Image
Gemeinsam haben Kuka und Heller ein Pilotprojekt gestartet, um die Werkzeugautomation an Maschinen mithilfe  einer mobilen Robotereinheit voranzubringen.
Foto: Heller
Gemeinsam haben Kuka und Heller ein Pilotprojekt gestartet, um die Werkzeugautomation an Maschinen mithilfe  einer mobilen Robotereinheit voranzubringen.

Robotertechnik

Werkzeugautomation dank mobiler Robotik

In einem Pilotprojekt haben Kuka und Heller eine Automationslösung entwickelt, bei der eine mobile Robotereinheit Maschinen mit Werkzeugen be- und entlädt.

Niedrige Stückzahlen, hohe Komplexität – und alles natürlich so schnell wie möglich. Die individuellen Kundenwünsche stellen Industrieunternehmen vor Herausforderungen, hinzukommen ein Mangel an Fachkräften und steigende Preise für Rohstoffe und Dienstleistungen. Eine Lösung lautet mehr Automatisierung. Während beispielsweise bei Palettierungs-, Handlings- oder Montageaufgaben die Automatisierungslösungen schon weit fortgeschritten sind, steht die Werkzeugautomation – das flexible und automatisierte Be- und Entladen von Maschinen mit Werkzeugen – noch am Anfang. Gemeinsam mit Kuka hat die global agierende Unternehmensgruppe Heller ein Pilotprojekt gestartet und umgesetzt, das genau diese Lücke schließen kann.

„In diesem Bereich gibt es viel Potenzial. Es geht nicht nur darum, vor der Maschine zu automatisieren, sondern auch dahinter“, sagt Robert Eber, zuständig für die Paletten- und Roboterautomation bei Heller. An fünf Produktionsstätten weltweit fertigt die Unternehmensgruppe CNC-Werkzeugmaschinen und Fertigungssysteme für die spanende Bearbeitung. Zahlreiche Unternehmen aus dem allgemeinen Maschinenbau, der Energietechnik, der Fluidtechnik, der Aerospace- und Automobilindustrie sowie deren Zulieferer zählen zu den Kunden des 1894 in Nürtingen gegründeten Unternehmens. Schon bei früheren Aufgaben nutzte Heller roboterbasierte Lösungen von Kuka. Für das Pilotprojekt in der Werkzeugautomation jedoch arbeiteten beide Unternehmen erstmals partnerschaftlich zusammen, um eine marktfähige Lösung zu entwickeln.

Mobile Roboterplattform mit omnidirektionaler Antriebstechnik

Die Zusammenarbeit startete mit dem Ziel, herauszufinden, welche manuellen Vorgänge sich automatisieren lassen und wo die Grenzen liegen. „Wir haben Heller kontaktiert und gefragt, ob sie Bedarf in der mobilen Robotik sehen und das wurde direkt mit einem Ja beantwortet. Daraus sind dann die ersten Ideen, Konzepte und schließlich unser Pilotprojekt entstanden“, berichtet Steffen Günther, Global Business Development Manager bei Kuka. Im Frühjahr 2021 starteten die beiden Unternehmen das Projekt, gut ein Jahr und die eine oder andere Herausforderung später war die Lösung schließlich gefunden.

Und die sieht folgendermaßen aus: Mittels der Informationen aus dem Produktionsauftrag, der von den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt wird, legt ein Leitrechner der Firma Certa fest, welche Werkzeuge die Maschine benötigt. Er beauftragt den KMR Cybertech, die entsprechenden Werkzeuge aus dem Lager zu holen. Die mobile Plattform, angetrieben durch omnidirektionale Technologie, mit einem darauf installierten Roboter KR Cybertech macht sich auf den Weg. „Der KMR Cybertech war hierfür das optimale Produkt, da wir bei der Werkzeugaufnahme ein maximales Gewicht bis 20 Kilogramm haben“, merkt Günther an. Der Roboterarm greift die entsprechenden Werkzeuge und platziert sie auf den dafür passenden Vorrichtungen auf der Plattform. Dann geht die Fahrt weiter.

Automatischer Austausch verschlissener Werkzeuge

Die mobile Robotereinheit bringt die Teile zur entsprechenden Maschine und setzt sie dort ein, wo sie benötigt werden. „Durch die automatisierte Lösung entfällt für den Mitarbeiter der Gang zur Maschine und das Einlegen der Werkzeuge. So können wir den Schwerpunkt der manuellen Arbeit verlagern“, erklärt Eber. Nicht nur das Be- und Entladen übernimmt in dieser Lösung der KMR Cybertech, sondern auch den Austausch. Wenn zum Beispiel der Leitrechner die Information über ein verschlissenes Werkzeug erhält, macht sich die Plattform auf den Weg zur betroffenen Maschine. Entladen, abtransportieren, neues Werkzeug holen, in die Maschine einlegen – fertig.

Besonders herausfordernd bei der Entwicklung dieser Lösung war die Kommunikation aller beteiligten Systeme untereinander. „Welche Daten sind wann und wo verfügbar? Die größte Herausforderung für uns waren die Schnittstellen für den Datenaustausch“, sagt Eber. Durch die geballte Automatisierungskompetenz von Kuka und Heller konnte nach einigen Tests ein passender Weg gefunden werden, um die mobile Plattform nicht einfach nur von A nach B fahren zu lassen. Sie wird nun ad-hoc mit notwendigen Informationen versorgt, anhand derer sie zu jedem Zeitpunkt genau weiß, was zu tun ist. Auch eine zweite Anforderung sollte bei dem Pilotprojekt realisiert werden. „Wir wollten so wenig wie möglich vom manuellen Betrieb verändern“, konkretisiert Eber. „Das heißt: Auch der Mitarbeiter soll weiterhin Werkzeuge einlegen und Daten verwalten können, wenn das notwendig sein sollte.“

Projekt hat Machbarkeit bewiesen

Das Projekt ist abgeschlossen, die Machbarkeit wurde festgestellt: Die Kommunikation funktioniert und die Maschinen können nun sowohl von Menschen als auch von Robotern mit Werkzeugen beladen werden. „Wir werden nun den Markt beobachten und sind bereit, die nächste Stufe zu betreten und auf Kundenanfragen zu reagieren“, betont Eber. Auch für Kuka war es das erste große Projekt mit mobiler Robotik im Bereich der Werkzeugautomation. Steffen Günther ist überzeugt, damit dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken und Industrieunternehmen zu stärken. „Die mobile Robotik kann diese Arbeiten 24/7 durchführen und die Facharbeiter können sich auf ihre Kompetenzen und wertschöpfendere Tätigkeiten konzentrieren.“ Der Grundstein ist gelegt, erste Kundenprojekte und Angebote konnte die Zusammenarbeit mit Heller bereits generieren. Nun gilt es, das zukunftsweisende Projekt in die Produktionshallen weiterer Werkzeughersteller zu integrieren.

Sebastian Schuster/rk