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Foto: Siemens

Steuerungen + Software

So sorgt Siemens für Sicherheit

Bei der Metallbearbeitung gilt seit jeher „safety first“. Mit diesen Software-Features trägt Siemens seinen Anteil zur sicheren Zerspanung bei.

von Dr. Jochen Bretschneider

Die Sicherheitsanforderungen in Fertigungsbetrieben sind hoch. Dabei stehen naturgemäß Mensch und Maschine im Mittelpunkt, schließlich kann die Maschine für den Menschen ebenso gefährlich sein wie der Mensch für die Maschine. Zudem gilt es, die Maschine vor sich selbst zu schützen. Für all diese Eventualitäten haben Ingenieure und Informatiker von Siemens Lösungen entwickelt, die auf drei Säulen basieren: „Safety Integ-rated“ (SI), „Collision Avoidance“ (CA) und „Industrial Security“ (IS). Jede Lösung funktioniert unabhängig von den anderen, dennoch ergänzen sie sich perfekt.

Siemens Safety Integrated für mehr Arbeitssicherheit am Bearbeitungszentrum

Bereits vor über 20 Jahren hat Siemens mit Safety Integrated ein erstes CNC-Softwarefeature auf den Markt gebracht, das aus der spanenden Fertigung nicht mehr wegzudenken ist. Nicht zuletzt deshalb, weil bereits seit dem 29.12.2009 in der Maschinenrichtlinie 2006/42 EG die geforderte Sicherheit geregelt ist. Gleichwohl soll die Leistung der Bearbeitungszentren nicht unter den Bestimmungen leiden. Mit SI erfüllt Siemens diese Forderungen für alle Technologien bestmöglich – in Fräs- und Drehmaschinen ebenso wie in Multitasking-Zentren und bei Additive Manufacturing. Die Software arbeitet im Hintergrund, ist systemintegriert und lässt sich einfach einrichten. So reduziert Safety Integrated etwaige Kosten, schützt den Bediener und erhält maximale Produktivität. Bei geschlossener Schutztüre sind Achs- und Spindelleistung des BAZ gänzlich ohne Beeinträchtigung. Muss der Bediener beim Einrichten oder im Testbetrieb die Bewegungen in der Maschine aus nächster Nähe beobachten, dann gilt es, den Arbeitsbereich zu öffnen, was laut Jürgen Strässer, SI-Produktmanager bei Siemens, reduzierte Geschwindigkeiten notwendig macht: „SI sorgt dafür, dass diese zuverlässig auf die in der Norm spezifizierten Werte überwacht werden können.“ Mehr noch: In der Sinumerik 840D sl/Sinamics S120 erfolgt die Datenüberwachung zweikanalig. So wird gewährleistet, dass alle Antriebe bei Bedarf in kürzester Zeit stehen. Die Anforderungen der Richtlinien werden auf diese Weise weit über das geforderte Maß erfüllt.

Einfache Inbetriebnahme - optimal in die Siemens Sinumerik-Steuerung integriert

Zwar steht die Funktionalität von Safety Integrated im Vordergrund, doch für OEM und Maschinenanwender ist die einfache Inbetrieb- und Abnahme ebenso von hoher Bedeutung. Dewegen nutzt Siemens für die Integration der zahlreichen Funktionen existierende Feldbusse. Somit ist keine zusätzliche Verdrahtung notwendig. Darüber hinaus wurde die neueste Benutzeroberfläche Sinumerik Operate mit der Version 4.7 weiterentwickelt, wie Jürgen Strässer verdeutlicht: „Jetzt kann die Inbetriebnahme der SI-Funktionen in übersichtlich aufbereiteten Masken direkt in der Steuerung erfolgen. Externe Hilfe ist in den meisten Fällen nicht mehr nötigt.“ Ähnlich unkompliziert lassen sich vom Maschinenhersteller diverse Abnahmetests durchführen. In der CNC hinterlegt, werden diese direkt an der Maschine gestartet, was die Bestätigung aller Sicherheitsfunktionen in kürzester Zeit möglich macht. Während des Fertigungsprozesses hat SI „Pause“. Schließlich ist der Mensch durch die Schutztür gesichert.

Kollision verhindern mit Siemens Collision Avoidance

Trotzdem besteht die Gefahr einer Kollision im Maschinenraum. Um dieses Risiko zu minimieren, bietet Siemens mit Collision Avoidance eine optionale 3D-Echtzeitüberwachung auf Online-Basis, die für verschiedenste einkanalige Maschinen mit einer NCU eingesetzt werden kann. Wie SI funktioniert auch CA für alle Bearbeitungstechnologien. Besonders wichtig ist der Kollisionsschutz für komplexe Technologien wie Fünfachs-Bearbeitungszentren oder Drehmaschinen mit B-Achse. Denn die Varianten der Bearbeitung sind in diesen Fällen ebenso groß wie die Möglichkeiten, dass bewegliche Achsen gegen feststehende Maschinenelemente fahren. Konzipiert für die Sinumerik 840D sl (ab SW 4.5 SP2) kann CA vom Endanwender in allen Betriebsarten aktiviert werden: bei der Inbetriebnahme und beim Einrichten im Handbetrieb (JOG) ebenso wie im handeingabeautomatischen MDA (Manual Data Automatic) oder während der vollautomatischen Serienfertigung. Weiterer Vorteil: Eine integrierte 3D-Visualisierung ermöglicht, die Kollisionsüberwachung direkt am HMI-Bildschirm (Mitzeichnen) zu verfolgen. Bevor ein Crash passiert, bleiben alle in Bewegung befindlichen Achsen stehen, und am Bildschirm wird ein optischer Alarm ausgelöst. Zudem sieht der Bediener, welche Maschinenelemente wo kollidiert wären, kann das Programm sofort korrigieren und dafür sorgen, dass es schadenfrei weiterläuft.

CA Config Tool erleichtert Einrichten der Maschine

Von entscheidender Bedeutung für den zuverlässigen Einsatz beim Endanwender sind neben den in der Sinumerik in Echtzeit ablaufenden Überwachungsalgorithmen die Einstellarbeiten des OEM bei der Erstinbetriebnahme. Auch hierfür bietet der Automatisierungskonzern Lösungen. Die Komfortabelste funktioniert mit dem CA Config-Tool, das auf der CAD-CAM-Software NX basiert. Der OEM kann vorhandene Konstruktionsdaten als 3D-Körper in das CA-Config-Tool einlesen, vereinfachen unddirekt in Collision Avoidance übernehmen. Als Schutz in der Sinumerik wirkt damit die Außenhaut des inneren Maschinenraums in einer 3D-Repräsentation. Hält der Anwender zusätzliche Anpassungen für notwendig, setzt er idealer Weise wiederum das CA Config-Tool ein. Individuelle Sonderwünsche kann er damit ebenso schnell definieren wie die Kinematik der gesamten Maschine. Die zum Einsatz kommenden Werkzeuge werden von CA standardmäßig als zylindrische Körper oder als „fliegende Schneiden“ überwacht. Alternativ dazu lassen sie sich in beliebigen Formen und Größen als exaktes 3D-Abbild definieren und in einer Werkzeugbibliothek ablegen. Gleiches gilt für Werkstücke, was insbesondere bei häufig wiederkehrenden Teilen sinnvoll sein kann.

Sichere Anlagen und Netzwerkverbindungen mit Siemens Industrial Security

Neben SI und CA nimmt Industrial Security ständig an Bedeutung zu. Siemens forciert dieses Thema seit einigen Jahren und hat dafür drei Schutzebenen definiert, die es gleichermaßen zu berücksichtigen gilt: Anlagensicherheit (wie Zugangsschutz), Netzwerksicherheit (wie Firewall und Netzsegmentierung) und Systemintegrität (wie Antivirus- und Whitelisting-Software). Dabei entscheidet nicht primär die Größe eines Unternehmens über den Umfang der notwendigen Maßnahmen, stellt Christian Mager, IS-Produktmanager bei Siemens, fest: „Je schützenswerter das jeweilige Know-how ist, desto wichtiger ist es, zielgerichtete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.“ Diese umzusetzen, fällt großen Unternehmen oft leichter als kleinen und mittelständischen, da sie IT-Experten beschäftigen, die sich mit IT Sicherheit im Allgemeinen auskennen. Stehen solche Fachleute nicht zur Verfügung, hat Siemens ein paar Vorschläge parat, wie man mit geringem Aufwand den Sicherheitslevel erhöhen kann. Die Sinumerik-CNC der eingesetzten Werkzeugmaschinen darf beispielsweise nur über die Schnittstelle X130 an der NCU oder mit der Schnittstelle Eth 1 über die PCU an das Firmennetz angeschlossen werden. Grund: Diese beiden Schnittstellen sind mit einer Firewall gegen unerlaubte Zugriffe geschützt. „Damit kennen sich in der Regel auch IT-Spezialisten ohne Sinumerik-Know-how aus“, erläutert der Nachrichtentechnik-Ingenieur. „In der Firewall sollten unbenutzte Ports geschlossen und auf der PCU ein aktueller Virenscanner oder eine Whitelisting-Software installiert werden.“

Bestmöglicher Schutz des Firmen-Know-hows

Darüber hinaus ist es wichtig, die verwendeten Kennwörter regelmäßig zu ändern. Und es gibt noch eine weitere Möglichkeit, das Firmen-Know-how einfach zu schützen. Dafür muss das der Fertigungsbetrieb die Sinumerik Integrate Option „Lock My Cycles“ in Verbindung mit der Anwendersoftware „Sinumerik Integrate Access MyMachine/P2P“ einsetzen. Mit Access MyMachine lassen sich Teileprogramme mit einem Click verschlüsseln und sie können dann dank der Option Lock My Cycle in dieser Form direkt abgearbeitet werden. Schon ist das Know-how im Teileprogramm vor Diebstahl und Manipulationen bestmöglich geschützt. Auch in Sachen Netzwerksicherheit lässt sich für kleine Unternehmen durch einfache Maßnahmen einiges erreichen. Wenn man von der Werkzeugmaschine nur Zugriff auf einen Server/PC braucht, um auf Teileprogramme zugreifen zu können, ist es möglich, in diesen Server/PC eine zweiten Netzwerkkarte einzubauen und so das Produktionsnetz vom Firmennetz zu trennen. Dann sind das vermeintlich unsicherere Firmennetz und das Produktionsnetz nicht direkt miteinander verbunden. Dennoch kann von beiden Seiten auf den Server zugegriffen werden um Programme abzulegen oder abzurufen.