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Foto: Emco

Thema der Woche 41/2020

Zerspanen mit XXL-Maschinen

Ihr Metier ist die XXL-Zerspanung: Lesen Sie, wo die Rekordmaschinen unter den Großbearbeitungszentren stehen und welche Bauteile auf ihnen gefertigt werden.

Sie sind die Giganten der Fertigungshallen: Großbearbeitungszentren für die XXL-Zerspanung von meterlangen und tonnenschweren Bauteile. Es gibt sie zum Fräsen, Drehen oder Schleifen und bei ihnen stehen Verfahrwege von 32.000 mm oder Drehdurchmesser von 7.000 mm in den technischen Daten. Wir haben bei Herstellern solcher XXL-Maschinen nachgefragt, wo die Größten unter den Großen weltweit im Einsatz sind.

Auf jeden Fall rekordverdächtig ist die Profiturn H von Waldrich Siegen. Mit 7.000 mm Drehdurchmesser, 25.000 mm Werkstücklänge und einem Eigengewicht von über 400 t ist sie für das zur Herkules Group gehörende Unternehmen die größte Drehmaschine der Welt. Die Profiturn H bearbeitet bei einem amerikanischen Kunden Turbinenläufer und Generatorwellen für Stromkraftwerke mit Genauigkeiten im µm-Bereich und ist dazu in der Lage, Oberflächengüten von Ra kleiner als 1 µm zu fertigen. Die Maschine nutzt eine doppelte X-Achse und bietet in der Z-Achse über 28.000 mm Verfahrweg. Der Hauptantrieb stellt mehr als 230.000 Nm zur Verfügung. Die vollhydraulischen Führungen der Maschine erlauben eine langzeitstabile Bearbeitung in sehr kleinen Toleranzfeldern.

Schleifmaschine für Walzengewichte bis 260 t

An den Walzenhersteller China First Heavy Industries hat die Maschinenfabrik Herkules bereits drei Anlagen geliefert. Die größte von ihnen ist die Walzenschleifmaschine UWS 1100 mit 3.000 mm Schleifdurchmesser und einer Spitzenweite von 14.000 mm für Walzengewichte bis 260 t. Bearbeitet werden dort große Stützwalzen für Grobblechwalzwerke. Die Schleifmaschinen hat Herkules auf den jeweiligen Anwendungsfall angepasst und sie sorgen für hohe Bearbeitungsqualität und Wirtschaftlichkeit.

Mit dem Portal-Fräs- und Drehcenter PMG-W 20000 in Gantry Bauweise von Soraluce kann der italienische Anwender Tezal Lavorazioni Meccaniche alle erforderlichen mechanischen Bearbeitungen an einem Werkstück ausführen und dadurch auch geometrisch komplexe und große Werkstücke bis zu einem maximalen Gewicht von 40 t in einer Aufspannung bearbeiten. Die Multitasking Maschine hat einen Verfahrweg in der Längsachse (X) von 20.000 mm, in der Querachse (Y) von 5.500 mm und einen Abstand zwischen den Maschinenständern von 4.500 mm. Die Vertikalachse (Z) sowie der Querbalken (W) haben jeweils einen Verfahrweg von 2.000 mm. Die Maschine hat eine Antriebsleistung von 60 kW bei einem Drehmoment von 2.000 Nm.

Multitasking-Maschine mit automatischem Fräskopfwechselsystem

Firmengründer Aldo Zorzi erklärt zur Auswahl der Maschine: „Da wir hauptsächlich Lohnfertiger sind, können wir nicht vorhersagen, welche Aufträge morgen reinkommen. Daher ist es wichtig, über flexible und hochproduktive Maschinen zu verfügen. Die Auslegung der neuen Maschine begann mit der Anforderung, Fräs-, Dreh- und Bohrbearbeitungen in einer einzigen Aufspannung ausführen zu können. Das Konzept hat sich dann stetig weiterentwickelt: Von einem Portal mit festem Querbalken sind wir zu einer Lösung mit einem verfahrbaren Querbalken übergegangen und haben schließlich den Karusselldrehtisch hinzugefügt. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Idee eines Multitasking-Portal-Fräs- und Drehzentrums Gestalt an.“ So verfügt die Anlage auch über einen NC-Karusselldrehtisch mit 3.000 mm Durchmesser, einen automatischen Werkzeugwechsler für 140 Werkzeuge und ein automatisches Fräskopfwechselsystem sowie eine Pick-up-Station für fünf Fräsköpfe. Zudem ist sie mit dem Dämpfungssystem DAS+ ausgestattet.

Fräszentrum mit zwei beweglichen Bedienerplattformen

Die größte von Emco bislang installierte Maschine steht ebenfalls in Italien. Das Fräszentrum Powermill bearbeitet bei der Rival Group großvolumige Werkstücke für den allgemeinen Maschinenbau – unter anderem auch Teile von Emco-Mecof-Maschinen. Die Powermill hat einen Fahrweg von 32.000 mm in der X-Achse, 6.000 mm in Y und 2.000 mm in Z. Ausgestattet ist sie mit einem automatischen Kopfwechselsystem, einem Werkzeugwechsler mit 120 Plätzen und zwei beweglichen Bedienerplattformen. Überzeugt hat den Kunden laut Emco vor allem die „Box-in-box“-Bauweise (thermosymmetrische Doppelbrücke mit vierfacher Führung des Spindelstocks), die Verfügbarkeit verschiedener Fräsköpfe und die Möglichkeit, die sehr großen Werkstücke in einer Aufspannung und damit mit hoher Genauigkeit zu bearbeiten.

Portalmaschine in Tisch- oder Gantry-Bauweise

Das größte und leistungsstärkste Portalbearbeitungszentrum von Waldrich Coburg ist die Powertec. Der modulare Baukasten dieser Baureihe ist sehr breit gefächert und neben den üblichen Größenanpassungen kann die Maschine in Tisch- oder Gantry-Bauweise ausgeführt werden. Das Modell Powertec 13000 AG-S2 in der Gantry-Ausführung wurde an Holwegen Tilburg in den Niederlanden geliefert und verfügt über eine Aufspannlänge von 20.000 mm, eine Durchgangsbreite von 13.000 mm und eine Durchgangshöhe von 7.000 mm. Die Fräsleistung liegt bei 105 kW. Auf dem Portal werden Getriebeteile, zum Beispiel für Erzmühlen, gefertigt. Der größte Durchmesser kann dabei durch die Lage des Tisches 14.000 mm betragen. „Kaufentscheidend war hier unser Ruf als Großmaschinenhersteller, der sich solchen Herausforderungen stellt“, berichtet Sven Grosch, Head of Marketing and Communication bei der Jingcheng Holding Europe GmbH, zu der Waldrich Coburg gehört. „Eine gerade zuvor entwickelte Spindeleinheit ermöglicht das effiziente Fräsen von Zahnrädern.“

Für maximalen Bearbeitungsdurchmesser von 9.000 mm

Für das Herstellen von hochpräzisen Fräs- und Drehteilen in einer Aufspannung bestellte Metalex Manufacturing aus Cincinnati in den USA bei Starrag ein Droop+Rein-Portalbearbeitungszentrum der T-Baureihe. Die Maschine kann in der X-Achse (Tischachse) einzeln um 9.000 mm und gekoppelt um 19.000 mm verfahren. Die Y-Achse (Querträger) hat einen Verfahrweg von 9.500 mm und die Z-Achse (RAM) von 3.000 mm. Der maximale Bearbeitungsdurchmesser liegt bei 9.000 mm. Das Portal ist als Zukunftsinvestition für das neue „Center for Advanced Large Manufacturing“ gedacht. Der Lohnfertiger beliefert in erster Linie die Branchen Luft- und Raumfahrt, Energie, Marine und Konsumgüter mit komplexen Werkstücken.

Auf große, runde Bauteile für die Windkraft-, Schiffsbau-, Offshore- und Prozessindustrie hat sich Haco spezialisiert. Dafür setzt das dänische Unternehmen eine Vertikaldrehmaschine Dörries VC 6000/500 MC V ein. Der Umlauf- und Bearbeitungsdurchmesser im Drehbetrieb beträgt 6.300 mm, die maximale Drehhöhe 3.395 mm. Die Y-Achse kann eine lineare Tischbewegung von ± 2.750 mm ausführen und die Planscheibe hat einen Durchmesser von 5.000 mm. Das Werkzeugmagazin verfügt über 72 Plätze.

XXL-Bauteile für Windkraftanlagen

Mit Gesamtabmessungen von 31.600 mm × 13.165 mm × 10.370 mm (L × B × H) beeindruckt die Portalfräsmaschine Verxa MW in Gantry-Bauweise von Nicolás Correa, die bei einem chinesischen

Kunden XXL-Bauteile für Windkraftanlagen bearbeitet, insbesondere riesige Statoren. Die Maschine mit in X-Richtung beweglichem Portal und feststehendem Tisch hat einen X-Verfahrweg von 17.500 mm und einen Y-Verfahrweg von 7.800 mm. Vertikal können sich die Z-Achse um 2.000 mm und die W-Achse um 2.500 mm bewegen. Der Abstand zwischen den Ständern liegt bei 6.600 mm. Das Bearbeitungszentrum hat einen automatischen Werkzeugwechsler mit 120 Werkzeugen und ein automatisches Kopfwechselsystem. Zur Ausstattung gehört der Universal- und Orthogonal-Fräskopf UAD, der aufgrund der doppelten Hirth-Verzahnung eine Positionierung alle 0,02° ermöglicht, sowie der C5E-Kopf mit zwei stufenlosen Achsen und die FCT-Spindel. Die umfassende Fräskopftechnologie von Nicolás Correa war für den Kunden aus China ein wichtiges Kaufargument.

Der Trend geht zu mehr Größe

Bei aller Faszination für die beschriebenen XXL-Anlagen ist der Markt für derart große Maschinen natürlich überschaubar. Einen Trend zu mehr Größe sehen die meisten Hersteller dennoch. „Dies gilt besonders im Portalbereich“, urteilt Andreas Lindner, geschäftsführender Gesellschafter der Bimatec Soraluce Zerspanungstechnologie GmbH. „Konstruktionsabteilungen sind bei großen Bauteilen aufgefordert, kostengünstig zu konstruieren und setzen dadurch als erstes immer weniger Material ein. Aufgrund der teilweise sehr leichten Bauweise der großen Werkstücke ist die Fertigung gezwungen, die Bearbeitungen an den Werkstücken in der späteren Einbaulage und am besten in einer Aufspannung durchzuführen. Nur dadurch kann die geforderte Genauigkeit erreicht werden“, begründet Lindner.

Bei Emco beobachtet man mehrere Entwicklungen, die den Trend zu Großbearbeitungszentren fördern. So würden zum Beispiel bei Wind- und Wasserkraftwerken die Dimensionen zunehmen und viele Bauteile, die früher mehrteilig waren, werden heute in einem Stück gefertigt. Und die Komplettbearbeitung in einer Aufspannung erfordert größere Arbeitsräume, speziell bei der komplexen 5-Seiten-Bearbeitung. Aufgrund der Möglichkeit des hauptzeitparallelen Rüstens lassen sich mit größeren Maschinen zudem Produktivitätserhöhung erzielen.