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Mit der Spannpyramide verlängert NMH die personenlose Maschinenlaufzeit im Bearbeitungszentrum C 42 U von Hermle. 
Foto: Hermle
Mit der Spannpyramide verlängert NMH die personenlose Maschinenlaufzeit im Bearbeitungszentrum C 42 U von Hermle. 

Bearbeitungszentren

Roboter sorgt bei Maschinendoppel für mannlose Zeiten

Ein Roboter und zwei 5-Achs-Bearbeitungszentren von Hermle unterstützen den Lohnfertiger NMH dabei, bei Preis, Qualität und Liefertermin die Kunden zufriedenzustellen.

Seit zweieinhalb Jahren stehen zwei C 42 U in der Fertigungshalle der NMH GmbH in Hohentengen. Zwischen den beiden Fräszentren: ein Roboter vom Typ RS2. Seitdem Hermle die Anlage bei dem Lohnfertiger, Maschinenbauer und Software-Entwickler aufgestellt hat, änderte sich der Arbeitsalltag von Matthias Eisele und Elmar Käppeler grundlegend. Zwar schreiben sie nach wie vor die Programme für die Fräsbearbeitung, rüsten die Maschinen auf und ab und bestücken die Anlagen mit Werkzeugen, allerdings entbindet sie der Roboter vom Takt der Fräszentren. „Wir fahren hier ein flexibles Zeitmodell, das auf Selbstorganisation, Eigenverantwortung und Vertrauen basiert. Es kann sein, dass beide Bediener zeitgleich oder zeitversetzt da sind. Oder sie splitten ihren Tag auf und sind morgens und abends für drei oder vier Stunden vor Ort. Das haben wir völlig offengelassen und mischen uns auch nicht ein“, erklärt Christian Bulander, Geschäftsführer der NMH GmbH. Schließlich wisse der Bediener selbst am besten, was er wann erledigen muss. Dieser Ansatz geht mit Bulanders anspruchsvoller Erwartung einher: „Nur wer innovativ denkt und Ideen mitbringt, kann das Potenzial einer automatisierten Fertigungszelle voll ausschöpfen.“

Zahlreiche personenlose Stunden

NMH stieg mit dem Roboter und den beiden 5-Achs-Fräszentren der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG in die automatisierte Zerspanung ein. „Ohne hätten wir einen Wettbewerbsnachteil“, begründet Bulander. Oder anders gesagt: Der Roboter ermöglicht auch bei Serien eine wirtschaftliche Preiskalkulation. Er erhöht aber auch die Mitarbeiterverfügbarkeit und ist maximal flexibel. Er entnimmt einzelne Werkstücke von einer Matrizenpalette und setzt sie in das Spannsystem, greift fertig gerüstete Paletten und versorgt so die beiden angeschlossenen Bearbeitungszentren oder wechselt bei Bedarf Werkzeuge ein. Unterschiedliche Spannsituationen sind für den Roboter ebenso einfach umzusetzen. Bei Laufzeiten von drei bis 20 Minuten bedeutet gerade das Einzelteilhandling zahlreiche personenlose Stunden. „Der Roboter macht eben alles und seine Flexibilität ist einfach unschlagbar“, kommentiert der Geschäftsführer.

Zuvor überlegten und kalkulierten Bulander und sein Team, wie sie die Automation umsetzen wollen – mit welchem System, mit wie vielen Maschinen und von welchem Hersteller. Nach einigen Besuchen bei Referenzkunden entschieden sie sich final für Hermle: Das Gesamtkonzept und die Tatsache, dass alles aus einer Hand kommt, überzeugte. Warum NMH gleich in zwei C 42 U investierte, lag an der Vielfalt der Produkte. Denn der in den 1940er Jahren gegründete Hersteller von Fleischereimaschinen ist heute ein erfolgreicher Lohnfertiger und Sondermaschinenbauer für Mess-, Prüf- und Montageanlagen. Er konstruiert und baut beispielsweise Schweißvorrichtungen, Lastaufnahmemittel, Messmaschinen, Roboterzellen und Anlagen für die Produktion von Landmaschinen, Nutzfahrzeugen, sowie für die Automotive- und Baubranche. Zudem hat man sich mit der Kunststoffspritzgusstechnik ein weiteres Standbein aufgebaut. Auch hier bietet das Unternehmen alles aus einer Hand: vom Entwurf bis zum fertigen Serienteil. Bei der Digitalisierung unterstützt NMH mit seinen Software- und Hardwarelösungen – für die digitale papierlose Produktion, die CO2-Ermittlung und Energiesteuerung.

Optimale Nutzung des Roboters

„Die Maschinen sind nicht exakt gleich“, greift Bulander die Frage nach der Wahl der beiden Fräszentren aus Gosheim auf. Während die eine für die schwere Zerspanung ausgelegt ist, liegt der Fokus bei der anderen auf der Präzision bis 5 µm. Zu erkennen ist das beispielsweise an den verbauten Werkzeugspindeln, die mit bis zu 15.000 beziehungsweise 18.000 min-1 rotieren. Ein weiterer Grund für die Doppelbesetzung ist die optimale Nutzung des Roboters: Die Laufzeit einer Maschine ist immer länger, als das Teilehandling. Stehen zwei Maschinen zur Verfügung, ist der Roboter besser ausgelastet und die Anlage damit produktiver – auch in den personenlosen Schichten. „Ein Roboter und ein Bearbeitungszentrum rentieren sich zwar auch, aber natürlich ist der Hebel viel größer, wenn zwei oder mehr Maschinen parallel laufen“, führt Bulander aus.

Der Roboter lädt die unterschiedlichen Bauteile auf die Schwenkrundtische der 5-Achs-Bearbeitungszentren: aus Kunststoff, Aluminium Stahl und Gussmaterialien, in der Stückzahl 1 bis 500. „Die Hermle-Maschinen meistern Herausforderungen wie Genauigkeit und Materialkomplexität, inklusive der zuverlässigen Abfuhr der unterschlichen Späne“, bestätigt Bulander. So läuft die Fertigungszelle auch über Nacht und am Wochenende – ohne Aufsicht. „Wieso soll die Maschine bei Nacht stehen? Besser ist doch: Wenn wir schlafen, verdient sie das Geld.“ Die Praxis gibt ihm recht: „Wir haben bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nie einen Crash während des reinen personenlosen Automationsprozesses gehabt. Das liegt natürlich auch an den Mitarbeitern, die einfach wissen, was sie machen“, lobt der Geschäftsführer.

Papierlose Fertigung

Eine weitere Besonderheit fällt beim Blick auf das schwenkbare Bedienpult der RS2-Anlage auf. Oberhalb des Hermle-Monitors ist ein zweiter Bildschirm mit einer Webcam montiert. Denn NMH lebt die papierlose Fertigung, wofür das Unternehmen die Fertigungssoftware COCO (Control Cockpit) selbst entwickelt hat. Über diese verfolgt und verwaltet das Unternehmen alle Fertigungsprozesse in Echtzeit – auch via Kameras, die in den Bearbeitungsräumen der C 42 U installiert sind. So haben die Werker, auch wenn sie nicht neben der Maschine stehen, den Prozess jederzeit im Blick. Jedem Bauteil beziehungsweise jeder Serie liegt ein kleiner weißer digitaler Tag bei, die NMH zentral verwaltet und beschriftet. Über den daraufhin generierten QR-Code sind alle wichtigen Daten, sei es zu verwendenden Werkzeugen, CAD-Zeichnungen oder Messprotokollen, jederzeit und von jedem Arbeitsplatz aus in der aktuellsten Version verfügbar.

Diese digitale Transparenz ist mit entscheidend, dass Bulander den Erwartungen seiner Kunden gerecht werden und Termintreue mit Qualität zu einem attraktiven Preis verbinden kann. Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sind die Bearbeitungszellen von Hermle. „Ich denke, wir haben zum richtigen Zeitpunkt in eine Anlage investiert, die unsere Wettbewerbsfähigkeit sichert und uns zuverlässig präzise Ergebnisse liefert“, resümiert der Geschäftsführer. Ebenso zufrieden ist er mit der Zusammenarbeit mit Hermle, die er mit „sehr pünktlich, kompetent und immer sehr professionell“ beschreibt. Am liebsten bekommt er vom Service aber nichts mit: „Denn dann läuft es problemlos. Das ist der beste Fall für beide Seiten.“

rk

Mit dem Robotersystem RS2 in der Mitte sind die beiden Hermle-Maschinen C 42 U automatisiert. 
NMH-Geschäftsführer Christian Bulander (mitte) mit den Zerspanungstechnikern Matthias Eisele (li.) und Elmar Käppeler. 
Paletten-, Werkstück- oder Werkzeughandling: Für NMH bedeutet der Roboter maximale Flexibilität.
Viele Teile, die NMH auf den C 42 U fräst, verbaut das Unternehmen selber zu Mess-, Prüf- und Montageanlagen. 
NMH fertigt diesen Aluminium-Grundträger mit Toleranzen bis  +/-0,02 mm. Die Bearbeitung erfolgt personenlos.