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Wende nach Corona in Sicht: Der Vorsitzende des VDMA-Fachverbandes Präzisionswerkzeuge, Stefan Zecha (r.u.) blickte positiv ins neue Jahr: Trotz aller Unwägbarkeiten sei der VDMA zuversichtlich und erwartet einen Produktionswert von 9,4 Mrd. EUR.

Thema der Woche 5/2021

Trotz Corona deutliches Umsatzwachstum erwartet

Der VDMA-Fachverband Präzisionswerkzeuge sieht trotz Corona und dem Umsatzeinbruch von 23% für 2021 bereits wieder deutliche Anzeichen für Umsatzsteigerungen.

Nach dem corona-bedingten Umsatzrückgang in 2020 von rund 23% hatten die Experten des VDMA-Fachverbands Präzisionswerkzeuge in der kürzlich online veranstalteten Jahresauftakt-Pressekonferenz wieder positive Erwartungen, ja deutliches Umsatzwachstum verkündet. Der Vorsitzende Stefan Zecha konkretisierte diese Erwartungen auch gleich mit einen konkreten Richtwert: „Trotz aller Unwägbarkeiten sind wir zuversichtlich, in diesem Jahr einen Produktionswert von rund 9,4 Mrd. EUR erreichen zu können.“

Corona förderte neue Werkzeugkonzepte

Brandbeschleuniger sei Corona gewesen und auf das bereits seit 2019 lodernde Feuer einer Krise in wichtigen Kundensegmenten, wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau, getroffen. „Allerdings hat uns gerade im vergangenen Jahr gerettet, dass unsere Kunden mit neuen Werkzeugkonzepten Produktivitätsgewinne ohne große Investitionen realisieren können“, betonte Stefan Zecha.

Positiver Trend seit November

Entsprechend mager sei dafür das Erstausrüstungsgeschäft 2020 ausgefallen. Die ebenfalls exportlastige Präzisionswerkzeugbranche konnte lediglich auf dem chinesischen Markt größere Verluste verhindern. In allen anderen Ländern inklusive dem Heimatmarkt ging das Geschäft stark zurück. Nach Aussage verschiedener Unternehmen ist seit November wieder ein positiver Trend bei den Aufträgen zu spüren. Das macht die Werkzeughersteller zuversichtlich, dass sich der Investitionsknoten in absehbarer Zeit löst, betonten die Experten.

Wichtige Wissen- und Kontaktbörsen

Die größte Herausforderung für das sehr beratungsintensive Geschäft mit Präzisionswerkzeugen war der pandemiebedingte Wegfall von Kundenbesuchen und Präsenzmessen. „Deshalb wurden die neuen digitalen Wissenstransfer- und Kontaktbörsen, wie das Innovationsforum Präzisionswerkzeuge - IFP 2020 der Partner GFE Schmalkalden und VDMA Präzisionswerkzeuge oder die Metav-Websessions von Kunden wie Herstellern dankbar angenommen“, sagte Stefan Zecha.

Home-Office sei Angriff auf betriebliche und unternehmerische Freiheiten

Beim Thema Home-Office zeigte sich Stefan Zecha irritiert. Denn die Branche leiste mit intelligenten, aber aufwendigen Hygienekonzepten in der Fertigung und mit Home-Office Lösungen bei den Büroarbeitsplätzen selbstverständlich ihren Beitrag für den Gesundheitsschutz ihrer Belegschaften. „Der Versuch einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf Home-Office jetzt durch die Hintertür mit Hilfe des Arbeitsschutzes durchzusetzen, halten wir für einen Angriff auf die betrieblichen und unternehmerischen Freiheiten und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland“, erklärte Stefan Zecha.

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Foto: VDMA, NCFertigung
Das China-Geschäft ging nur um 8% zurück. Beonders das zweite Halbjahr zeigte bei der weltweiten Automobilproduktion einen positiven Trend und macht laut Stefan Zecha Mut für 2021. 

Problematisch sieht Stefan Zecha vor allem die Entwicklung der wichtigsten Kundenbranchen für deutsche Präzisionswerkzeuge. So hatte die Weltautomobilproduktion 2020 einen beispiellosen Rückgang um 16% erlebt. Ohne Ausnahme ging in allen Automobilproduktionsländern im letzten Jahr die Fertigung von Fahrzeugen deutlich zurück. In Deutschland beispielsweise sank die Pkw-Produktion auf die niedrigste Stückzahl seit dem Jahr 1975, berichtet Stefan Zecha. Immerhin zeigte das zweite Halbjahr bei der weltweiten Automobilproduktion einen positiven Trend und macht Mut für 2021. Deutlich besser lief es beispielsweise in China, wo lediglich ein Rückgang von nur 8% verzeichnet wurde. Der Maschinenbau als zweite große Kundenbranche blieb in Deutschland um 14% unter Vorjahr. „Weltweit sehen wir einen Rückgang um 6 Prozent und prognostizieren in einem Basisszenario ein weltweites Wachstum um 7 Prozent für 2021“, berichtet Stefan Zecha. Große Rückgänge muss hingegen die Luftfahrtindustrie verzeichnen, die ihre Produktionskapazitäten 2020 schnell und langfristig deutlich gekappt hat. Hier ging die Produktion um ca. 40% zurück und auch für 2021 ist keine große Belebung zu erwarten.

Sorgen machen Abgasemissionsgesetzgebung und Euro 7

Da die EU-Kommission an einer verschärften Abgasemissionsgesetzgebung für Pkw und Nutzfahrzeuge mit Fokus auf Stickoxide- und Partikel-Emissionen sowie an anderen Sekundäremissionen (Euro 7) arbeitet, warnt Stefan Zecha davor, dass Fahrzeuge, so wie in Szenarien angedacht, unter fast allen Umständen und Betriebsbedingungen emissionsfrei werden müssen. Entsprechend massiv soll die Emissionsgesetzgebung verschärft werden. „All die im Vorschlag diskutierten Verschärfungen führen dazu, dass die aktuellen Szenarien in dieser Form technisch nicht wirklich erfüllbar sind und die Zukunft von verbrennungsmotorischen Antrieben in der Mobilität auf diese Weise de facto bedrohen“, mahnt Stefan Zecha.

Zerspanwerkzeuge mit Licht am Ende des Tunnels

Positive Zeichen sendet vor allem der Vorsitzende der Fachabteilung Gewindewerkzeuge, Gerhard Knienieder, nach dem Abschwung zum Jahresende 2019 durch den Handelskonflikt der USA mit China und Europa: Demnach verlief das vierte Quartal 2020 – insbesondere die beiden letzten Monate des Jahres – deutlich erfreulicher. Insbesondere die KFZ-Hersteller und ihre Zulieferer ließen die Auftragseingänge vieler Zerspanwerkzeughersteller steigen. „Im Gegensatz dazu steckte die Flugzeugindustrie immer noch in einem tiefen Tal und wird dort wohl leider auch noch auf absehbare Zeit verweilen. Insgesamt sank der Umsatz mit Zerspanwerkzeugen 2020 um 20 Prozent gegenüber 2019“, berichtet Gerhard Knienieder.

China stabil, USA mit -22%, Indien -35%

Von den Exportmärkten zeigte sich nur China relativ stabil, so Gerhard Knienieder. In den statistisch erfassten ersten zehn Monaten lagen die Lieferungen nach China nur noch um 3% unter 2019. „Für das Gesamtjahr könnte hier sogar noch das Vorjahresergebnis erreicht werden. Die Märkte in allen anderen relevanten Ländern fragten dagegen deutlich weniger Zerspanwerkzeuge nach“, so Gerhard Knienieder. Nicht gut liefen USA (-22%), die EU-27-Partnerländer (-21%) und vor allem Indien (-35%). Lichtblicke waren die Exporte in die Schweiz (-10) und nach Russland (-4). „Insgesamt sanken nicht nur die deutschen Exporte von Zerspanwerkzeugen von Januar bis Oktober um 21 Prozent. Auch das Inlandsgeschäft war in einer ähnlichen Größenordnung rückläufig.“

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Gerhard Knienieder führte Beispiele für die Nachhaltigkeit der Branche an: Wechselkopfsysteme, Nachschleif- und Recyclingservice oder leichtere teilweise generativ hergestellte Werkzeuge, die mit ihrer geringeren Masse Energie sparen helfen.

Nachhaltige Herausforderungen und Trends

Grundsätzlich, so Gerhard Knienieder, hat das Thema Nachhaltigkeit in Zerspanungswerkzeugbranche traditionell einen sehr hohen Stellenwert. Zum einen würden die Werkzeughersteller seit jeher täglich danach streben, die Nachhaltigkeit bei den Kunden zu fördern, indem die Lebensdauer und Standzeit der Werkzeuge stetig erhöht wird, oder Werkzeugsysteme und Dienstleistungen auf den Markt gebracht werden, die maßgeblich zur Ressourcenschonung beitragen. Beispiele hierfür seien Wechselkopfsysteme, Nachschleif- und Recyclingservice oder leichtere teilweise generativ hergestellte Werkzeuge, die mit ihrer geringeren Masse Energie sparen helfen. „Damit leisten die Unternehmen der Zerspanwerkzeugbranche einen massiven Beitrag zu einer immer nachhaltigeren Produktion in der Metallbearbeitung weltweit. Aber natürlich machen wir bei unseren Bemühungen nicht vor dem eigenen Werkstor halt, sondern kümmern uns auch intensiv um unsere eigenen Prozesse. Alle erfolgreichen Unternehmen haben schon jetzt eine umweltfreundliche, manche sogar bereits eine klimaneutrale Produktion.“

Lieferkettengesetz und Ausblick

Eine Absage erteilte Gerhard Knienieder unterdessen dem Sorgfaltspflichtengesetz: „Die angedachte Verpflichtung für Unternehmen, den Status ihrer Geschäftspartner bei jeder Auftragserteilung durch die gesamte Lieferkette hinweg zu prüfen, ist praxisfern.“ Denn generell seien Beispiele aus der Nahrungsmittel- oder Textilbranche nicht ohne Weiteres auf komplexe Industrieprodukte übertragbar. Grundsätzlich sollten jenseits eines nationalen Sorgfaltspflichtengesetzes andere und vor allem europäische oder gar globale Optionen diskutiert werden, so Gerhard Knienieder. Zentral bleibt dafür, dass die Politik ihre außen-, sicherheits- und entwicklungspolitischen Instrumente umfassend nutzt, um mehr Druck auf die lokalen Regierungen auszuüben. Ein nationales Lieferkettengesetz bliebe weitgehend wirkungslos und würde schnell einen Wettbewerbsnachteil darstellen, betont Gerhard Knienieder. Unterdessen würden die ersten Wochen des Jahres 2021 den positiven Trend des vierten Quartals 2020 fortsetzen. „Die Branchen bleibt damit auf dem Wachstumspfad. Und daher bin ich guten Mutes, dass wir jetzt endlich das Licht am Ende des Tunnels sehen. Für 2021 erwarten wir eine prozentuale Steigerung um etwa 20 Prozent, womit das Vorkrisenniveau allerdings noch nicht wieder ganz erreicht werden kann."

III. Fokus Europa

Unter dem Titel „Fokus Europa – wie sieht die konjunkturelle Situation in wichtigen Nachbarländern aus?“, skizzierte ECTA-Präsident Markus Horn zunächst die Lage der Zerspanwerkzeughersteller in ganz Europa. So traf die Corona-Pandemie 2020 alle. Insgesamt verzeichneten die EU-27-Länder einen Rückgang ihrer Lieferungen um 20%.

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Foto: VDMA, NCFertigung
Die Exportgrafik der EU-27-Staaten von Januar bis Oktober 2020 zeigt eine ähnlich negative Entwicklung auf, wie die deutsche. Auch die europäischen Unternehmen konnten ausschließlich im Chinageschäft relativ stabile Umsätze verzeichnen.  

Der wichtigste Markt, so Markus Horn, sei weiterhin der gemeinsame europäische Heimatmarkt. Denn immerhin 60% der Zerspanwerkzeug-Exporte der 27-EU-Mitgliedsländer verlassen Europa nicht. Weitere 13% der gesamten Lieferungen gehen in die anderen europäischen Länder. „Somit ist unser Heimatkontinent der Absatzmarkt für fast Dreiviertel unserer europäischen Werkzeuge.“ Dass der Brexit seine Auswirkungen hat, zeigten nach Angaben von Markus Horn die Werkzeugexporte der EU in das Vereinigte Königreich, die eben nach dem Brexit deutlich stärker zurückgingen. Hier lag der Rückgang bei 28%. Die entgegengesetzten Lieferungen aus dem Vereinigten Königreich sanken ebenfalls stärker, nämlich um 29%. „Wie von uns erwartet und befürchtet entpuppt sich der Brexit zusehends als eine Lose-Lose-Situation. Ich bin froh, dass unsere britischen Werkzeugkollegen immerhin weiterhin Teil der ECTA sind. Aber dies ersetzt leider nicht den gemeinsamen Binnenmarkt. Hinter dem jetzt eilig gefundenen Handelsabkommen stehen trotz Zollfreiheit neue bürokratische Aufwände. Beispielsweise können britische Produkte seit dem 1. Januar nur noch mit einer Flut von Zollpapieren ausgeführt werden.“

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Markus Horn: Der wichtigste Markt für Europa ist Europa, der gemeinsame europäische Heimatmarkt nimmt rund 75% ab. „China als zweitwichtigster Absatzmarkt außerhalb unserer Union war ein Stabilisierungsfaktor.“

Hart getroffen von der Pandemie wurde indes Italien. Markus Horn berichtet starke Auftragsrückgänge aufgrund der verordneten Unternehmensschließungen, die sich in den ersten neun Monaten 2020 auf rund ein Viertel summierten. „Aber zum Jahresende zog in Italien die Produktion der Automobilindustrie wieder stark an und lässt hoffen“, so Markus Horn. Noch härter traf es Frankreich mit Rückgängen um 35% und für die Spannzeuge sogar um 50%. Die USA, den größten außereuropäischen Markt, nach wie vor geht etwa jedes zehnte europäische Zerspanwerkzeug in den amerikanischen Markt, orderte unterdessen 25% weniger Werkzeuge. Die Lieferungen nach China gingen dagegen nur um 5% zurück. „China als zweitwichtigster Absatzmarkt außerhalb unserer Union war damit, wie schon eingangs erwähnt, für unsere europäischen Exporte ein Stabilisierungsfaktor“, betont Markus Horn.

Spannzeuge mit insgesamt 30% Umsatzrückgang

Unter dem Titel „Fokus Spannzeuge – Investitionsstau und kein Ende“, erklärte unterdessen Peter Tausend, Vorsitzender der Fachabteilung Spannzeuge, warum sich die bereits 2019 begonnene Investitionszurückhaltung im vergangenen Jahr durch die Effekte der Coronakrise noch verstärkt und den Spanntechnikherstellern eine außerordentlich schwierige Geschäftslage beschert hat. „Insgesamt ging der Umsatz um 30 Prozent zurück.“ Bis auf das Chinageschäft, so Peter Tausend, sei sowohl der Inlandsabsatz als auch der Export für die Spannzeuge samt und sonders enttäuschend gewesen. Nur die Lieferungen in das Reich der Mitte lagen in den ersten zehn Monaten leicht über denen des – allerdings schwachen - Vergleichszeitraums von 2019. Insgesamt sank der Export von Spannzeugen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 um ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Ein weiterer Markt, in dem wir besonders starke Investitionszurückhaltung verzeichnen mussten, war das Vereinigte Königreich.“ Peter Tausend erklärt: Hier kamen drei Effekte zusammen, ein Basiseffekt aufgrund von Lageraufstockungen im Vorfeld des Brexits im vergangenen Jahr, die Coronapandemie und nun eine Investitionszurückhaltung bei Zukunftsprojekten. Zum einen wurden Projekte aufgrund des Brexits verlagert, zum anderen ist auch hier die wichtige Luftfahrtindustrie hart getroffen.

Herausforderung Digitalisierung

Da deutsche Spannzeughersteller überwiegend mittelständisch und unternehmergeführt agieren, ist nach Angaben von Peter Tausend auch deren Größe in der Regel überschaubar und die Fertigungen und Strukturen historisch gewachsen. „Für viele dieser Unternehmen ist ein Neubau auf der grünen Wiese mit idealen Strukturen und modernster Automatisierungstechnologie für eine digitalisierte und automatisierte Produktion nicht darstellbar. Trotzdem müssen sie im weltweiten Wettbewerb mithalten.“ Als eine Lösung für diese Herausforderungen empfiehlt Peter Tausend das ausgezeichnete Projekt „Toolproduction“ der Firma Schumacher und deren entwickeltes digitales Prozesslenkungssystem. Damit seien nämlich nicht nur eigene Prozesse komplett digital abzubilden, sondern damit wurde auch eine vorbildliche Lösung für das digitale Design und die dezentrale, digitale Prozesslenkung bei der Produktion rotationssymmetrischer Präzisionswerkzeuge in industriellen KMU geschaffen. Ein Meilenstein für die Weiterentwicklung der Branche, betont Peter Tausend.

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Marco Schülken (u.r.) rechnet 2020 mit Umsatzrückgängen von 22%. „Corona verstärkte die auch in unserer Teilbranche bereits 2019 begonnene Nachfrageschwäche.“ 

Unterdessen musste auch der Werkzeugbau 2020 einen erheblichen Umsatzrückgang verkraften, berichtet Marco Schülken, Vorsitzender des VDMA Werkzeugbaus. Für das Gesamtjahr 2020 dürfte für die Hersteller von Stanzwerkzeugen, Formen und Vorrichtungen mit einem Umsatzrückgang von 22% zu rechnen sein. „Corona verstärkte die auch in unserer Teilbranche bereits 2019 begonnene Nachfrageschwäche. Dies resultierte für 2020 in einer nochmals deutlich schwächeren Umsatzentwicklung in allen bedeutenden Absatzregionen.“

Werkzeugbau auch mit deutlichen Rückgängen in China

Der deutsche Markt schrumpfte nach Angaben von Marco Schülken durch die extrem gesunkene Nachfrage, insbesondere in der Automobilindustrie, nochmals deutlich. Im Gegensatz zu den anderen Teilbranchen musste der Werkzeugbau sogar auf dem chinesischen Markt deutliche Rückgänge hinnehmen. Dies ist zum Teil einem Basiseffekt geschuldet, nämlich einigen Großprojekten in der ersten Jahreshälfte 2019. Hinzu kommt aber, dass die noch immer bestehenden Reisebeschränkungen den Export des Werkzeugbaus stärker als den anderer Bereiche treffen. „Denn gerade im Werkzeugbau sind Abnahmen und Einarbeitungsvorgänge mit entsprechendem Personal vor Ort in den allermeisten Fällen noch unerlässlich“, erklärt Marco Schülken. Daher gingen auch die Exporte in die beiden wichtigsten amerikanischen Märkte USA und Mexiko 2020 kräftig zurück. Auch die Lieferungen in die wichtigen europäischen Nachbarländer waren rückläufig, nur in die Slowakei und in die Schweiz konnten etwas mehr Werkzeuge geliefert werden, was aber teilweise auch auf Basiseffekten beruht.

Abnahmen und Zahlungsmoral

„Im Laufe des Jahres 2020 stapelten sich in unseren Unternehmen zusehends die fertigen Werkzeuge, die wegen der Reisebeschränkungen von in- und ausländischen Kunden nicht abgenommen werden konnten und auf ihre Auslieferung warteten. Zusätzlich verzögerte der ein oder andere Kunde die Abnahme oder auch die Zahlungen absichtlich mit vorgeschobenen Argumenten, um ihre eigene Liquidität auf Kosten ihrer Werkzeuglieferanten zu sichern.“ Besonders schwierig sei die Vereinbarung von Abnahmeterminen gewesen, so Marco Schülken, wenn das Werkzeug aufgrund der eigenen stillstehenden Fertigung gerade noch nicht gebraucht wurde. „In diesem Zusammenhang ist auch die Veröffentlichung mehrerer Interviews im Rahmen unseres Engagements für die Initiative Fairness+ zu sehen. Es muss allen Kunden klar sein, dass ihre eigene Zukunft ganz wesentlich von ihrem eigenen Geschäftsgebaren abhängt. Denn ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit basiert zu einem Großteil auf den Leistungen ihren bewährten Werkzeuglieferanten“, mahnt Marco Schülken.

Bürokratie statt Planungssicherheit

Ein Thema, das Marco Schülken besonders unter den Nägeln brennt, ist die Kinderbetreuung. „Es steckt sicherlich eine gute Absicht dahinter, wenn der Staat Eltern mit zusätzlichen Kinderkrankentagen unter die Arme greifen will, weil Schulen und Kitas geschlossen sind. Aber es kann doch nicht angehen, dass dies auf dem Rücken der eh schon stark gebeutelten Unternehmen geschieht, die händeringend versuchen, ihre Belegschaften gesund und vollzählig durch die Krise zu bringen. Zum einen können gerade die kleineren Firmen einen Ausfall ihrer qualifizierten Mitarbeiter nicht kompensieren. Zum anderen sind alle staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen für die Arbeitgeber mit einem übertriebenen bürokratischen Aufwand und damit Kosten verbunden. Da muss sich die Politik schon fragen lassen, ob sie nicht praxisnähere Regelungen hätte finden müssen.“ Was den Unternehmen in dieser Pandemie-Situation wirklich helfen würde, so Marco Schülken, wären verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Stattdessen befeuert der Staat die Volatilität der Lage zusehends, indem fast wöchentlich neue Maßnahmen beschlossen und bestehende verworfen werden. Grundsätzlich würde für das Gesamtjahr 2021 die Erwartung wieder steigender Umsätze überwiegen, erklärt Marco Schülken: „Ich hoffe darauf, dass die für unsere Branche dringendst benötigten Dienstreisen bald wieder möglich sein werden. Insgesamt rechnen wir in diesem Jahr im Werkzeugbau mit einem Wachstum von 10 Prozent.“

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Markus Heseding sieht positiv in 2021. Der Geschäftsführer des VDMA-Fachverbandes Präzisionswerkzeuge verspricht schon demnächst das Erscheinen des Updates der VDMA-E-Mobilitätsstudie und hofft auf die Eröffnung der Fachmesse Moulding Expo. 

2021 auf der Moulding Expo und der 14. Schmalkalder Werkzeugtagung

Der VDMA Werkzeugbau wirbt 2021 für eine faire Partnerschaft entlang der Wertschöpfungsketten zur erfolgreichen Überwindung der Krise im Rahmen seiner Interview-Serie zur Fairness-Initiative F+. Auf der Moulding Expo vom 8. bis 11. Juni 2021 beteiligt sich der VDMA Präzisionswerkzeuge mit Vorträgen an den Thementagen und setzt am Freitag einen Schwerpunkt für die Produktionstechnik. Für den 10. und 11. November 2021 ist die 14. Schmalkalder Werkzeugtagung als Präsenzveranstaltung geplant. Alle Details, Hintergründe, Zahlen und weitere Charts rund um die Präzisionswerkzeugbranche finden Sie auf der Homepage des VDMA-Präzisionswerkzeuge am unteren Ende im Download.