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CAD + CAM

So funktioniert richtiges Datenmanagement

Rüst- und Nebenzeiten um bis 75% verkürzen? Wie das mit der zentralen Datenplattform von Coscom gelingt, beweist der Präzisionsteilehersteller Stromag.

Die Stromag GmbH setzt auf eine standardisierte, zentrale Datenbank auf Basis der Plattformtechnologie der Coscom Computer GmbH. Das Ergebnis ist unter anderem eine bemerkenswerte Reduktion von Fehlerquellen und Rüstzeiten sowie die Steigerung der Kundenzufriedenheit. Gut 800 Aufträge im Monat auf Werkzeugmaschinen, die bei der Stromag GmbH in Unna täglich durchschnittlich fünf Mal umgerüstet werden. Unermüdliche Prozessoptimierungen sind dafür verantwortlich, dass der 1932 gegründete Betrieb auch heute noch zu den weltweit gefragten Zulieferern von schaltbaren Kupplungen und Bremsen, Industriescheibenbremsen, hochelastischen Kupplungen, Lamellenkupplungen sowie Getriebe-Nocken-Endschaltern zählt.

Software und Datenmanagement aus Ebersberg seit 1999

Frühzeitig hat man die Zeichen der aufkommenden Digitalisierungsbewegung erkannt und vertraut bereits seit 1999 auf Softwarelösungen der Coscom Computer GmbH aus Ebersberg bei München. Zunächst wurde das integrierte CAD/CAM-System Proficam VM und im Jahr 2002 zum Übertragen der NC-Daten an die Werkzeugmaschinen Coscom WLAN DNC eingeführt. Später dann der Tool- und Factory-Director VM für die digitale Datenverwaltung. Es wurde die Losung ausgegeben, die auch heute noch Bestand hat: Ein Systemanbieter, ein integriertes System auf der Basis einer zentralen Datenplattform. Fünf Jahre später begann der weitere Ausbau der Coscom-Installation, zunächst auf der Basis von Customizing. Inzwischen liegt eine konsistente Shopfloor-Infrastrukturlösung für Werkzeug- und Fertigungsdaten vor, die dem Standard des Systemanbieters ohne wenn und aber folgt.

Marko Rosenthal: "Wichtig für uns war bei der Auswahl, ein offenes CAM-System einzuführen"

„Wir stellen einen sehr hohen Anteil an kundenindividuellen Teilen her. Bei uns sind fünf identische Teile schon fast eine „Serie“, erklärt Marko Rosenthal, zuständig für CAM-Programmierung beim renommierten Zulieferer. Rosenthal weist damit auf den hohen Engineering-to-Order-Anteil bei der Auftragsabwicklung hin. Dies bedinge, so der Experte weiter, eine enge Abstimmung zwischen Entwicklung und Arbeitsvorbereitung, was durch die eng verzahnte CAD/CAM-Prozesskette zum Ausdruck kommt. Es wird bevorzugt gedreht, weil neun von zehn Bauteilen rotationssymmetrisch sind. Marko Rosenthal ruft sich die Zeit vor 1999 ins Gedächtnis: „Wichtig für uns war bei der Auswahl, ein offenes CAM-System einzuführen, bei dem wir selbst Anpassungen durchführen können, um die Prozesse im Laufe der Zeit weiter zu optimieren.“

Mit Solid Edge werden 3D-Modelle auf Nennmaß konstruiert

So habe man sich umfassende Kenntnisse mit Coscom im NC-Joker angeeignet, der dazu dient, nach der Programmierung mit Proficam VM für die einzelnen Maschinen und deren individuelle Kinematik das passende und optimale Postprocessing durchzuführen. In der Praxis gestaltet sich der Workflow wie folgt: Mit dem CAD-System Solid Edge werden in der Konstruktion die 3D-Modelle auf Nennmaß konstruiert und über einen Translator in notwendige Mittelmaß-Modelle für das Drehen überführt.

Teil und Technologie auf Knopfdruck

Das Austausch-Fomat für Coscom mit Proficam VM ist .SAT. Der große Vorteil des CAM-Systems ist die Unabhängigkeit von der Konstruktion. Mit dem CAD-Modul von Proficam VM wird teilweise nachmodelliert und korrigiert, um die Werkzeugwege zu optimieren. Das programmierte Bauteil und die Technologie gibt es dann auf Knopfdruck. Für die CAM-Programmierung ist es wichtig zu wissen, welche Standardwerkzeuge einer Maschine zugeordnet und auch vorhanden sind, was ein dezidiertes Toolmanagement auf den Plan gerufen hat. Hierfür hat Stromag bewusst den Tool-Director VM von Coscom gewählt, um die Prozesskette möglichst homogen aus einer Hand auszubauen.

Know-how in der Zerspanung digital sichern

„Unsere Strategie ist, mit möglichst wenig verschiedenen Werkzeugen möglichst viel zu produzieren, wobei wir streng darauf achten, in erster Linie Standardwerkzeuge zu verwenden“, betont Marko Rosenthal. Michael Grammel als Fertigungsleiter der Mechanischen Produktion ergänzt: „Ein wichtiges strategisches Ziel war es auch, die Rüst- und Einfahrzeiten dauerhaft zu reduzieren. Hierzu haben wir ein Projekt auf den Weg gebracht, um unser Know-how in der Zerspanung digital zu sichern und im kompletten Prozess zu nutzen.“

Zentrales Tool-Management und NC-Datenorganisation

Im Coscom Tool-Director VM und Ware- house werden alle Werkzeugdaten digital gespeichert und verwaltet. Hierzu gehören die Bestandsregulierung und Umlaufkontrolle, auch der anderen Betriebsmittel, etwa der Spannbacken. Die Werkzeuganforderung von der Maschine an das Einrichte-Center ist bei Stromag heute vollständig digital über Coscom abgebildet! Die Werkzeugvielfalt wurde durch die Definition von Standardwerkzeugen drastisch reduziert. Der Tool-Director VM versorgt den gesamten CAD/CAM-Prozess mit digitalen Werkzeugdaten. Der Factory-Director VM verwaltet alle Artikeldaten, Arbeitspläne und -gänge mitsamt den Einrichteblättern und bildet so das zentrale Fertigungs-Informationssystem. Dieses Tool verfügt über eine Schnittstelle zum ERP-System. Nach folgendem Schema findet der Datenaustausch statt: Zu bearbeitende Artikel, Arbeitspläne, Daten zu Rohteilen und Lieferanten werden vom ERP übergeben, der Factory-Director VM meldet den Bearbeitungsstatus gemäß des Freigabeprozesses, genutzte NC-Programme, fertige Artikel und verwendete Werkzeuge zurück ans ERP – alles mit dem Ziel einer möglichst papierarmen Fertigung.

80.000 Datensätze, viele Programme

Das Erreichte ist beachtlich, inzwischen sind etwa 6.000 Komplettwerkzeuge im Tool-Director VM und ca. 80.000 Datensätze insgesamt, unter anderem über etwa 15.000 NC-Programme die im Factory-Director VM hinterlegt sind, abrufbar. Interessantes Detail am Rande: „Die hohe Anzahl an Komplettwerkzeugen ergibt sich dadurch, dass auch Werkzeuge mit unterschiedlichen Plattenstärken aufgelistet sind, die physisch nach der Benutzung wieder komplett zerlegt werden. Pro Artikel können beliebig viele Arbeitspläne hinterlegt sein, je nachdem, ob konventionell (NC) oder per CNC gefertigt wird. Dies hängt von der Stückzahl und von der Historie des Artikels ab, weil in der Vergangenheit anders gefertigt wurde als heute“, sagt Marko Rosenthal.

Klare Ziele: Werkzeugvielfalt reduzieren, bevorzugt Standardwerkzeuge verwenden

Michael Grammel formuliert die Aufgaben der zentralen Coscom-Datenplattform folgendermaßen: „Werkzeugvielfalt reduzieren, bevorzugt Standardwerkzeuge verwenden und möglichst den Papierverbrauch in der Fertigung senken.“ Ersteres verringert Kosten, letzteres dient der Fehlerbeseitigung und der Know-how-Sicherung. PC-Terminals mit Coscom-Info-Point-Software in unmittelbarer Nähe der Werkzeugmaschinen sorgen dafür, Informationen aus der Arbeitsvorbereitung den Werkern zu übermitteln. Es gibt ältere NC-Maschinen, die von den Werkern direkt programmiert werden. Auch diese Programme werden über eine bereitgestellte Eingabemaske an den Factory-Director VM übertragen und so auch digital und zentral gespeichert. Die Info-Points haben den Vorteil, dass sie in die unternehmensweite und vereinheitlichte Datenablagestruktur eingebunden sind.

Michael Grammel: "Es werden alle NC-Programme wirklich nur einmal erzeugt“

„Zuvor konnte jeder Werker nach eigenem ‚Gusto‘ handeln, wie die Daten abgelegt wurden. Heute können die Daten für einen Artikel nur in die Maschine geladen werden, wenn alle Informationen dafür freigegeben sind und keine Änderungsbearbeitung mehr vorliegt. Es werden alle NC-Programme wirklich nur einmal erzeugt“, resümiert Michael Grammel zufrieden. Sein Mitarbeiter Marko Rosenthal ergänzt: „Den Factory-Director VM begreifen wir als zentrale Datenplattform für digitale Fertigungsinformationen. Unser Ansinnen ist es, alle notwendigen Informationen dort zentral einzupflegen und von dort aus jedem Prozessteilnehmer zur Verfügung zu stellen. Unterstützt wird dies durch den verknüpften Tool-Director VM, der die Daten aller Werkzeuge und Betriebsmittel bevorratet.“ Hinter dieser Aussage verbirgt sich eine klare Absage an die oftmals übliche Zettelwirtschaft an den Maschinen. „Für uns war diese intransparente Situation unbefriedigend, weil oft nicht ans Tageslicht kam, welche Ursachen zu einem Fehler führten“, sagt Marko Rosenthal.

Alles dient dem Ziel, die OTD-Rate noch weiter zu erhöhen

In der neuen Bearbeitungslinie mit Dreh- und Bearbeitungszentren ist nun überhaupt kein Papierdokument mehr im Umlauf – Stromag ist der digitalen Fertigung wieder einen Schritt näher gekommen! Zusammen mit der globalen Strategie der Standardisierung von Prozessen steht bei Stromag nach wie vor ganz oben auf der Agenda, die Rüst- und Einfahrzeiten zu reduzieren, unterstützt durch die Coscom Prozess-Lösung. Die Integration wird fortgesetzt und Schritt für Schritt weiter ausgebaut, was bereits analysiert wurde. Alles dient dem Ziel, die OTD-Rate (On Time Delivery), also die Liefertermintreue noch weiter zu erhöhen.

Autor: André Geßner, Fotos: Coscom