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Dieses Titan-Aluminium-Target hat schon PVD-beschichtet: Die Teilchen werden dabei vom Target abggesputtert. Deren Metallionen treffen dann mit hoher Geschwindigkeit auf die zu beschichtenden Teile auf.
Foto: NCFertigung
Dieses Titan-Aluminium-Target hat schon PVD-beschichtet: Die Teilchen werden dabei vom Target abgesputtert. Deren Metallionen treffen dann mit hoher Geschwindigkeit auf die zu beschichtenden Teile auf.

THEMA DER WOCHE 07/2023

Was leisten PVD-Beschichtungen heute?

PVD-Beschichten liegt voll im Trend. Wie und warum jährlich bis zu 9 Mio. Bohrer, Fräser, Wendeschneidplatten in Würselen beschichtet werden, erklärt Cemecon.

Haben Sie immer die richtigen Schichtwerkstoffe parat? Cemecon, der seit 1999 in Würselen bei Aachen ansässige Beschichtungsanlagenhersteller, betont, für alle Materialien die richtige Beschichtung zu haben. „Mit unseren Anlagen beschichten wir heute vor allem Vollhartmetall-Werkzeuge und Wendeschneidplatten, die mit unseren Beschichtungen länger und produktiver einsetzbar sind“, skizziert Beschichtungsexperte Manfred Weigand die Mission des 1986 gegründeten Unternehmens.

50 Anlagen allein in Würselen

Mittlerweile, so CMO Dr.-Ing. Beate Hüttermann, seien bereits über 300 Beschichtungsanlagen weltweit installiert. „Allein hier in Würselen stehen über 50 Anlagen. Wir sind quasi der größte Anwender unserer eigenen Beschichtungsanlagen, weil wir als Dienstleister eben nach Wunsch beschichten – mittlerweile summiert sich das auf rund 9 Millionen Zerspanwerkzeuge pro Jahr.“ Das sei zwar eine große logistische Herausforderung, da die Aufträge vor allem stark auf die heutzutage sehr individuelle und flexible Produktion der Werkzeughersteller abgestimmt werden müsste, um letztlich deren Lieferzeiten so kurz wie möglich halten zu können. Deshalb unterliegt die Tagesauslastung der Anlagen starken Schwankungen und könne nach Angaben von Manfred Weigand die durchschnittliche Stückzahl von ca. 36.000 Werkzeugen pro Tag deutlich übertreffen. Die Kapazität liegt in Stoßzeiten bei rund 100.000 Stück.

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Manfred Weigand (v.li.), Beate Hüttermann und Pressechefin Luisa Bartz: „Unsere CC800-Anlagen können PVD-Beschichtungen von 1 bis 12 µm auftragen. So werden Werkzeuge optimal geschützt und deren Standzeiten teilweise exponentiell verlängert.“
Foto: NCFertigung
Manfred Weigand (v.li.), Beate Hüttermann und Pressechefin Luisa Bartz: „Unsere CC800-Anlagen können PVD-Beschichtungen von 1 bis 12 µm auftragen. So werden Werkzeuge optimal geschützt und deren Standzeiten teilweise exponentiell verlängert.“

Ganz nah dran bei der Entwicklung neuer Zerspanungsprozesse

Weltweit hat Cemecon es geschafft, in ihren drei weiteren Beschichtungszentren in den USA, China und Japan die gleichen Fertigungsbedingungen einzurichten. „Zwar haben wir nicht überall gleich viele Maschinen, die Prozesse sind aber überall tatsächlich identisch.“ Nur mit dieser gespiegelten Fertigung könne weltweit gleichbleibend hohe Qualität erzeugt werden, betont Manfred Weigand die Basis, um heutzutage als Lieferant für die globalen Netzwerke in Frage zu kommen. „Nur wenn Sie weltweit absolut identische Werkzeugbeschichtungen produzieren und liefern können, werden Sie globaler Partner der großen OEMs. Damit wir auch technologisch in der Champions League spielen, beteiligen wir uns an vielen Forschungsprojekten bei den namhaftesten Instituten – vor allem natürlich beim gut 10 km entfernten Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen – und weiteren Kooperationen, um ganz nah bei der Entwicklung der künftigen Zerspanungsprozesse dabei zu sein“, erklärt Dr. Beate Hüttermann die Zukunftsstrategie.

Anlagen wann kaufen oder beschichten lassen?

Wann lohnt es sich aber, eine Cemecon-Beschichtungsanlage zu kaufen? Wichtigster Anhaltspunkt ist nach Erfahrung von Manfred Weigand das zu beschichtende Volumen: „Wenn Sie pro Woche nicht regelmäßig mehrere Chargen Werkzeuge oder Wendeschneidplatten zur Hipims oder Diamant-Beschichtung haben, lohnt sich ein Kauf nur, wenn Transportzeiten von zwei Tagen eingespart werden sollen oder eben auch eigene Schichtentwicklung betrieben wird.“ Deshalb hätten bereits fast alle in Deutschland produzierenden, großen Werkzeughersteller in ihren Herstellwerken eigene Beschichtungsanlagen von Cemecon installiert. Als Daumenwerte für das Fassungsvermögen des Cemecon-Flaggschiffs, der CC800-Hipims Beschichtungsanlage, nennt Manfred Weigand beispielsweise bis zu 3.000 Stück einer ½“-Wendeschneidplatte, 1.800 6er-Bohrer oder 4.000 ultrakurze Bohrer. „In die CC800 geht schon einiges rein. Highlight ist aber mittlerweile die sehr kurze Beschichtungszeit, die wir mit neuester Generatorentechnologie und Abscheideverfahren auf rund 4-5 h senken konnten. Das heißt, Anwender können problemlos an einem Tag mehrere Beschichtungschargen durchführen.“

Nassstrahlen verhindert Körnchen in der Beschichtung

Vorteile der von Cemecon durchgeführten Beschichtungen ist nach Erfahrung von Manfred Weigand vor allem der niedrige Invest. Schließlich seien zur Beschichtung bis zu zehn Arbeitsschritte nötig, für die Cemecon je nach Werkzeug mittlerweile rund 3.000 unterschiedliche Arbeitspläne nutzt – von der Werkzeugreinigung und Vorbehandlung bis zum Finish, je nach Bedarf kann so die bestehende Kantenverrundung, Schartigkeit oder auch Schleifqualität optimiert werden, die verhindert vorzeitige Ausbrüche in der Zerspanung.

Unterstützung für das optimale Beschichtungsergebnis

Zudem werden kundenindividuelle Beschichtungen in Würselen angeboten: „Unsere Ingenieure besprechen intern circa 10 bis 20 Projekte pro Woche, das sind 700 bis 800 Projekte pro Jahr.“ Meist, so Manfred Weigand, geht es um reelle Serienwerkzeuge, für die Cemecon dann seinen Kunden konkrete Empfehlungen bezüglich Vorbehandlung, Beschichtung und Nachbehandlung basierend auf dem zu bearbeitenden Material und der Geometrie des Werkzeugs gibt, um eben ein optimales Beschichtungsergebnis zu erzielen. „Natürlich bieten wir auch umfangreiche Zerspanstests mit verschiedenen Beschichtungsvarianten an, die so lange getestet werden, bis der Kunde zufrieden ist und die gewünschten Standwege und -zeiten erreicht wurden. All das wird in einem Engineering-Bericht zusammengefasst.“

Metallionen treffen mit Lichtgeschwindigkeit auf

„Die CC800 produziert unglaublich feine Schichtwerkstoffe. Wir haben für Kunden auch schon Schichten unter 1 µm hergestellt. Die Teilchen werden dabei von den sogenannten Targets, dem zu verdampfenden Material, ausgelöst. Die Metallionen treffen dabei mit hoher Geschwindigkeit auf die Werkzeuge.“ Vorteile der Hipims-Beschichtung sind nach Angaben von Manfred Weigand nicht nur die hauchdünne, ultraglatte, extrem haftfeste und dichte 1-µm-Schichten, sondern vor allem die schnellen Prozesszeiten bei Prozesstemperaturen von 450 bis 600°C. Der Diamantbeschichtungsprozess benötigt demgegenüber 800 bis 900°C Prozesstemperatur und ist für andere Zerspananwendungen im NE-Bereich die richtige Lösung.

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Keine Kompromisse: Vor der Auslieferung werden in der Qualitätssicherung sämtliche beschichteten Teile nochmal unter die Lupe genommen. Franz-Peter Sladky prüft hier Schichtdicke und Rundlauf.
Foto: NCFertigung
Keine Kompromisse: Vor der Auslieferung werden in der Qualitätssicherung sämtliche beschichteten Teile nochmal unter die Lupe genommen. Franz-Peter Sladky prüft hier Schichtdicke und Rundlauf.

Niedrige Prozesstemperatur – Prozesszeit abhängig von der Schichtdicke

Darüber hinaus würde die Vorzeigetechnologie Hipims gerade bei der Wendeschneidplattenbeschichtung viele neue Türen öffnen. Schichtdicken bis zu 12 µm und mehr sind bereits state-of-the-art: „Vieles ist möglich. Aufgrund der Anlagengröße hat sich Cemecon auf den Bereich der Zerspanwerkzeuge konzentriert. Dekorative Beschichtungen zum Beispiel sind nicht unser Fokus. Durchlaufanlagen sind hier deutlich günstiger als unsere Batch-Anlagen. In Summe fokussieren wir deshalb auf funktionale High-End-Beschichtung von Präzisionswerkzeugen, weil das mit unseren Anlagen eben sehr definiert möglich ist.“ Welche Premium-Schichtstoffe Cemecon zur Beschichtung von Präzisionswerkzeugen anbietet, finden Sie hier beschrieben in diesem 15-seitigen pdf.