Für viele Anwender in der Verzahnungsproduktion gilt: Das Wälzschälen wird immer interessanter. Nicht ohne Grund, denn das Verfahren ist viel schneller als das Stoßen sowie flexibler als das Wälzfräsen und Räumen. Allerdings galt das Verfahren jahrelang als eher kompliziert. Vor diesem Hintergrund ist die neue Entwicklung von Emag ein „Gamechanger“: Mit der Maschine VSC 400 PS wird laut Angaben das Wälzschälen einerseits sehr einfach, weil der Bediener nur noch sehr wenige Daten eingeben muss. Ein Verzahnungsexperte braucht man dafür nicht mehr sein. Zum anderen lässt sich die VSC 400 PS mit bis zu vier Wälzschälwerkzeugen und sechs Drehwerkzeugen ausstatten. In der Folge können Anwender selbst komplexe Bauteile in einer Aufspannung prozesssicher und schnell fertigstellen.
Innen- und Außenverzahnungen gibt es wie Sand am Meer: Zum Beispiel in der Elektromobilität, in allen Planetengetrieben oder im Hydraulikbereich sind verzahnte Bauteile und viele Zahnräder unverzichtbar. Dabei ist die Aufgabe für Produktionsplaner nicht einfach: Welches Verfahren soll jeweils zum Einsatz kommen? Je nach Art des Bauteils bietet sich zum Beispiel das Wälzstoßen an, was allerdings eher langsam ist. Das alternative Wälzfräsen benötigt einen relativ langen Auslauf am Bauteil und kann zudem bei Innenverzahnungen nicht zum Einsatz kommen. Und mit dem Räumen lassen sich Störkonturen nicht umsetzen. „Unter diesen Vorzeichen ist das Wälzschälen häufig die beste Lösung – speziell bei Innenverzahnungen“, erklärt Daniel Nille, Leiter Technologieentwicklung in der Emag Maschinenfabrik. „Es ist deutlich schneller als das Stoßen und benötigt weniger Auslauf als das Wälzfräsen.“
Bis zu vier verschiedene Wälzschälwerkzeuge im Einsatz
Seit mehr als zehn Jahren beschäftigen sich die süddeutschen Maschinenbauer bereits mit dem Wälzschälverfahren und mittlerweile setzen eine ganze Reihe von Kunden auf die Emag-Lösungen. Aktuell vollziehen die Spezialisten aber einen entscheidenden technologischen Schritt: Die neue Wälzschälmaschine VSC 400 PS kombiniert das Wälzschälen nicht nur mit Drehprozessen, sondern kann zudem auch bis zu vier verschiedene Wälzschälwerkzeuge auf zwei Spindeln aufnehmen. Dazu kommen bis zu sechs Drehwerkzeuge. In der Folge eröffnen sich weitreichende Vorteile für jeden Anwender, denn die Kombination macht diverse Varianten möglich:
• Zum Beispiel erfolgen das Schruppen (etwa mit einem Wendeplattenwerkzeug) und das anschließende Schlichten (etwa mit einem Hartmetallwerkzeug) in einer Aufspannung und in einer Maschine schnell hintereinander. Folglich können Anwender Investitionskosten sparen und die Gesamtbearbeitungszeit für ein Bauteil minimieren.
• Alternativ kann die Maschine mit ihren zwei Spindeln, auf denen sich jeweils bis zu zwei Wälzschälwerkzeuge befinden, auch vier verschiedene Außen- und Innenverzahnungen mit vier Werkzeugen fertigen. Ein großer Vorteil dabei ist, dass die Lage der Verzahnungen zueinander am Ende perfekt ist, wie Emag betont. Die unveränderte Aufspannung macht es möglich. Ein Einmessen der ersten Verzahnung vor dem Fertigen der zweiten entfällt also.
• Ähnlich effizient ist die Kombination von Vordrehen und Wälzschälen. Dabei sorgt die einmalige Aufspannung des Werkstücks für fehlerfreie Ergebnisse beim Rundlauf sowie minimale Taktzeiten.
Perfekt synchronisierte Achsen
Darüber hinaus profitieren Anwender von einer ganzen Reihe von technischen Details der VSC 400 PS, die für Bauteile mit einem maximalen Durchmesser von 340 mm und einer maximalen Höhe von 420 mm ausgelegt ist. Dabei sorgen Direktantriebe in der Haupt- und Frässpindel für perfekt synchronisierte Achsen während des spanenden Prozesses, so der Hersteller. Zudem lässt die sehr steif ausgelegte B-Achse eine große Varianz von Achskreuzwinkeln zu – das ist der Anstellwinkel des Werkzeugs, der beim Wälzschälen immer leicht schräg zum Bauteil angeordnet wird. Aufgrund dieser Schrägstellung kommt es zum eigentlichen Schnitt. Typisch ist ein Wert zwischen 15 und 25°, wobei Emag aber auch bereits Wälzschälprozesse mit einem Winkel von rund 45 ° realisiert hat. Mit jedem Eingriff wird ein wenig Material abgetragen – ein ebenso schneller wie präziser Prozess. Zusätzlich zahlen sich die typischen Qualitätsmerkmale des Emag-Maschinenbaus aus, heißt es weiter. So gewährleistet die symmetrische Bauform einen geschlossenen Kraftfluss, was wiederum der Genauigkeit am Werkstück zugutekommt. Außerdem sorgen hydrostatische Führungen dafür, dass Vibrationen gedämpft werden. In der Folge werden zum Beispiel deutlich längere Werkzeugstandzeiten erreicht.
Den Bedienprozess vereinfacht
Von großer Bedeutung ist zudem die Bedienoberfläche der Maschine, denn das Wälzschälen ist ein anspruchsvolles Verfahren mit potenziell vielen Einstellparametern, die bei Emag allerdings weitgehend entfallen. „Es war von Anfang an unser Ziel, den gesamten Bedienprozess an der Maschine deutlich zu vereinfachen“, so Nille. „Tatsächlich muss sich der Bediener jetzt kaum noch mit dem Verfahren auskennen. Im Grunde gibt er nur die gewünschten Verzahnungswerte des Bauteils, die Werte des Werkzeug-Datenblatts und die Schnittwerte ein, wobei unsere intuitive Bedienoberfläche diese Arbeit sehr unterstützt. Den Rest macht die Maschine. Sie berechnet selbstständig das gesamte Bearbeitungsprogramm für den Wälzschälprozess. Noch einfacher kann man das Wälzschälen kaum ausführen.“ Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, in ähnlich einfacher Weise diverse Korrekturen auszuführen – etwa auf Basis von Messwerten an fertigen Bauteilen. Während des ganzen Prozesses wird der Bediener durch interaktive Bilder und automatische Sicherheitsabfragen unterstützt.
Vergleichbar effizient ist eine denkbare IoT-Einbindung der Maschine. Emag verfügt hier bereits über ein komplettes Ökosystem mit dem Namen „EDNA“ (steht für Emag-DNA). Im Kern besteht es aus einem Industrie-PC, der mithilfe der Software EDNA Cortex die Daten aufzeichnet, aggregiert und analysiert. In der Folge kann zum Beispiel der sogenannte Health Check zum Einsatz kommen. Er bewertet den Zustand der Maschine durch die Analyse von regelmäßigen Vibrationsmessungen. Anschließend prüfen Experten die Ergebnisse. Diese Kombination von Expertenwissen und Machine learning ermöglicht tiefe Einblicke in den Verschleißzustand.
Anwender können Investitionskosten senken
Bleibt am Ende die Frage nach dem Einsatzbereich: Wo spielt die VSC 400 PS ihre Stärken aus? „Im Grunde überall, wo Innen- und Außenverzahnungen mit hoher Qualität gefordert sind, wobei unsere Maschine vor allem für Flanschteile konzipiert ist“, betont Nille. Dabei gilt: Je mehr Drehoperationen oder verschiedene Wälzschälprozesse am Bauteil nötig sind, desto effektiver ist das Emag-Konzept mit bis zu vier Verzahnungswerkzeugen und sechs Drehwerkzeugen, heißt es weiter. Davon profitiere auf der einen Seite die Bauteilqualität, weil zum Beispiel die Lage der Verzahnungen perfekt zueinander ausgerichtet wird. Zum anderen können Anwender ihre Investitionskosten senken und mehrere Operationen auf einer Maschine durchführen. So lassen sich etwa die Verzahnungen dadurch direkt in der gleichen Aufspannung entgraten.
rk