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Foto: Ott-Jakob
Nach dem Einbau erster Praxiseinsatz: Ott-Jakob selbst hat die PTI-Schnittstelle in einem DMG-Dreh-/Fräszentrum seit Mai im Einsatz. Die große PTI65-Ausführung muss 2-schichtig Gehäuse und Flansche für Löseeinheiten produzieren.

Spanntechnik

PTI-Schnittstelle im Stresstest

Seit Mai läuft der erste Piloteinsatz der mechanischen Revolver-Drehmaschinen-Schnittstelle PTI. In der Fertigung von Ott-Jakob wird 2-schichtig mit der großen PTI65 produziert. Das große Potenzial erklärt der Spanntechnikhersteller – auch auf der EMO in Halle 1-C12.

Anspruchsvollere Werkstoffe, höhere Bearbeitungskräfte, komplexere Bauteilgeometrien, vermehrter Einsatz von angetriebenen Werkzeugen. Die Revolver-Drehmaschinen-Schnittstelle PTI wurde für die gestiegenen Erwartungen in der Drehtechnik entwickelt. Nachdem die technische Funktion und der Nutzwert von PTI im Prüfstand und in praktischen Zerspanungstests auf einem Weisser-Drehzentrum im WZL der RWTH Aachen intensiv untersucht wurden, konnte nun die erste Bearbeitungsmaschine in einer realen Produktionsumgebung mit dem neuen Interface ausgerüstet werden. Seit Mai 2021 befindet sich PTI in der Fertigung bei Ott-Jakob im Einsatz.

Zweischichtiger Einsatz bei hohem Zerspanvolumen

In ein DMG-Dreh-/Fräszentrum wurde mit der Baugröße PTI65 die größte von drei erhältlichen Ausführungen der Schnittstelle installiert. Die Anlage zählt im Maschinenpark des Allgäuer Spanntechnikunternehmens zu den am stärksten ausgelasteten Maschinen. Produziert wird im 2-Schicht-Betrieb; bei Bedarf wird auf eine dritte mannlose Schicht ausgeweitet. Auf der Maschine bearbeitet Ott-Jakob für seine Löseeinheiten Gehäuse und Flansche, deren Herstellung ein hohes Zerspanvolumen erfordert. Die Werkstücke werden in einem Arbeitsgang gedreht und gefräst. Als Hersteller von kundenspezifischen Sonderlösungen fertigt Ott-Jakob wechselnde Losgrößen zwischen 20 und 400 Stück.

Angetriebene Werkzeuge geplant – einfacher Wechsel

Zum aktuellen Zeitpunkt werden noch ausschließlich stehende Werkzeuge eingesetzt. Versuche mit angetriebenen Werkzeugen sind für die Zukunft geplant. Gespannt wird mit dem von Ott-Jakob entwickelten Schnellspannsystem, das im Rahmen des PTI-Entwicklungsprojektes entstanden ist. Unter Verwendung eines herkömmlichen Drehmomentschlüssels können Werkzeuge unkompliziert und mit geringem Kraftaufwand gewechselt werden. Darüber hinaus erfüllt der Spanner als bislang einziges Revolverspannsystem am Markt auch die Voraussetzungen für den automatisierten Werkzeugwechsel.

Kein manuelles Ausrichten, deutlich verringerte Rüstzeiten

„Ein großer Vorteil der PTI-Schnittstelle besteht darin, dass das 8-fach-Polygon eine µm-genaue Positionierung gewährleistet, wodurch eine hohe Wechsel- und Wiederholgenauigkeit erzielt wird. Ein manuelles Ausrichten der Werkzeuge nach dem Wechsel ist nicht mehr erforderlich, womit die Rüstzeiten deutlich verringert werden können“, so Conrad Rösch, Entwicklungsingenieur bei Ott-Jakob. Zur hohen Genauigkeit tragen nicht nur die Polygone der Werkzeughalter bei, sondern auch die Polygone der von Ott-Jakob selbst produzierten und in das Produktprogramm aufgenommenen Aufnahmeflansche.

Werkzeugschnittstelle soll ISO-Standard werden

PTI ist das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojektes zwischen Ott-Jakob und weiteren Industriepartnern. Als abschließendes Ziel soll die Werkzeugschnittstelle zum ISO-Standard werden. Die Einreichung des Normungsantrages für Schaft, Aufnahme und Kupplung ist bereits erfolgt und die internationale Normungsarbeit wurde begonnen (ISONP_5686-1, -2, -3). Nach Angaben von Conrad Rösch und Dr. Dietrich Lembke, Obmann des DIN-Normenausschusses Schnittstelle Maschine/Werkzeug, bieten die Firmen der PTI-working-group Ott-Jakob, Sauter, WTO und Weisser – die PTI-Produkte seit 2020 an. Weitere Halterhersteller haben erste Programme aufgelegt, beispielsweise Heimatec. Der Normenvorschlag ist offiziell bei DIN behandelt worden und wird als ISO-Projekt bearbeitet (ISONP 5686). Grundsätzlich ist Ott-Jakob nach Angaben der Experten im Gespräch mit verschiedenen Maschinenherstellern und bereitet weitere PTI-Ausrüstungen vor. Nach Auswertung des Einsatzes von PTI in der eigenen Fertigung (Umbau Gildemeister GMX) und der Ergebnisse der vergleichenden Untersuchungen (vorher VDI, jetzt PTI) wird Ott-Jakob die Projekte intensiv vorantreiben, betont Conrad Rösch. Demnach hat sich geometrisch seit der EMO 2019 nichts mehr an der PTI-Schnittstelle geändert. Im Rahmen der Überprüfung des Normenvorschlags sind geringfügige Toleranzänderungen oder -ergänzungen möglich, berichtet Dietrich Lembke. Alle Änderungen folgen aber der Forderung nach Kompatibilität zum bekannten Vorschlag.

„Zeitgemäße Antwort auf die Schnittstellenvielfalt“

Auf der EMO wird die PTI-Schnittstelle allerdings nur auf dem Stand von Ott-Jakob zu sehen sein. Roland Theurer, Stellvertretender Vertriebsleiter, erklärt unterdessen die geschäftlichen Erwartungen des Allgäuer Spanntechnikunternehmens: „Unsere Hauptmotivation war es zunächst, die Vielfalt an Schnittstellen und die damit verbundenen Nachteile in unserer eigenen Produktion zu reduzieren. Auf der Suche nach einer Lösung für dieses Problem haben wir erkannt, dass wir mit der Entwicklung eines einheitlichen Systems eine wichtige Lücke in der Drehtechnologie schließen können. Wie bei allen unseren Produkten, möchten wir unseren Kunden in erster Linie gute technische Lösungen bieten. Wenn dieser Anspruch erfüllt ist, dann ist der geschäftliche Erfolg nur eine logische Konsequenz daraus. Mit PTI ist es uns gelungen, der Branche eine zeitgemäße Antwort auf die Schnittstellenvielfalt und die gestiegenen Anforderungen in der Drehbearbeitung zur Verfügung zu stellen.“

Wie der HSK zum Fräsen soll PTI der Standard zum Drehen werden

Und auch beim PTI-Potenzial ist sich Roland Theurer sicher, dass sich das Engagement von Ott-Jakob in den letzten Jahren im Bereich der Schnittstellennormung auszahlt und gerechtfertigt ist: „Wir waren federführend am Entstehungsprozess der HSK-Schnittstelle beteiligt und waren das weltweit erste Unternehmen, das ein automatisches Spannsystem für HSK entwickelt hat. Für PTI ist die gleiche Erfolgsgeschichte geplant wie für HSK. PTI soll für den Drehbereich zum Standard werden, so wie es HSK für den Fräsbereich geworden ist.“ https://www.ott-jakob.de/pti/