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Fertigungsorganisation

Wie sieht die Fertigung der Zukunft aus?

Vor dem Expertenforum und der Open House-Veranstaltung am 29. und 30. Mai in Issum sprach NC Fertigung mit Heikki Hallila, CEO bei Fastems Systems.

von Gerhard Maier

Herr Hallila, Digitalisierung und mit Sicherheit auch das Thema E-Mobilität verlangen auch die Überprüfung von Fertigungsstrategien. Dabei folgt oft der Begriff ‚Agile Fertigung‘. Welchen Blick haben Sie als Automatisierung-Spezialist auf dieses Thema?

Aus unserer Sicht ist die agile Fertigung eine Erweiterung von flexibler Fertigung. Wir sehen dabei das grundsätzliche Ziel, mit agiler Fertigung auch Losgröße eins wirtschaftlich fertigen zu können. Das ließe sich normalerweise schon machen, wenn man für eine mannlose Produktion umfangreiche Spannvorrichtungen, Paletten oder andere Ressourcen bereithält. Das Problem dabei ist aber, dass das sehr hohe Kosten verursacht und so eine wirtschaftliche Fertigung erschwert. Besser wäre - und jetzt kommen wir zur agilen Fertigung – Produktfamilien im Portfolio zu haben und diese in passender Dimension zu fertigen. Hier lassen sich dann mit intelligenten Lösungen, vom Greifer, der Spannvorrichtung über die Software, wirtschaftliche Fertigungsergebnisse erzielen.

Sehen Sie was die agile Fertigung angeht in Deutschland ein großes Potenzial?

Ja, auf jeden Fall. Auch in der Automobilindustrie, denn die Elektromobilität wird die industrielle Fertigung verändern. Es gibt Untersuchungen die zeigen, dass 2030 der Verbrennungsmotor an seinem Zenit ist. In dieser Zwischenzeit ist es mit Sicherheit notwendig, unterschiedliche Lösungen auf den Markt zu bringen, wie etwa hybride Modelle. Für die Fertigungsindustrie bedeutet das eine Produktion mit hoher Komplexität und wir gehen davon aus, dass dies einhergeht mit der Verringerung von Stückzahlen. Als Antwort auf diese Komplexität wollen wir als Fastems unseren Kunden mit entsprechenden Strategien und Lösungen helfen.

Sie gehen also davon aus, dass die Zerspaner in Zukunft flexibler sein müssen und möglicherweise ihr Teilespektrum erweitern, dafür aber weniger Stückzahlen von bestimmten Teilen zu produzieren haben?

Genau, wir gehen davon aus, dass die einzelnen Aufträge unserer Kunden kleiner werden und dadurch eine wirtschaftliche Fertigung wie auch die gesamte Investitionsplanung immer komplexer wird. Es wird schwer sein, über die nächsten fünf Jahre hinweg verlässlich zu planen. Das bedeutet, dass die Lösungen in die investiert wird, agil, also flexibel und erweiterbar sowie updatebar sein müssen. Das ist ein wesentlicher Punkt in der agilen Fertigung. Die Lebenszeit einer Investition wird sich verändern.

Wie können Sie als Fastems Ihre Kunden bei diesem Wandel unterstützen?

Wir denken, dass wir neben unserer Hardware, also den Automatisierungslösungen, auch mit unseren Softwarelösungen viele Vorteile für unsere Kunden bieten können. Softwarelösungen, die wir bisher nur an unsere Automations-Kunden geliefert haben, stellen wir nun auch Kunden zur Verfügung, die keine Fastems-Automatisierungslösung im Einsatz haben. Mit unseren Softwarelösungen sind wir in der Lage, auch Stand Alone-Maschinen miteinander zu vernetzen. Damit bieten wir den Kunden die gleichen Kontrollmechanismen an, wie bei einer automatisierten Fertigung. Beispielsweise können wir mit unserer MMS (Manufacturing Management Software) alle Aufträge zentral für die Stand Alone-Maschinen erfassen und planen. Die Software berücksichtigt dabei auch sämtliche für die Fertigung notwendigen Ressourcen, beispielsweise ob Rohteile, Prozessprogramme oder auch die Werkzeuge zur Verfügung stehen. Zudem kann unsere Software auch die komplette Programmverwaltung der CAD/CAM-Lösungen übernehmen.

Bedeutet das, dass der Fokus bei Fastems neben der Automation, jetzt mehr auf der Softwarelösung liegt?

Das kann man vielleicht so sagen. Unsere Kunden gewinnen zunehmend entscheidende Vorteile durch unsere Softwarelösungen. Natürlich sind normalerweise immer intelligente Hard-und Software miteinander verbunden. Das bringt den größten Vorteil. Und in dieser Richtung werden wir uns auch stark weiterentwickeln. Wir haben in unserem Unternehmen über 60 Mitarbeiter, die sich nur mit Software beschäftigen. Alle unsere Softwarelösungen kommen aus dem eigenen Haus. Im Zusammenhang mit unseren Entwicklungen stellen wir uns die Frage: Wie können wir die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit unserer Kunden erhöhen? Vor diesem Hintergrund kann ein Kunde, selbst wenn er nur auf unsere Softwarelösungen setzt, einen wirtschaftlichen Vorteil erzielten. Und diese Möglichkeit wollen wir ihm natürlich bieten. Unsere Software wird ständig weiterentwickelt, sodass unsere Kunden immer von den Vorteilen der aktuellsten Versionen profitieren, z. B. durch entsprechende Updates.

Es gibt natürlich Unternehmen, die schon seit langem nur auf Software spezialisiert sind. Da drängt sich die Frage auf, was macht denn ihre MMS besonders?

Das ist eine berechtigte Frage. Wir bringen über 30 Jahre Erfahrung aus der Fertigungsindustrie und die dazugehörigen Kenntnisse von flexibler Fertigung mit. Mit diesem Know-how wollen wir spezifische, anwenderorientierte MES-Systeme entwickeln. Und dazu braucht es eben mehr als nur Softwarekenntnisse, denn für Lösungen, die auf die spanabhebende Metallindustrie angepasst sind, benötigt man spezielle Kenntnisse auch im Hinblick auf eine flexible Fertigung.

Am 29. und 30. Mai findet in Issum das Expertenforum und die Open House von Fastems statt. Der Titel der Veranstaltung läuft unter dem Motto „Agil – ist flexibel nicht genug?“Bedeutet das nun, dass die Besucher dort im Schwerpunkt Softwarelösungen vorgestellt bekommen?

Nein Herr Maier, natürlich nicht. Für uns ist die Veranstaltung viel mehr, als nur eine Hausmesse. Die Veranstaltung findet unter dem Motto statt: ‚Agil - ist flexibel nicht genug?‘ mit dem Untertitel „Beherrschung der Fertigungsherausforderung von Kleinserien und hohen Stückzahlen in Kombination.“ Genau zu dieser Themenstellung haben wir ein sehr spannendes Vortragsprogramm zusammengestellt. Es geht uns dabei um die Herausforderungen im Zusammenhang mit agiler und flexibler Fertigung. So wird etwa Schunk zeigen, wie man die Herausforderung kleiner Stückzahlen bewältigt, oder Almatec darüber berichten, wie sie mit den Herausforderungen der agilen Fertigung umgehen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Zudem zeigen wir dann auf der Hausmesse Lösungen, die wir gerade zusammen mit Kunden realisieren. Die Besucher erwartet in diesen beiden Tagen weniger eine klassische Messe, sondern vielmehr Anregungen und Lösungen zum Thema Agilität in der Fertigung.

Wird es dabei auch neue Produkte zu sehen geben?

Natürlich, z. B. ein Paletten-Handhabungssystem, das mit einem Roboter kombiniert ist. Darüber hinaus geben wir Einblicke in die jüngste Version unserer MMS, die nun zusätzlich zum Paletten-Handling auch im Bereich der Werkstückhandhabung einsetzbar ist.

Lassen Sie uns zum Abschluss noch einen Ausblick wagen. Welche Herausforderungen kommen aus ihrer Sicht in den nächsten Jahren auf die industrielle Fertigung zu?

Ich glaube, die Themen Digitalisierung und Automation werden weiter intensiviert. Dieser globale Umbau wird auch den Wettbewerb verstärken. Das gesamte Produktionsumfeld verändert sich und darum müssen auch wir uns verändern. Letztlich geht es in der industriellen Fertigung um Produktivität und Wirtschaftlichkeit. Insbesondere die intelligente Automation wird daher in den nächsten Jahren im Mittelpunkt stehen, und hierbei geht es um weit mehr, als nur um Kapazitäten und maximalen Output.