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Foto: Harald Klieber

Präzisionswerkzeuge

Werkzeuge: Hightech-Mix bis zur Pyramidenspitze

Digitale Werkzeuge, fast 100 % Formenbau, eine sichere Spanleitstufe, die Kassette in der Kassette und blaue Bedienelemente. Das war Mapal auf der EMO.

Mapal ist mittlerweile einer der größten Hersteller von Werkzeugen Deutschlands, hatte im Vorjahr mit weltweit 5.500 Mitarbeitern rund 640 Mio. Euro umgesetzt, davon 30 Mio. investiert und arbeitet mit einer F&E-Quote von 6 %. „2018 war das erste Halbjahr sehr stark, erst im zweiten Halbjahr hat sich die Konjunktur abgeschwächt – das hatten wir schon gespürt. Deshalb sind wir mit dem bisherigen Verlauf von 2019 relativ zufrieden. Wir sind gut ins Jahr gestartet, sind mit dem Umsatz bis Ende Mai leicht über Vorjahr – und wir gehen davon aus, dass wir 2019 in etwa das Vorjahresniveau erreichen“, fasst Dr. Jochen Kress die Lage zusammen – und das, obwohl Großbritannien sich derzeit mit Investitionen zurückhält, nicht nur Airbus seine Fertigungsstrategie überdenkt und auch China mit der neuen Schadstoffklassennorm China 6 beschäftigt ist.

Weitere Investitionen laufen bereits

Damit die Geschäfte weiterhin gut laufen, investiert Mapal derzeit vor allem in das neue Kompetenzzentrum VHM-Werkzeuge in Altenstadt. Sichtbar ist dort bereits eine neue 5.000-m2-Produktionshalle. Weitere Baumaßnahmen stehen in Polen, Indien und Japan an. Strategisch will sich Mapal bis 2025 vor allem auf Aerospace weltweit, Elektromobilität und auch auf den Werkzeug- und Formenbau konzentrieren. Vielversprechend sei eine Prozessentwicklung im Flugzeugbau, mit der die Flugzeughülle komplett trocken gebohrt wird. Elektronisch gebohrt mit einer Bohrvorschubeinheit und Spezialbohrern von Mapal können so massiv Montagezeiten gesenkt werden.

Werkzeugmanagement-System Faktor 10 günstiger

Dagegen hat Mapal mit der Tochter c-Com in punkto Digitalisierung die Lösung für das Problem Datendurchgängigkeit neu definiert. Statt mit Label oder Zettel, RFID-Chip oder DNC-Server empfiehlt c-Com-Geschäftsführer Giari Fiorucci sein Modul c-Connect. „Sie brauchen dann zur Übertragung der Werkzeugdaten vom Einstellgerät auf Ihre Werkzeugmaschine nur ein industrielles Tablet und unsere c-Com-Plattform und bekommen so 100 % Transparenz in Ihrer Fertigung.“ Per Smart-Data-Transfer gelangen die Daten vom Einstellgerät auf die von Mapal eigens entwickelte c-Connect-Box, dort kann das gewünschte Werkzeug ausgewählt werden und per USB an die Maschinensteuerung übertragen werden. „Damit wissen Sie immer, wo sich welches Werkzeug gerade befindet.

Digital abrüsten

Andersherum lässt sich das Werkzeug auch wieder digital von der Maschine abrüsten, in dem die Daten in die c-Com-Cloud übertragen werden. Dort können Sie die Daten auswerten, Standzeiten, Reichweiten und Probleme erkennen, aber auch sehen, dass der Bearbeitungsprozess gut ist“, erklärt Giari Fiorucci die aus seiner Sicht 100%ig unkomplizierte Digitalisierung einer Werkzeugmaschine, die c-Com mit dem Simplified Machine Monitoring abrundet. Dabei erfasst das SMM per Sensoren das optische Signal der Maschinenampeln und überträgt die Rot-Gelb-Grün-Zustände von der Box an c-Com, das so die Maschinenauslastung in Echtzeit aufzeichnet, Produktions- und Stillstandszeiten dokumentiert und automatische Benachrichtigungen aktiviert. „Unser System ist ideal für kleinere Firmen, weil es vor allem auch um Faktor 10 günstiger ist“, betont Giari Fiorucci. Statt 20 Maschinen für rund 300.000 Euro zu digitalisieren, kostet das mit c-Com nur rund 30.000 Euro.

Pyramidenspitze verhindert Pendelbewegung

Beim werkzeugtechnischen Highlight von Mapal auf der EMO musste aber sehr genau hingesehen werden: Der Aalener Werkzeughersteller hat am Schneidplattenbohrer QTD eine neue Schneidplatte mit Pyramidenspitze speziell für die Stahlbearbeitung entwickelt. So gelingen auch Vollbohrbearbeitungen in Stahl ohne Pendelbewegung entlang der Querschneide des Werkzeugs, trotz Wechselkopfsystem und langen Auskragungen, die sonst die Rundheit und Zylinderform sowie den Werkzeugverschleiß negativ beeinflussen. Durch diese Spitze zentriert sich die Schneidplatte selbst, ein sicherer Bohrungseintritt auch beim Vollbohren ist damit gewährleistet. Selbst beim Bohren in Schrägen bis etwa 20° verläuft der zweischneidige Bohrer nicht, verspricht Mapal.

Hydrodehnspannfutter mit blauem Bedienelement

Komplett in einem neuen Design hat Mapal unterdessen Spannfutter auf der EMO vorgestellt. „Auf der einen Seite wollen wir natürlich unser Image weiterentwickeln. Mit dem neuen Design haben wir aber auch gleichzeitig das Handling und die Bedienung für den Werker noch einfacher gemacht“, erklärt Produktmanager Jochen Schmidt. Deutliches Kennzeichen sei das blaue Bedienelement an den ersten neu gestalteten Futtern, das nun schrittweise auch bei anderen Spannfuttern und anschließend bei weiteren Produkten Einzug halten soll. „Erste Produkte wir ab 2020 ausliefern. Mapal wäre aber nicht Mapal, wenn das blaue Bedienelement nicht auch einen funktionalen Effekt hätte, den unsere Kunden deutlich spüren können.“ Denn statt der bis dato 8 bis 9 Nm Anzugsmoment lassen sich die blauen Bedienelemente künftig auch deutlich leichter anziehen – mit rund 5 Nm, was für den Werkzeugeinsteller tatsächlich den Arbeitstag erleichtert, versichert Jochen Schmidt.

„Fast 100% Werkzeug- und Formenbau abgedeckt“

Als weiteres Highlight stellt Mapal erstmals die Werkzeugkomplettlösung für den Werkzeug- und Formenbau vor, die durch den Zukauf der Werkzeugspezialisten Radtke und voha-tosec realisiert wurde. „Gerade mit der nordrhein-westfälischen voha-tosec, die ein starkes VHM-Programm für den Werkzeug- und Formenbau sowie Kleinstwerkzeuge für Medizin- und Dentaltechnik in unsere Gruppe brachte, konnten wir vor allem unser VHM-Programm sehr stark weiterentwickeln“, berichtet Jochen Kress. Ziel sei es nun, Mapal als Komplettanbieter zum Marktführer im Werkzeug- und Formenbau zu positionieren. Fast alle 25 Mitarbeiter inklusive der Geschäftsführer Dieter Scheurer und Carsten Klein wurden samt dem Standort Lindlar bei Köln übernommen. „Ich bin seit gut 20 Jahren in der Branche tätig. Jetzt mit Mapal und den zusammen weiterentwickelten Produkten können wir schon heute mit unseren Werkzeugen zu fast 100 % den Bedarf der Werkzeug- und Formenbauer abdecken.“

Kein vergleichbarer Anbieter

Derzeit sieht Carsten Klein keinen vergleichbaren Anbieter im Markt. Technische Highlights seien beispielsweise die Fräser mit runden Wendeschneidplatten, mit denen der Werkzeugbauer bereits rund 90 % der Fräsaufgaben erledigen könnte. Im VHM-Bereich würde das komplette Programm der Schaftfräser die Basis bilden und mit den drei neuen Serien von Hochvorschub-, Kreisradius- sowie Kugel- und Eckradiusfräsern mehr als ergänzt. „Mapal passt super zum Werkzeug- und Formenbau, weil Mapal schon für das Einstellen und Messen der Werkzeuge einfache und günstige Lösungen anbietet, aber auch mit einzigartigen Komplettlösungen zum Vollbohren, Tiefloch- und Stufenbohren sowie Reiben und Feinbohren und einem kompletten ISO-Fräsprogramm punktet.“ Dazu, so Carsten Klein, die Spanntechnik von Mapal mit Frässpann-, Hydrodehn-, Schrumpffutter und HSK-Verlängerungen. „Diese Spanntechnik ist der Schlüssel. Das Hydrodehnspannfutter ist unentbehrlich effektiv in tiefen Kavitäten. Dazu bieten wir natürlich auch einen Nachschleifservice an, der die Werkzeuge längstmöglich nutzbar macht. Wir sind also ideal für die Zukunft als Dienstleister für den Werkzeug- und Formenbau aufgestellt und liefern alles aus einer Hand“, legt sich Carsten Klein fest.

Spanleitstufe für sichere Feinbearbeitung von Stahl

Unterdessen hat Mapal auch für die Stahlzerspanung eine neue Spanleitstufe entwickelt, um den zuverlässigen Spanbruch sicherzustellen. Durch ihre spezielle Geometrie werden die Späne prozesssicher gebrochen, automatisierte Abläufe nicht gestört. Die Spanleitstufe ist kompatibel mit allen Schneidplatten mit AS-Anschnitt sowie jeder Beschichtung. Das heißt, sie kann unabhängig vom jeweiligen Anwendungsfall in die entsprechende Schneide integriert werden und schafft Prozesssicherheit.

Einfachstes Außenreiben kleiner Durchmesser

Prozesssicher lassen sich beispielsweile auch IT6-Passungen auf einer Drehmaschine in der Serienfertigung erzeugen, wenn Außenreibahlen mit einstellbarer Schneide und Führungsleisten eingesetzt werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Werkzeug im Durchmesser sowie hinsichtlich der Verjüngung der Schneide µm-genau eingestellt wird. Um das Einstellen von Außenreibahlen mit kleinen Durchmessern deutlich zu vereinfachen, hat Mapal ein neues System entwickelt. Die Kassette des EA-Systems ist dafür in eine weitere Kassette integriert. Diese kann ausgebaut werden um die Schneide mit Mikrometerschraube oder Messplatte schnell und einfach einzustellen. Das entsprechende Einstellmaß der Schneide ist auf der Rückseite des Werkzeugs eingraviert. Dieses Maß entspricht der Mitte der Toleranz der jeweils zu erzeugenden Passung. Nach dem Einstellen wird die Kassette wieder eingebaut. Dabei wird eine Wechselgenauigkeit von 2-3 µm erreicht. Dank dieser Wechselgenauigkeit sowie dem denkbar einfachen Einstellen der Schneide ist die prozesssichere Einhaltung der geforderten Toleranzen bei hochgenauen Passungen auch im kleinen Durchmesserbereich mit dem neuen System deutlich einfacher zu realisieren. Das EA-System kann mit Wendeschneidplatten mit vier sowie mit sechs Schneidkanten eingesetzt werden.

cd