Foto: Mazak

Automatisierungstechnik

Steuerungstechnik: Wo die Zukunft bereits Realität ist

Beim Fertigungsbetrieb Kastner & Seitz ist die Fabrik der Zukunft bereits Realität. Mazak-Maschinen sorgen mit ihrer Steuerungstechnik dafür.

Wie Mazak-Steuerungstechnik bei der Umsetzung der Fabrik der Zukunft hilft: Gerade einmal 26 Jahre alt war Jürgen Seitz, als er 1993 eine folgenschwere Entscheidung zu treffen hatte. Sein Arbeitgeber war dem Druck der Rezession nicht gewachsen und stand vor dem Aus. Der junge Zerspanungsmeister nahm gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Peter Kastner die Herausforderung an, den bestehenden Großauftrag eines namhaften Herstellers von Standheizungen in einer neu zu gründenden Firma weiterzuführen. Das alte Unternehmen hatte das Produkt mit entwickelt, das Know-how, auch für die Bearbeitungsschritte, war daher vorhanden. Zwei aus der Konkursmasse gelöste Mazak-Maschinen bildeten den Maschinenpark der jungen Kastner & Seitz GmbH in Wadlhausen bei München.

Erfolg kommt - Mazak bleibt

Der Erfolg kam schnell. Bereits 1996 brauchte man für die wachsenden Aufträge von Unternehmen in der Halbleiterindustrie nicht nur mehr Platz, sondern auch weitere Maschinen. Die erneute Entscheidung für Mazak fiel leicht. Die Kombination aus leistungsstarken, präzisen Maschinen und einfach zu bedienenden Steuerungen hatte längst überzeugt. Insgesamt 38 Mazak-Maschinen sollten es im Lauf der Jahre werden, 14 davon sind heute immer noch im Einsatz. „Man kann sagen, dass wir mit Mazak groß geworden sind“, sagt Jürgen Seitz. „Die Maschinen sind nicht nur sehr präzise, sondern auch sehr langlebig und der Service ist schlichtweg super, wenn er denn überhaupt gebraucht wird.“

Foto: Mazak
Die drei Geschäftsführer der Kastner & Seitz GmbH (v. li.): Peter Kastner, Martin Kastner und Jürgen Seitz.

Hohe Präzision von Stückzahl 1 an

Mit 24 Mitarbeitern werden bei Kastner & Seitz heute im Drei-Schicht-Betrieb Frästeile in Einzel- und Kleinserien für Branchen wie die Luft- und Raumfahrt, die Halbleiter- und Elektronikindustrie sowie den allgemeinen Maschinenbau gefertigt. Bearbeitet werden Aluminium, Stahlguss, Kupfer und Kunststoff sowie Verbundwerkstoffe, aber auch Silber, das besonders in der Medizintechnik aufgrund seiner Leitfähigkeit und antiseptischen Eigenschaften eingesetzt wird. „Es gibt kein Material, das wir nicht zerspanen können“, sagt Seitz. „Und zwar in höchster Präzision von Stückzahl 1 an.“ Um diese Flexibilität langfristig zu sichern, hat man bei Kastner & Seitz gleich das ganze Unternehmen – Einkauf, Materialbeschaffung, Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Werkzeugverwaltung und Messtechnik – in hohem Maße automatisiert und digitalisiert. Dabei hatte man eine klare Vision davon, wie die Implementierung vonstatten gehen sollte. Der Weg war trotzdem nicht ganz einfach. „Wir wollten ein durchgängiges Konzept, das von der Bearbeitungsmaschine bis zum Lieferanten kommuniziert“, sagt Seitz.

Neuorganisation geht nur mit Mitarbeitern

Zunächst war jedoch eines klar: In die Neuorganisation mussten auch die Mitarbeiter eingebunden werden. „Jedem Mitarbeiter müssen zu jedem Zeitpunkt genau die Informationen und Mittel vorliegen, die er für seine Arbeit braucht“, so der Geschäftsführer. Um lange Wege innerhalb der Firma zu vermeiden, wurde daher jeder Maschinenarbeitsplatz mit einem Computer-Terminal ausgestattet, über das der Mitarbeiter mit dem Netzwerk verbunden ist und dadurch immer auf den aktuellen Stand der Daten zugreifen kann. Die Erstellung von digitalen Arbeitsplänen, die alle Angaben zu Maschinen, Werkzeugen und Vorrichtungen enthalten, bildet ein Kernstück des neuen Konzepts. Alle in der Fertigung befindlichen Maschinen wurden dafür zunächst in das Firmennetzwerk eingebunden.

Video: Yamazaki Mazak

Messmaschinen eingebunden

Auch die Messmaschinen wurden ins Netzwerk mit eingebunden. Das spart einerseits das Ausdrucken der Messergebnisse und bildet damit einen weiteren Schritt Richtung Digitalisierung. Zum anderen können die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz die Messergebnisse einsehen und gegebenenfalls Korrekturen direkt an der Maschinensteuerung vornehmen.

Bilddatei von jedem Werkzeug hinterlegt

Die Werkzeuge wurden ebenfalls digital erfasst. Seitz erläutert: „Wir verwalten für unsere Maschinen 4.000 komplette Werkzeuge über ein ID-Nummernsystem. Wir vermeiden damit, dass es sehr viele gleiche oder sehr teure Werkzeuge mehrfach im Unternehmen gibt. Dadurch sind wir in der Lage, sehr ressourcenschonend zu arbeiten. Zusätzlich zu den jeweiligen Spezifikationen wie Länge und Durchmesser ist für eine schnelle Identifikation eine Bilddatei eines jeden Werkzeugs eingespeist. Wir können nun mit einem Klick feststellen, wie viele Werkzeuge eines Typs vorrätig sind, welche wir für die Bearbeitung eines Werkstücks an der Maschine brauchen und können diese dann dort bereitstellen. Bei Neuteilen haben wir den Vorteil, über Filter zunächst bestehende Werkzeuge mit den Ist-Daten aus unserem Werkzeugmanagementsystem ins CAD zu laden. Mit unserem Werkzeugmanagement in Verbindung mit unseren großen Werkzeugmagazinen, dem Mazak Tool Hive mit 340 Werkzeugen, haben wir beim Rüsten neuer Arbeiten einen riesigen Zeitvorteil.“

Drei Säulen des digitalen Konzepts

Die Säulen des digitalen Konzepts sind das ERP-System der D4 Software GmbH, die Software X-MSK von XEN Soft für Informationen zu Werkstück, Werkzeug, Vorrichtung, Aufspannplan und Messprotokoll sowie das Werkzeugausgabesystem Tool 24 der Hoffmann Group. Die gesamte IT-Infrastruktur wird von Peter Kastners Sohn Martin, ebenfalls Geschäftsführer bei Kastner & Seitz, betreut. „Als Systemadministrator ist er ein Glücksfall für uns“, sagt Seitz. „Ein kleines Unternehmen wie unseres hätte sich die Kosten für einen externen Administrator kaum leisten können.“

Mit Roboterzelle automatisiert

Die Automatisierung der Maschinen erfolgt je nach Typ entweder durch Roboterbeladung oder durch ein von Mazak entwickeltes Palettenwechselsystem. Bereits 2014 hatte man das erste von heute drei Mazak-5-Achs-Bearbeitungszentren Variaxis J-600 mit einer Roboterzelle automatisiert.

Foto: Mazak
Das Mazak-Tool-Hive-Werkzeugmagazin fasst bis zu 500 Werkzeuge für unterschiedliche Bearbeitungen.

Werkzeugvielfalt kann abgedeckt werden

Ein Werkzeugspeicher mit 256 Plätzen sorgt dafür, dass auch bei großer Teilevielfalt das jeweils benötigte Werkzeug an der Maschine zur Verfügung steht. Ein 6-Achs-Roboter bestückt einen Rundteller, aus dem die Werkzeuge in die Spindel eingewechselt werden. Das Be- und Entladen der Werkstücke übernimmt der 4-Achs-Beladeroboter Zerobot des Spanntechnikspezialisten Zero Clamp. Im Palettenspeicher stehen die für den Produktionszyklus benötigten Werkstücke auf Nullpunktspannsystemen bereit. Dadurch werden einerseits die Rüstzeiten reduziert, gleichzeitig verschafft man sich die nötige Flexibilität, um Sonderaufträge schnell in die Bearbeitung nehmen zu können. Das Nullpunktspannsystem sorgt selbst bei Wiederaufnahme einer unterbrochenen Bearbeitung für hohe Wiederholgenauigkeiten.

Automatisierung für mannlose Fertigung

Die Mazak-HCN-5000-Maschinen sind bei Kastner & Seitz mit einer Palletech Manufacturing Cell automatisiert. Diese erlaubt die mannlose Fertigung mit einem auf der gleichen Ebene angeordneten Palettenlader mit einer Kapazität von sechs Palettenplätzen und einer Ladestation. Bis zu 15 Maschinen mit dann insgesamt 240 Paletten und acht Ladestationen können mit diesem System verkettet werden. Die Palletech-Systeme erlauben aufgrund ihres modularen Aufbaus und der großen Erweiterbarkeit auch unter den Bedingungen einer hoch flexibilisierten Großserienproduktion eine starke Individualisierung der Werkstücke von Losgröße 1 an.

Mazak-Smooth steuert alle Systeme

Alle Automatisierungssysteme werden über die Mazak-Smooth-Steuerung gesteuert, die über die Software Smooth MPP verfügt. Diese vereinfacht die Auftragsterminierung und ermöglicht die schnelle Analyse der Produktionsergebnisse sowie eine effizientere Systemauslastung. Ein weiteres Plus: Auf die Daten kann jederzeit auch von extern aus zugegriffen werden.

Foto: Mazak
Die 5-Achsbearbeitungszentren Variaxis können bei Bedarf dank Nullpunktspannsystem auch manuell gerüstet werden.

Vorbildcharakter der Factory 4.0

Die bei Kastner & Seitz verwirklichte Factory 4.0 samt Steuerungstechnik hat Vorbildcharakter. Für die Umsetzung der Smart Factory spielte allerdings die Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen eine wesentliche Rolle. „Ohne die Schnittstellenlösungen, die unsere Partner für unsere Unternehmensabläufe gemeinsam ausgearbeitet haben, wäre die digitale Kette von der Maschine bis zum Lieferanten nicht zu verwirklichen gewesen“, lautet denn auch das Fazit von Jürgen Seitz.

cd