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Foto: Gratz/Voxeljet
Dank des Einsatzes des 3D-Sanddrucks, kann Gratz Prototyping-Aufträge oder die Herstellung hochkomplexer Bauteile durch Rapid Casting deutlich beschleunigen und gleichzeitig die Effizienz der Komponenten durch geometrische Anpassungen optimieren.

Additive Fertigung

Rapid Casting als günstige Alternative zum Metalldruck

Mit Binder-Jetting-3D-Druck einen Schritt voraus: Automobilzulieferer Gratz Engineering zeigt Rapid Casting als günstige Alternative zum Metalldruck. 

Der Automobilzulieferer Gratz Engineering GmbH setzt auf günstiges Rapid Casting statt teuren Metalldruck. Mit der Integration von Sand-3D-Druck in ihre technischen Geschäftsfelder hat die Gratz Engineering GmbH ihrer Prototypenfertigung einen Schub in Richtung Wirtschaftlichkeit und Produktionsgeschwindigkeit gegeben. Seit 1985 am Markt, setzten die Ingenieure bereits früh auf 3D-Druck für ihre Teilefertigung. Dabei kommen sowohl das Direct-Metal-Lasersintern (DMLS), also der direkte Metalldruck, als auch das 3D-Drucken von Sandformen oder Feingussmodellen für den Guss zum Einsatz. Andreas Steinbronn, Abteilungsleiter Teilemanagement bei Gratz erklärt, wieso ausgerechnet der 3D-Druck zu immensen Vorteilen bei Fertigungsgeschwindigkeit, Wirtschaftlichkeit und einer ganz neuen, disruptiven Herangehensweise im Design geführt hat. Das DMLS ist schnell, aber kostspielig; Hingegen ist der 3D-Sandformdruck mit anschließendem Gießen vergleichsweise günstig, aber für Rapid Prototyping teils nicht schnell genug. Doch was sind die Kriterien und Unterschiede zwischen Metall-3D-Druck und dem 3D-Druck unterstützten Guss von Voxeljet.

Einflüsse des 3D-Drucks auf Geschäftsmodelle

„Wir arbeiten vor allem mit zwei Verfahren: Dem Direct-Metal-Lasersintern und dem Guss mithilfe zugekaufter 3D-gedruckter Sandkerne und -formen und Feingussmodellen in der Protoypenfertigung. Bei gut fünf bis zehn Prozent aller unserer Aufträge kommt die additive Fertigung zum Einsatz. Obwohl der 3D-Druck bereits seit über vierzig Jahren in der Industrie Anwendungen findet, ist das Integrationsniveau im Vergleich zu anderen Verfahren wie dem klassischen Fräsen allerdings noch relativ gering. Bereits seit Mitte der Neunzigerjahre haben wir den 3D-Druck bei Gratz schon mit im Boot. Unsere erste Einschätzung damals: Tolle Möglichkeiten tun sich hier auf, allein durch die Designfreiheit. Dadurch konnten wir den 3D-Druck schon sehr früh in unsere Entwicklungsprozesse einbinden. Das ist besonders interessant bei der technologischen und topologischen Optimierung von Bauteilen, hauptsächlich um Gewicht zu reduzieren. Heutzutage ist der 3D-Druck bei uns fast alltäglich geworden. Aber damals war das ein wirklich disruptiver Ansatz, den wir weiterhin auch noch heute verstärkt verfolgen“, sagt Abteilungsleiter Steinbronn.

Aus dem Prototypenzentrum: Rapid Prototyping

„Wir leisten immer noch ziemlich viel Aufklärungsarbeit, dass 3D-Druck viele Vorteile bietet. Besonders kundenseitig gibt es reichlich Informationsbedarf“, so Steinbronn. „Schnelligkeit ist das eine, dafür nehmen wir DMLS. Wirtschaftlichkeit das andere, dann favorisieren wir den Sandgussformdruck von Voxeljet. Grundsätzlich gilt aber: Wenn man die Bauteile aufgrund sehr komplexer Geometrien nicht fräsen kann, stellen wir sie via 3D-Druck her. Vor allem für Prototypen und Kleinserien. Neben Motorenkomponenten erstreckt sich die Anwendung auf alle weiteren Gebiete im Fahrzeug- aber auch Sondermaschinenbau.“ Die Bauteilqualität und Materialhaltbarkeit von gesinterten Teilen ist mittlerweile so gut, dass bei entsprechender Nacharbeit und sogar bei hoher Fertigungsgeschwindigkeit 99 % Bauteildichte realisierbar sind. Jedoch ist Lasersintern aufgrund der hohen Material- und Systempreise und noch relativ langsamen Baugeschwindigkeiten recht kostspielig.

Zeitgewinn kompensiert beim Rapid Casting die hohen Kosten

Andreas Steinbronn fährt fort: „Metall-3D-Druck wie das Lasersintern ist immer zu teuer, wenn es nicht auf Geschwindigkeit ankommt. Wenn der Prototyp zwei bis drei Wochen Zeit hat, greifen wir generell lieber auf die Kombination des klassischen Gusses mit 3D-gedruckten Sandformen oder Feingussmodellen aus PMMA zurück. Das spart enorm Kosten und die erhöhte Lebensdauer und Stabilität der Bauteile ist natürlich auch von Vorteil. Das Praktische dabei sind die großen Bauräume und hohen Druckraten. Denn in den Bauräumen der Binder Jetting Drucksysteme können wir bei einem 3D-Druckvorgang direkt mehrere Varianten unserer Prototypen, wie beispielsweise Turbolader, parallel und übereinander geschachtelt herstellen, nicht wie im DMLS nur in einer Ebene. Wir nutzen das Volumen des Bauraums, auch Jobbox genannt, bestmöglich aus. So können wir die anschließenden Tests parallelisieren, was zusätzlich Zeit spart. Das kostet zwar, im Vergleich zum Lasersintern, immer noch etwas mehr Zeit, aber dafür können wir eben direkt unterschiedliche Varianten des Bauteils gleichzeitig testen, um ein finales Design schnellstmöglich zu definieren und für die Produktion freizugeben. Zudem haben wir eine deutlich größere Materialvielfalt beim Guss. Wir können eigentlich mit beliebigen Legierungen arbeiten. Beim Sintern hingegen sind wir deutlich eingeschränkter.“ Im Anschluss zur additiven Fertigung muss bei beiden Verfahren meist eine mechanische Nachbearbeitung erfolgen.

Wann Metalldruck und wann 3D-Druck in Kombination mit Guss?

Im Moment konkurriert das Direct-Metal-Lasersintern mit Gießereien in einem vergleichsweise kleinen Segment. Die Bauräume der DMLS-Anlagen eignen sich in erster Linie für kleinere Bauteile, die extrem schnell hergestellt werden sollen. Allerdings ist der direkte 3D-Metalldruck eben auch sehr teuer. Für das DMLS ist nach additiver Fertigung ein paralleles heißisostatisches Pressen (HIP) notwendig, um eine ausreichend gute Bauteildichte und Festigkeit zu erzielen. „Unterm Strich liegen die Durchschnittspreise für 3D-gedruckte Metallbauteile daher bei rund 300 Euro pro Kilogramm bei Aluminium, 400 Euro bei Edelstahl und bis zu 1.300 Euro pro Kilogramm für Sonderlegierungen. Im direkten Vergleich liegt der reine Metallgusspreis beim 3D-Sanddruck bei zirka 6,50 bis 32 Euro pro Kilo der Liter gedrucktes Material bei zirka neun Euro“, sagt Steinbronn.

Werkzeuglos Modelle drucken

„Mit etwas mehr Zeit können wir Bauteile mit komplexen Geometrien in kleinen Serien von bis zu einhundert Stück oder in Losgröße eins auch durch 3D-Druck und Gießen wirtschaftlich herstellen“, fährt Steinbronn fort. „Voraussetzung ist, dass wir die Formen, Kerne und Modelle schnell und kostengünstig herstellen können, ohne teure Spezialwerkzeuge. Genau hier kommt der industrielle 3D-Druck von Voxeljet ins Spiel.“ Das Rapid Casting genannte Verfahren druckt die für den Guss benötigten Formen und Kerne komplett werkzeuglos in gießereiüblichen Materialien. Voxeljets VX4000 ist derzeit das weltweit größte 3D-Drucksystem für Sandformen mit einem Bauraum von 4.000 x 2.000 x 1.000 mm. Das System ermöglicht die schnelle und automatisierte Herstellung der Gussformen mithilfe des leistungsstarken Binder-Jetting-Verfahrens. Einen weiteren Ansatz bietet das PMMA Materialset von Voxeljet. Mittels dieser Kunststoffe lassen sich Modelle werkzeuglos drucken, die anschließend im Feingussverfahren wie konventionelle Wachslinge verarbeitet werden können.

Große geometrische Freiheit

„Das Gute ist, dass man als mittelständisches Unternehmen nicht darauf angewiesen ist, gleich in ein eigenes Drucksystem zu investieren. Um erste Erfahrungen zu sammeln wie sich die gedruckten Bauteile und Formen verhalten und einsetzten lassen lohnt es sich, auf die On-Demand-Dienstleistung zu setzen. Das ist ein bequemer Einstieg mit mehr oder weniger den gleichen positiven Effekten wie die Anschaffung eines eigenen 3D-Drucksystemes“, erklärt Steinbronn. Heute fertigt die Gratz allerlei Motorenkomponenten additiv: von Halterungen über Abgaskrümmer bis hin zu Zylinderköpfen. Besonders im Hinblick auf eine erhöhte Effizienz und Nachhaltigkeit in der Automobilindustrie empfiehlt Gratz den Einsatz der Technologie. „Aufgrund der großen geometrischen Freiheit ermöglicht es der 3D-Druck uns Ingenieuren, völlig neue Blickwinkel im Design und der Konstruktion von Komponenten einzunehmen und auch bewährte Bauteile neu zu evaluieren. Durch 3D-Druck können wir uns von der Idee den Design for Manufacturing, also dem Design für eine wirtschaftliche Produktion mit klassischen Fertigungsverfahren lösen. Wir können endlich eher in die Richtung Design for Functionality, also dem Optimieren von Bauteilen hinsichtlich ihrer Funktionalität und Effizienz, denken. Das lässt sowohl das Herz des Ingenieurs als auch das des Unternehmers höherschlagen. Denn selbst die komplexesten Designs lassen sich mittels 3D-Druck wirtschaftlich herstellen. Daher sehen wir in der Technologie ein enormes Zukunftspotenzial“, schließt Steinbronn ab.

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Foto: Gratz/Voxeljet
Dieser Wassermantelkern bildet beim Guss eines Automotors die Kühlgänge für den Zylinderkopf ab. Aufgrund der hohen Komplexität könnte er kaum über konventionelle formgebende Verfahren hergestellt werden. Alternative zum Metalldruck: Sand 3D-Druck.

ak