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Werkzeugspindel mit Messtaster für die Korrekturmessung.
Foto: Liebherr
Werkzeugspindel mit Messtaster für die Korrekturmessung.

Werkzeugmaschinen

Wälzstoßen von unechten Pfeilverzahnungen

Liebherr hat sich der Herausforderung Doppelschrägverzahnungen angenommen. Wichtiger Bestandteil des Konzepts: ein Messtaster für die Korrekturvermessung. 

Beim Wälzstoßen von unechten Pfeilverzahnungen ist die exakte Positionierung der beiden Zahnräder zueinander häufig mit viel Aufwand verbunden. Die Liebherr-Verzahntechnik GmbH hat sich dieser Herausforderung angenommen und erweitert ihr Technologieportfolio für die Herstellung von Doppelschrägverzahnungen. Wesentlicher Bestandteil des aufeinander abgestimmten Konzepts von Maschine, Werkzeug und Technologie ist ein Messtaster für die Korrekturvermessung in der Maschine, der für Präzision und Prozesssicherheit sorgt.

Patentiert von André Citroën um 1900 – und auch heute in vielen Industrien unentbehrlich: Doppelschrägverzahnungen kommen in unterschiedlichsten Größen in einer Vielzahl von Branchen zum Einsatz. Von kleinsten Abmessungen in der Luft- und Raumfahrt bis hin zu riesigen Dimensionen in der Energie- oder Fördertechnik kombinieren sie die Vorteile von Gerad- und Schrägverzahnungen: laufruhig, geräusch- und verschleißarm, mit hohem Wirkungsgrad und geeignet für die Übertragung großer Kräfte.

Echte und unechte Pfeilverzahnungen

Es wird zwischen sogenannten echten und unechten Pfeilverzahnungen unterschieden. Letztere weisen eine Lücke zwischen beiden Verzahnungen auf. Das klassische Herstellungsverfahren, insbesondere für Zahnräder mit größeren Abmessungen, ist das Hobeln. Allerdings werden die altgedienten Hobelmaschinen nicht mehr gebaut, weshalb zunehmend auf alternative Herstellungsverfahren wie Stoßen oder – bei sehr großen Abmessungen –4-Achs-Fräsen ausgewichen wird. Unechte Pfeilverzahnungen lassen sich einfacher und kostengünstiger herstellen als echte Pfeilverzahnungen, da die Lücke zwischen den Zahnrädern Raum für den Werkzeugauslauf bietet. Die Herausforderung bei der Fertigung besteht hierbei allerdings darin, die beiden Verzahnungen zueinander auszurichten und exakt zu positionieren. Je nach Abmessung der Werkstücke werden unechte Pfeilverzahnungen mittels zweier Methoden hergestellt. Kleinere Zahnräder mit geringer Radbreite können in einer Aufspannung gefertigt werden. Auf dem Werkzeughalter befinden sich zwei Schneidräder, die die obere Verzahnung stoßen und die untere Verzahnung ziehen oder – je nach Spaltbreite – beide Verzahnungen stoßen. Bei Zahnrädern mit großer Radbreite ist es aus Platzgründen nicht nur erforderlich, das Werkzeug zu wechseln, sondern auch das Werkstück zu wenden. Um beide Zahnräder vor dem zweiten Bearbeitungsschritt exakt zueinander auszurichten, müssen ihre Winkelposition (Index) und ihre axiale Position in einer Zwischenmessung präzise bestimmt werden, damit der sogenannte Apex-Punkt in der geforderten Toleranz gefertigt wird. Mit herkömmlicher Messtechnik ist dies aufwendig und erfordert viel Erfahrung bei der Bedienung. Hierbei können Ungenauigkeiten durch Ausricht- oder Handhabungsfehler entstehen.

Messtaster verbessert Positioniergenauigkeit

Mit einem neu entwickelten Messtaster hat die Liebherr-Verzahntechnik GmbH nun die Möglichkeit zur präzisen Korrekturvermessung in der Schleifmaschine geschaffen. Der Messtaster sitzt direkt auf der Werkzeugspindel und befindet sich damit im selben Koordinatensystem wie das Schneidrad selbst. Dies reduziert Ungenauigkeiten, die durch einen Werkzeugwechsel oder das Wenden des Werkstücks entstehen können, und führt zu einem erheblichen Zuwachs an Qualität und Prozesssicherheit. In Kombination mit den NC-gesteuerten Achsen der Stoßmaschine wird eine Messgenauigkeit bis auf wenige Mikrometer erzielt. Gleichzeitig reduziert sich der Zeit- und Handhabungsaufwand beim Ausrichten der beiden Verzahnungen zueinander. Eine bedienungsfreundliche Software führt durch sämtliche Prozessschritte der Anwendung.

Leistungsstarke Stoßköpfe

„Die Korrekturmessung ist Teil eines Konzepts aus Maschine, Werkzeug und Technologie, mit dem Liebherr sein Technologieportfolio für die Herstellung unechter Pfeilverzahnungen erweitert und optimiert“, fasst Dr. Andreas Mehr, Experte für das Verzahnungsstoßen bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH, die Entwicklung zusammen. „Alle Komponenten, einschließlich Werkzeughalter und Schneidrad, sind optimal aufeinander abgestimmt,“ erklärt er weiter und ergänzt: „Software und Werkzeughalter lassen sich übrigens auch auf einer Bestandsmaschine einfach nachrüsten.“

Die Wälzstoßmaschinen sind ausgestattet mit leistungsstarken Stoßköpfen für Hublängen zwischen 70 und 240 mm, die mit einer elektronischen Schrägführung ausgerüstet sind. Damit lässt sich der Schrägungswinkel des Werkstücks einfach in die Steuerung programmieren. Die Reduzierung von Messungenauigkeiten und manuellen Prozessschritten machen das Fertigungsverfahren wirtschaftlicher, wie das folgende Anwendungsbeispiel einer Liebherr-Stoßmaschine mit elektronischer Schrägführung im Einsatz bei einem amerikanischen Unternehmen für Lohnverzahnung zeigt.

Schnittgeschwindigkeit verdoppelt

Bei Cincinnati Gearing Systems Inc. (CGS) in Ohio ist seit Anfang des Jahres eine LS 1400 E im Einsatz. CGS ist ein anerkannter Marktführer in der Herstellung und Konstruktion von Präzisionskomponenten für die Getriebetechnik und Gründungsmitglied der American Gear Manufacturer's Association (AGMA), der US-Normungsorganisation für Verzahnungen. Doch CGS ist weit mehr als nur ein Getriebehersteller: Das Unternehmen bietet seinen Kunden mehr als 100 Jahre Erfahrung in der Fertigung von hochwertigen, zuverlässigen und kostengünstigen Verzahnungslösungen für Bauteile und Getriebe für zahlreiche Energieübertragungsanwendungen, wie Automobilgetriebe, Dieselmotoren, Antriebe für militärische und kommerzielle Seefahrtanwendungen, turbinengetriebene Generatorantriebe, Windenergie, Pumpenantriebe sowie Expander- und Kompressorantriebe.

„Dank der CNC-Stoßmaschine von Liebherr konnten wir die Bearbeitungszeit für Doppelschrägverzahnungen erheblich reduzieren. Die Maschine hat unsere bisherigen Schnittgeschwindigkeiten verdoppelt“, so Alex Rye, Fertigungsleiter bei CGS. „Die Korrekturmessung innerhalb der Maschine führt zu einer wesentlich höheren Qualität der Verzahnungen. Und dank der elektronischen Schrägführung stoßen wir jetzt jeden Schrägungswinkel ganz ohne zusätzliche Werkzeuge.“

ak