Image
Foto: Harald Klieber

THEMA DER WOCHE 48/2020

So drehen Sie Duplex 1.4462 richtig

Er gilt als der Angst-Edelstahl: "Wer Duplex 1.4462 das erste Mal dreht, wird schnell an Grenzen stoßen." Überwunden hat sie Andreas Fabricius mit ZCC-CT Europe.

Genau 480 Führungsbolzen aus Duplex auf 70 mm Länge von 60 auf 22 mm Durchmesser drehen. Das war der Auftrag, den Fabricius Zerspanungstechnik in Kerpen nahe Köln bis Ende Juli für ein großes Aluminiumwerk fertigen sollte. „Sportlich war die Aufgabe für uns als Lohnfertiger nur, weil wir nicht viel Zeit zum Testen hatten und Duplex vor allem nicht gleich Duplex ist“, berichtet Andreas Fabricius. Obwohl Aluminium- und Edelstahlbearbeitung die Spezialität des in den 1970er Jahren gegründeten Familienunternehmens ist, fragte Andreas Fabricius bei seinem ZCC-CT-Anwendungsberater Stefan Franzen nach. „Ehrlich gesagt, hatten wir bereits den ein oder anderen ‚kläglichen Versuch‘ mit einem Wettbewerbsprodukt hinter uns und wollten nun einen echten Problemlöser für dieses böse Stück Duplex.“ Zwei Tage später standen Anwendungsberater Stefan Franzen und Produktmanager Bernd Heinermann bei Andreas Fabricius von ZCC Cutting Tools Europe aus Düsseldorf in der Werkstatt in Kerpen und empfahlen für diese spezielle Bearbeitung die CNMG120408-Drehplatte mit der Spanleitstufe DM in der Sorte YBM153. Nur einspannen in den Werkzeughalter und losdrehen ging aber auch nicht. Know-how und Fingerspitzengefühl war zur Abstimmung der Prozessdaten gefordert.

Beim Duplex-Drehen ordentlich zustellen, unter die kaltverformte Schicht

„Die DM-Platte hat eine schöne und sehr effiziente Spanleitstufe, die auch nötig ist, um den Kolkverschleiß, der bei Duplex ziemlich stark auftritt, möglichst klein zu halten. Prinzipiell können Sie die DM-Platte zwischen 1 und 3 Millimeter Zustellung fahren. Drunter sollte es aber nicht sein“, deutet Stefan Franzen die Problematik von Duplex an. Denn schon beim einfachen Längsdrehen würde sich das Duplex-Material an der Oberfl äche verfestigen. „Wichtig ist, dass die Schneide beim nächsten Schnitt auf jeden Fall unter die kaltverformte Schicht kommt. Dazu brauchen Sie eigentlich eine scharfe Schneide, die aber dann weniger stabil wäre und gerade die Duplex-typischen Spanschläge wohl spätestens mit Abplatzungen an der Schulterbearbeitung quittieren würde“, erklärt Stefan Franzen die Problematik. Die Experten von ZCC Cutting Tools empfahlen also mit der DM-Platte einen doppelseitigen Spanbrecher für die mittlere Bearbeitung, die durch stabile Schneidkanten und große Spanwinkel einen breiten Anwendungsbereich erlaubt. „Eigentlich können Sie mit dieser Platte alles drehen, weil sie so stabil ist. Für die Duplex-Bearbeitung ist es aber entscheidend, dass die Stabilität von der Maschine durch den Revolver bis in den Werkzeughalter geht“, betont Bernd Heinermann. Als ideal für die Duplex-Bearbeitung stufte Andreas Fabricius seine Doosan Puma 2600M ein. „Die Maschine ist zwar ‚von der Stange‘, aber erst Baujahr 2015 – wirklich superstabil – und damit genau richtig für diese doch schwere Aufgabe, bei der schnell unschöne Vibrationen und Wirrspäne den Platten das Leben sehr kurz machen können“, berichtet Andreas Fabricius.

Glatte Oberflächen und 12 bis 15% Ölanteil

Wichtig sei auch, ergänzt Stefan Franzen, dass der Kühlschmierstoff die Platten optimal unterstützt. Demnach sollte Duplex nie trocken bearbeitet werden, weil sonst sehr schnell Anhaftungen entstehen. „Da kann die Oberfl äche samt Beschichtung noch so glatt sein. Ohne Emulsion, die sonst möglichst 12 bis 15 Prozent Ölanteil haben sollte, kleben die Späne sehr schnell an der Platte. Was da passieren kann, sehen Sie an dem Versuch mit dem Wettbewerbsprodukt. Das liegt daran, weil das Werkzeug immer weiter drückt. Das Teil und die Späne werden aufgeschoben, es bilden sich Knäule und an der Schulter große Scheiben – bis die Platte und der Halter zerstört sind.“ Die Ursache dafür, so Stefan Franzen, liegt im Duplex selbst. Prinzipiell sei die Zähigkeit des Materials vergleichbar mit Gummi. „Das Material hat kaum Interesse am Stauchen oder gar Brechen. Deshalb sind der Schneidstoff und die Spanformer-Geometrie entscheidend, damit dieses Material halbwegs wirtschaftlich zerspant werden kann“, betont Bernd Heinermann. Die DM-Platte sei der ideale Mix aus Schärfe und Stabilität. Vor allem, erklärt Bernd Heinermann, weil die gewählte CVD-Beschichtung in M15-Qualität besonders zum Schlichten bis zur mittleren Bearbeitung von nichtrostenden Stählen entwickelt wurde. „YBM153 heißt unsere Hartmetallsorte, die mit der CVD-Schicht besonders hohe Verschleißfestigkeit und Deformationsbeständigkeit garantiert – selbst bei höheren Schnittgeschwindigkeiten“, versichert Bernd Heinermann. Gerade in Kombination mit dem Verschleißverhalten sei die Platte demnach deutlich besser als eine PVD-beschichtete Platte. Speziell für den unterbrochenen Schnitt empfiehlt ZCC-CT allerdings die Platten-Variante DR.

Eine Schneide schafft immer drei Teile

„Unterm Strich müssen wir alle drei Teile eine neue Schneide einsetzen. Das ist aber schon ein sehr guter Wert.“ Demnach sieht Andreas Fabricius den großen Pluspunkt des ZCC-CT-Werkzeugs vor allem in der Stabilität. Denn mit anderen Werkzeugen würde man mal ein Teil und dann wieder vier Teile drehen. „Mit einer Schneide der DM-Platte konnten wir absolut sicher und reproduzierbar immer drei Teile drehen, was gerade unserem jüngsten Maschinenbediener Andreas Kurt das Drehen der 480 Teile doch relativ einfach machte“, berichtet Andreas Fabricius.

„2,5 mm sind ein guter Mittelweg“

Als ideale Spantiefe stellte sich nach mehreren Probeschnitten 2,5 mm heraus. „Die Spantiefe sollte eben nicht riesig gewählt werden. Sonst drückt das Material nur noch. Halterschäden treten dann auf. 2,5 Millimeter haben sich als guter Mittelweg zwischen 1,5 und 3 Millimeter erwiesen, bei dem die Maschine auch sehr ruhig lief“, berichtet Andreas Fabricius. Wichtig sei dabei, erklärt Stefan Franzen, dass man dem Duplex die Zeit gibt, sich aufzurollen. Dass sich dabei ab und zu auch Späne aufwickeln sei normal und nicht zu vermeiden. „Man spürt, wie sich die Schneide verändert. Der Sicherheitswechsel nach drei Bauteilen hat sich als idealer Zyklus herausgestellt. Wir konnten Schnittgeschwindigkeiten von 130 Meter pro Minute fahren, um die Teile auf 70 Millimeter Länge konisch von 60 auf 22 Millimeter Durchmesser abzudrehen.“ Das ging aber nur so gut, erklärt Andreas Fabricius, weil die Maschine so stabil war.

Vorschub auf 0,27 mm/U begrenzt

„Auf einer ‚klapprigen Maschine‘ sollten Sie erst gar nicht versuchen, Duplex zu drehen. Ohne die richtigen Spannmittel und einen ordentlichen Kühlschmierstoff würden sich sofort Vibrationen einstellen. Zwar können wir mit unserer DM-Platte Schnittgeschwindigkeiten zwischen 120 bis 180 m/ min variieren. Auftretende Vibrationen würden Sie so aber damit auch nicht wegbekommen“, versichert Bernd Heinermann. Normaler Edelstahl sei gut bei 180 m/min oder mehr bearbeitbar. „Bei Duplex sollte aber etwas langsamer gefahren werden, schon wegen der höheren Zugfestigkeit des Materials. Um vor allem die Prozesstemperatur nicht zu überschreiten, haben wir auch den Vorschub auf 0,27 mm/U begrenzt. Bei dem Wert und mit viel Kühlschmierstoff kann das Werkzeug das Material noch sauber trennen.“

Ziel: Garantiert kontrollierter und stabiler Prozess

Und das sei das Wichtigste, betont Stefan Franzen, da die Schneide eigentlich immer wegen zu hoher Reibung „die Grätsche macht. Ideal wären polierte Oberflächen, damit der Span richtig schön ins Gleiten kommt. Dafür haben unsere Entwickler auch schöne 3D-Spanformer kurz hinter die Schneiden gesetzt und dort das Material verstärkt, um den Kolkverschleiß absolut zu minimieren.“ Gewollt sei aber, so Stefan Franzen, dass über den relativ hohen Vorschub letztlich der Verschleiß kontrolliert in die Platte gebracht wird, um damit eben einen kontrollierten und vor allem sehr stabilen Zerspanungsprozess garantieren zu können. „Bei diesem Material halten die Werkzeuge leider nicht ewig. Das hört man und sieht man. Wichtig ist, dass die Werkzeugwechsel eben absolut berechenbar sein müssen. So wie das mit unserer DM-Platte wunderbar darstellbar ist“, versichert Bernd Heinermann, der auch mit rund 2 EUR pro Schneide überschaubare Werkzeugkosten verspricht.