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Foto: Harald Klieber

Thema der Woche 25/2020

So klappt's mit der totalen Datentransparenz

Peter und Benjamin Körber erklären, warum ihr 40-Mann-Unternehmen in Birkenwerder so erfolgreich ist und was das mit Evo und Datentransparenz zu tun hat.

Wie kann Datentransparenz ein Baustein von Erfolg sein? 2017 bekamen sie den Zukunftspreis Brandenburg, 2019 den großen Preis des Mittelstandes und kürzlich zeichnete die DIHK die digitale Welt des Präzisionsteile-Herstellers Körber & Körber aus. Die Geschäftsführer Peter und Benjamin Körber erklären, warum das 40-Mann-Unternehmen in Birkenwerder bei Berlin so erfolgreich ist und was das mit dem Datenmanagementsystem von EVO Informationssysteme zu tun hat. Gegründet 1977, die Krise 2009 mit über 200 Mitarbeitern und der Produktion von hochkomplexen, automobilen Aluteilen aber nicht überstanden. Körber musste verkaufen. Neuanfang 2010. „Wir hatten für den berühmten einen Euro ein Unternehmen mit vielen grünen Maschinen und noch mehr Verlust gekauft. Aber wir hatten einen Plan: Wir wollten leistungsstarker Zulieferer außerhalb der Automobilbranche werden. Das haben wir geschafft und sind Jahr für Jahr kräftig gewachsen“, erklärt Seniorchef Peter Körber auch die unüblich vielen Auszeichnungen der letzten vier Jahre.

Digitale, effiziente Strategie

Schuld daran sei vor allem Sohn und Vertriebsstratege Benjamin Körber, der mit seiner digitalen Strategie vieles sehr effizient gemacht hat. „Wir sind wohl einer der ersten Lohnfertiger mit rund 40 Mitarbeitern, der sich einen eigenen ‚Leiter digitale Fertigung‘ leistet. Das Thema ist einfach zu wichtig. Wir wollen digital ganz vorne sein, nicht nur mit unserem Maschinenpark, den wir als einen der modernsten der Region sehen.“ Zu präsent, so Benjamin Körber, seien noch die digitalen Anfänge mit einem einfachen Warenwirtschaftssystem von Lexware, bei dem nichts funktionierte: „Man musste alles zweimal eingeben. Erst den Auftrag mit vielen Eingaben, und dann auch noch die Rechnung an den Kunden. Das konnte es doch nicht sein. Wir haben dann auf Excel umgestellt, was zumindest die Schritte vom Angebot bis zur Produktion auf ein paar Klicks beschränkt hatte.“ Allerdings war auch die eigene Excel-Programmierung relativ schnell überfordert, berichtet Benjamin Körber, spätestens nach der Einführung der mehrstufigen Stücklisten.

Peter und Benjamin Körber (v.li.) bilden für ihre Kunden das gesamte Zerspanungsspektrum ab – vor allem mit gut automatisierten 5-Achs-Bearbeitungszentren von Fehlmann und DMG Mori sowie einer Zeiss-3D-Messmaschine. „Und mit unseren drei Datron-Maschinen, die ebenfalls mit EVOjetstream vernetzt sind, bringen wir sehr schnell kleine NE-Teile in Form.“

Für das günstigere und leistungsfähige System entschieden

Ein neues System musste her, das vor allem das Auftrags- und Datenmanagement komplett beherrscht. „Entschieden haben wir uns 2015 für das günstige, aber sehr leistungsfähige Evo-System. Wir haben uns für die noch attraktivere Softwaremiete entschieden, weil wir so das Vertragsverhältnis auch ohne großes finanzielles Risiko hätten kündigen können“, erklärt Benjamin Körber die lukrativen Vorteile gegenüber den großen Systemen. Nach drei Monaten Vorbereitung wurde Evo am 2.1.2016 scharf geschaltet. „Die Datenübernahme hatte super funktioniert“, was nach Angaben von Benjamin Körber auch an dem Importskript für Excel lag, das die Daten ideal in den ERP-/PPS-Baustein Evo-Competition transformierte. „Wir hatten keine Übergangsphase. Wir konnten sofort wieder mit unseren fortlaufenden Artikelnummern anknüpfen.“ Der Umstieg auf sprechende Artikelnummern kam für Benjamin Körber sowieso nicht in Frage, „weil das nur Arbeit macht“. Sehr positiv hat sich dagegen die Integration des Datenmanagement-Systems Evo-Jetstream mit Revisionsverwaltung bemerkbar gemacht, weil Körber damit 100%ig ausschließen kann, dass Teile mit falschem Änderungsstand gefertigt werden. „Tatsächlich haben wir heute eine sichere Indexverwaltung wie die meisten unserer Kunden“, berichtet Frank Wunder, der seit einem Jahr Leiter der digitalen Fertigung ist. „Unterm Strich haben wir mit dem Evo-System digital nochmal richtig Fahrt aufgenommen“, fasst Benjamin Körber zusammen, was umso wichtiger sei, da der Informationsfluss viel komplexer ist als der Materialfluss.

Frank Wunder ist ‚Leiter digitale Fertigung‘ bei Körber & Körber und ist mit Evo zufrieden: „Sämtliche Schnittstellen regelt Evo perfekt."

Datenbasis für Maschinen und Endgeräte

Angefangen hatte Körber mit den Evo-Bausteinen Evo-Competition, Evo-Jetstream und Evo-Tools. „Das reichte aber nicht. Schon wegen der dynamischen Programmierung und der immer komplexeren Teile mussten wir weitere Module dazu nehmen“, weil Körber nach Angaben von Benjamin Körber eben nicht nur ein 10er Loch in Baustahl macht. „Das ist nicht unsere Welt. Eher schon die 10er Passung in Inconel mit einer Positionsgenauigkeit von 3 µm oder 30 Kamerahalterungen, wie sie an der Raumstation ISS verbaut sind.“ Vorteil sei aber für den Kunden, dass Körber eben alle Positionen in einem Angebot belegt und sich nicht nur die lukrativen Bearbeitungsschritte oder Komponenten herauspickt. „Das bedeutet natürlich, dass wir über ein unglaublich fähiges Technikteam, aber auch sehr effiziente Prozesse verfügen müssen.“ Entscheidend dabei ist, so Benjamin Körber, das auf den unterschiedlichen Systemen immer die gleiche Info, die gleichen Daten zur Verfügung stehen. Das sei mit Evo fast schon komplett realisierbar: Das Programm kommt vom CAM-System über den Evo-Jetstream auf die Maschine. „Wir haben mittlerweile fast durchgängig Fehlmann-Bearbeitungszentren, meist mit 216er Werkzeugmagazin und automatisierten Teilemagazinen. Der Werker muss dann nur noch das richtige Werkzeug auswählen.“ Problem ist derzeit nur noch der Werkzeug-Weg zur Maschine, berichtet Benjamin Körber. Die Daten könnten zwar problemlos auf dem Zoller-Voreinstellgerät erzeugt werden, müssen dann aber händisch in Evotools übertragen werden. Evotools enthält die physischen Werkzeuge mit deren Lagerbeständen. Körber nutzt aber ein zweites digitales System zur CAM-Programmierung und Werkzeugverarbeitung.

Die ganze Prozesskette digital

„Beide Systeme matchen noch nicht. Hier gibt es einen Medienbruch. Das Problem müssen wir gemeinsam mit Evo noch lösen. Diese Schnittstelle zur Simulation in Siemens NX, muss natürlich funktionieren. Wenn wir dann auch noch unsere Zeiss-Messmaschine anbinden, haben wir die ganze Prozesskette digital abgebildet und im Griff“, resümiert Benjamin Körber, der sich davon weitere, maximale Vereinfachungen verspricht. „Das wäre die Krönung. Wir würden uns die Integration in Siemens NX wünschen. Diese Funktionalität fehlt noch, die für andere CAM-Systeme bereits verfügbar ist. Ansonsten ist Evo wirklich perfekt. Wir arbeiten mit einer einzigen Datenbasis, können also fast überall auf die gleichen Daten zugreifen und die aktualisierten Daten auch zurückspielen. Das können tatsächlich nur sehr wenige Systeme“, betont der Digital-Experte Frank Wunder. Allerdings hat Körber einen Extra-Server für sein ERP-System installiert, was nach Angaben von Frank Wunder die Leistungsfähigkeit der Systeme maximiert und auch etwaige Cyberangreifer schon durch die physikalische Trennung 100%ig von den Fertigungsdaten fern hält. „Trotzdem herrscht innerhalb der Evo-Welt natürlich maximale Durchgängigkeit vom Lager über das Werkzeugmanagement bis zum Produktdatenmanagement. Bis auf das Siemens-System, kenne ich kein anderes System, das so tief verzweigt ist, wie Evo. Sämtliche Schnittstellen regelt Evo perfekt“, berichtet Frank Wunder.

Wöchentliche digitale Meckerrunde

Was nicht perfekt läuft, was fertigungstechnisch nervt, wird seit kurzem einmal die Woche direkt in der ‚Meckerrunde‘ besprochen und möglichst schnell abgestellt. „Unsere ‚digitale Meckerrunde‘ hat sich bereits bewährt. Wir reden mittlerweile nur noch über Feinheiten, wie etwa die zu genau protokollierten Maschinendaten aus dem MDE-System Evoperformance, bei dem vorher jeder Werker 30 bis 50 Rückmeldungen quittieren musste, was eben nervt und in der Dimension auch Zeit kostet.“ Die Rückmeldungen, so Frank Wunder, wurden auf vernünftige fünf Buchungen pro Tag reduziert. Ob das auch praxisrelevant ist, überprüft Körber anhand von regelmäßigem ‚Probebetrieb‘, aus dem sich immer wieder neue Lerneffekte für die gesamte Belegschaft ergeben. 24.000 Artikel führt Körber mittlerweile: von den 30 Kamerahalterungen, die an der ISS montiert die Erde umkreisen, bis zu dem Rohrverbindungssystem, das Rohre mit bis zu Durchmesser 88,9 mm absolut dicht verbindet.

Mit Evo-Points: Direkter Zugriff auf BAZs

Seit kurzem hat Körber seine sechs 5-Achs-Bearbeitungszentren von Fehlmann und DMG mit Evo-Points ausgestattet. Daten können damit via Jetstream nicht nur empfangen, sondern auch alle Maschinensignale ausgelesen und für Analysen bereitgestellt werden. „Großer Vorteil ist dabei der direkte Zugriff auf die Maschine. Wir können so von jedem PC im Betrieb direkt und in Echtzeit Maschinenlaufzeiten einsehen und auswerten. Das hilft nicht nur bei der Fertigungs- und Instandhaltungsplanung, sondern natürlich vor allem bei der Fehlersuche“, berichtet Benjamin Körber, den Evo restlos überzeugt hat und der deshalb die MES-Anbindung ausbauen und durchgängig an allen Hauptmaschinen installieren will. „Letztlich muss es auch möglich sein, neue Werkzeuge direkt vom Zoller-Voreinstellungsgerät auf die Maschine zu schicken.“

Siemes-NX-CAM kann alles

An Siemens-NX-CAM will Benjamin Körber auf jeden Fall festhalten, weil es alles kann. Gleiches gilt für die Heidenhain-Steuerungen an den Fehlmann-Maschinen, weil die Traunreuter CNC nach Erfahrung von Benjamin Körber viel offener ist als etwa die große Siemens-Steuerung. „Offenheit und Flexibilität ist wichtig. Sonst könnten wir unsere Variantenvielfalt nicht wirtschaftlich fertigen.“

Der Weg zum Hochpräzisionsteilehersteller

Auf der einen Seite würde ein komplexes Bauteil, wie ein Coolingblock für einen Teilchenbeschleuniger mit bis zu 80 h Laufzeit gefertigt. Auf der anderen Seite seien aber auch kleine, feine, besondere Teile aus schwerzerspanbaren Materialen, aber auch Kupfer und CFK im Portfolio. „Allen unseren Teilen ist nur eines gemein: Sie heben sich durchweg von der normalen Zerspanung ab, wie etwa unser Zugfestigkeits-Prüfgerät für Hersteller von Elektrokabeln – aber auch unser ganzes Unternehmen, für dessen Krisenhistorie, dem Aufbau binnen 10 Jahren aus dem Nichts, wir mit dem Zukunftspreis ausgezeichnet wurden“, schildert Benjamin Körber den Weg zum Hochpräzisionsteilehersteller.

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Auch von jedem PC direkter Zugriff auf die Maschine und volle Datentransparenz: Seit kurzem hat Körber seine sechs 5-Achs-Bearbeitungszentren von Fehlmann und DMG mit Evo-Points ausgestattet.

Der Weg zur Maschine

Problem ist derzeit nur noch der Werkzeug-Weg zur Maschine: Die Daten könnten zwar problemlos auf dem Zoller-Voreinstellgerät erzeugt werden, müssen dann aber händisch in Evotools übertragen werden.

Evo startet neue App-Generation für Datentransparenz

Die neue Generation seiner App-Plattform hat Evo Informationssysteme unlängst vorgestellt: mit Touch-Bedienoberfläche und neuester Softwaretechnologie – verspricht Geschäftsführer Jürgen Widmann. Demnach basiert die vierte Generation auf jahrzehntelanger Erfahrung in der Gestaltung von Apps für den Einsatz im Shopfloor. Das moderne Kachel-Design, in dezenten dunklen und blendfreien Farben gehalten, macht den Wechsel zwischen den einzelnen Apps und die alltägliche Benutzung der neuen, selbsterklärenden Symbole noch einfacher und komfortabler, wie auch die digitalen Assistenzsysteme. Das App Solution Center dient als zentrale Plattform über alle Apps hinweg auf beliebigen Endgeräten wie PCs, Tablets, Handheld-PCs und Maschinensteuerungen.

Werker erhält volle Datentransparenz

„Grundsätzlich bekommt der Werker an den Evo-Points sämtliche Informationen, die er zur Abarbeitung der Aufträge benötigt wird“, betont Jürgen Widmann. Von der Auftragsreihenfolge, den Fertigungsdokumenten, CNC-Programmen bis zu den Werkzeugdaten der Werkzeuge. „Zudem können wir auch die Daten von den Zoller-Messgeräten abgreifen. Die Werker können darüber hinaus Produktionsmengen, Produktqualität und Gründe für Stillstände und Störungen erfassen“, versichert Jürgen Widmann.