Achs-Roboter kann wahlweise je nach Maschinentyp das Bauteil entlang der Sonotrode oder letztere an der zu entgratenden Kante entlang führen. „Der Bediener muss lediglich die entsprechende Step-Datei laden und die gewünschte Bewegungsfolge auswählen. Den Rest erledigt die Anlage in kurzer Zeit“, so Münz. Die Kombination aus berührungslosem Prozess und großer Flexibilität in der Bewegung machen das Verfahren zu einer idealen Lösung für Präzisionsbauteile mit scharfen Kanten und verschieden großen Fasen auf engstem Raum. An einem digitalen Zwilling kann der Fertigungsprozess vorsimuliert und überwacht werden, sodass sich auch neue Bauteile bedenkenlos bearbeiten lassen.

Anlagen im Industrie 4.0-Standard

„Die Ultraschallentgratanlagen sind ganz im Sinne der Industrie 4.0 konzipiert, damit eine zukunftsfähige Einbindung in die kundeneigenen Produktionsabläufe sichergestellt ist“, erläutert Münz. Eine hochwertige Siemensumgebung inklusive Fernwartungsmodul gewährleistet nicht nur eine Offline-Programmierung, sondern ermöglicht auch eine tiefgreifende und schnelle Störungsbehebung ohne teuren Serviceeinsatz. Darüber hinaus lässt sich jederzeit per Fernzugriff auf die Maschinen aufschalten, um Anpassungen in der Programmierung vorzunehmen. Zudem können über ein CAM einzelne Programme bearbeitet und wieder aufgespielt werden, um beispielsweise den Bewegungsablauf für neue Geometrien zu definieren.  Dank der offenen Programmierumgebung lassen sich auch zusätzliche Qualitätskontrollkomponenten wie Lasermesssensoren oder spezielle Beschickungsvorrichtungen problemlos ergänzen. „Im Endeffekt sind hier keine Grenzen gesetzt. Bei gewissen Bauteilen wie z.B. geschliffenen Ventilschiebern wird auch keine zusätzliche Endreinigungsanlage benötigt, da die Bauteile nach unserem Entgratprozess so sauber sind, dass dieser Schritt eingespart und so die gesamte Prozesskette verschlankt werden kann“, ergänzt Münz abschließend.

ak