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Automatisierungslösungen und Einstiegsmaschinen: Markus Piber (li.), Bereichsvorstand Vertrieb, Service & Technologie-Exzellenz bei der DMG Mori Vertrieb und Service GmbH, und Ralf Riedemann, Direktor und CTO bei der DMG Mori EMEA GmbH, stehen Rede und Antwort.  
Foto: Rüdiger Kroh
Automatisierungslösungen und Einstiegsmaschinen: Markus Piber (li.), Bereichsvorstand Vertrieb, Service & Technologie-Exzellenz bei der DMG Mori Vertrieb und Service GmbH, und Ralf Riedemann, Direktor und CTO bei der DMG Mori EMEA GmbH, stehen Rede und Antwort.  

Thema der Woche 15/2023

Prozesse automatisieren und 3-achsig einsteigen

Die Automatisierungswünsche ihrer Kunden will DMG Mori mit Standardlösungen und individuellen Erweiterungen abdecken. Für den Einstieg in das Maschinenspektrum gibt es neue 3-Achs-Maschinen.

Das Thema Automation steht bei immer mehr fertigenden Unternehmen ganz oben auf der Agenda. DMG Mori bietet schon seit geraumer Zeit ein großes Portfolio an flexiblen Automatisierungslösungen an, die beim Open House in Pfronten zu sehen waren. Als Weltpremieren wurden dort auch drei neue Einstiegsmaschinen für die 3-Achs-Bearbeitung präsentiert. Zu beiden Themen haben wir mit Ralf Riedemann, Direktor und CTO bei der DMG Mori EMEA GmbH, und Markus Piber, Bereichsvorstand Vertrieb, Service & Technologie-Exzellenz bei der DMG Mori Vertrieb und Service GmbH, gesprochen.

Welchen Anteil machen Automatisierungslösungen derzeit bei den ausgelieferten Maschinen von DMG Mori aus?

Ralf Riedemann: Da muss man nach Regionen unterscheiden: In Niedriglohnländern haben wir etwa einen Anteil von 10 %. In Ländern mit hohen Lohnkosten, hohen Qualitätsanforderungen und Fachkräftemangel liegen wir zwischen 20 und 30 %. Bei diesen Angaben rechnen wir allerdings keine Palettenwechsler oder Stangenlader mit ein. Das ist für uns keine zusätzliche Automation, sondern gehört zur Werkzeugmaschine. 

Wie entwickelt sich der Automatisierungsbereich?

Ralf Riedemann: Automation läuft super und wächst bei uns deutlich. Nehmen wir beispielsweise die Roboterlösung Robo-2-Go. Von der Variante Turning haben wir im Jahr 2021 rund 100 Stück verkauft, 2022 waren es bereits 160 und in diesem Jahr werden es auf jeden Fall über 200 sein. Insgesamt bietet DMG Mori inzwischen 57 verschiedene Automationslösungen in 13 Produktlinien im Standard an.

Stichwort Standard: Was bedeutet das für DMG Mori und welche Rolle spielen Sonderlösungen?

Ralf Riedemann: Der Standard ist für uns die Basis für die Automatisierung unserer Maschinen. Für Sonderlösungen haben wir im Konzern unser Automationswerk im japanischen Nara. Dort wurden 2021 16 kundenspezifische Systeme aufgebaut und installiert, im vergangenen Jahr waren es bereits 33 und die Tendenz ist rapide steigend.

Markus Piber: Wir haben zudem in Europa für unsere Kunden zwei große Automations-Hubs. Das ist Pfronten für die Frästechnologie und Bielefeld für die Drehtechnologie. Auch bei den kundenindividuellen Automatisierungslösungen ist unser Baukasten zu 60 bis 70 % die Basis, die perfekt ausgetestet ist. Somit können wir Gleichteile verwenden, schneller liefern und überall in der Welt einen schnellen Service leisten. Daher liegt auch in Zukunft der Fokus auf dem Baukastensystem, das für uns der Schlüssel zum Erfolg ist.

Welche Größenordnung haben Sonderlösungen bereits erreicht?

Ralf Riedemann: Wenn wir von 30 % Automationsanteil ausgehen, entfallen 22 % auf Standard- und 8 % auf Sonderlösungen. Wir werden uns aber zukünftig immer mehr mit der Peripherie und Arbeitsschritten wie Messen, Waschen oder Montieren beschäftigen müssen. Da geht der Weg hin.

Markus Piber: Zudem wollen unsere Kunden einen Automatisierungsgrad wie in der Großserienfertigung und das bei maximaler Flexibilität.

Ist denn der Baukasten aus Ihrer Sicht vollständig?

Ralf Riedemann: Im Bereich der Automation ist der Baukasten relativ komplett, aber bei der Peripherie wird es Erweiterungen geben. Das fängt beim Robotergreifer an und geht bis zur Lagertechnik. Hier müssen wir aber das Rad nicht neu erfinden, sondern arbeiten mit Partnern zusammen.

Markus Piber: Neben der Peripherie ist auch die Integration wichtig. Die beste Automation funktioniert nur so gut wie die unternehmerischen Prozesse sind. Daher muss sie auf der digitalen Ebene komplett integriert sein – vom CAD/CAM bis zum Service. Nur so ist eine volle Transparenz über die Automation gegeben.

Wie viel Luft nach oben gibt es bei der Automatisierung noch und welches Ziel hat DMG Mori?

Ralf Riedemann: Wir wollen definitiv auf einen Automatisierungsanteil von 50 % kommen. Bis wann wir das erreichen, lasse ich mal offen, weil es global sehr schwierig einzuschätzen ist. Der Markt geht wellenförmig nach oben, aber aufgrund der Herausforderungen wie Flexibilität, Fachkräftemangel und Energie wird die Automatisierung wachsen.

Themenwechsel: Vor zwei Jahren hat DMG Mori mit der M1 eine Vertikal-Fräsmaschine für das Einstiegssegment präsentiert. Jetzt legen sie gleich mit drei neuen 3-Achs-Maschinen nach. Was war der Grund dafür?

Markus Piber: Wir wollten vor allem Neukunden den Einstieg in die Maschinenwelt von DMG Mori erleichtern. Gerade von jungen und kleinen Unternehmen haben wir oft das Feedback bekommen, das die Hürde zu hoch war. Mit den Fräsmaschinen M1 und M2 sowie den Universaldrehmaschinen T1 und T2 haben wir jetzt im unteren Segment passende Angebote. Unsere zweite Intention war es, neue Geschäftsmodelle wie Payzr oder unseren Online-Konfigurator zu verproben, die beide jeweils mit der M1 an den Start gegangen sind. Beim Subscriptionsmodell Payzr zahlt der Kunde eine niedrige monatliche Grundrate und darüber hinaus nur pro Betriebsstunde. Ebenfalls enthalten ist der gesamte Service, die Ersatzteile plus eine Versicherung gegen Crash und Betriebsausfall. Die Kunden bekommen somit ein Rundum-Sorglos-Paket und minimieren ihr Risiko.

Wie wird Payzr am Markt angenommen?

Markus Piber: Bisher bieten wir Payzr nur für eine eingeschränkte Maschinenauswahl an. Pro Halbjahr verdoppeln wir etwa unsere Payzr-Abschlüsse, allerdings auf einem niedrigen Niveau. Von der M1-Baureihe haben wir bis dato rund 20 % der Maschinen mit Payzr verkauft – Tendenz steigend. Kunden, die sich einmal für das Subscriptionsmodell entschieden haben, bleiben meist auch bei der nächsten Maschine dabei. Bis zur EMO im September werden wir dann insgesamt sieben Modelle aus unserem Programm mit Payzr anbieten.

Welches Potenzial sehen Sie bei den 3-Achs-Maschinen?

Markus Piber: Bei diesen Einstiegsmaschinen geht es uns nicht darum, einen bestimmten prozentualen Marktanteil zu erreichen. Wir wollen vielmehr so viele Kunden wie möglich für das übrige Angebot von DMG Mori gewinnen. Und auf diesem Weg sind wir erfolgreich. Wir haben 2022 knapp 500 M1-Maschinen verkauft und rund 70 % dieser Kunden haben inzwischen eine weitere Maschine aus unserem Hightech-Segment bekommen.

Wie heben sich die M- und T-Modelle von den 3-Achs-Maschinen der Wettbewerber ab?

Markus Piber: Uns geht es nicht darum, der Günstigste am Markt zu sein, sondern wir wollen das beste Preis-Leistungsverhältnis bieten. Die Maschinen haben alle IOT-Konnektoren und sind somit ready für die digitale Zukunft.

Ralf Riedemann: Zudem legen wir dieselben Qualitätsmerkmale an wie bei allen anderen Maschinen auch und verwenden auch die gleichen Komponenten.

Ist ein weiterer Ausbau des Einstiegssegments geplant?

Markus Piber: Mit diesen vier Maschinen für die Absatzmärkte in der DACH-Region sowie Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei sind wir auf mittelfristige Sicht gut aufgehoben. Bis Mitte 2024 sind keine weiteren Maschinen geplant. Für unser Ziele, den Einstieg ins Premiumsegment zu erleichtern und neue digitale Lösungen zu verproben, ist dies auch nicht erforderlich.

Kommen wir zum Schluss noch zur Digitalisierung. Rückt dieses Thema im Zuge der Automatisierung etwas in den Hintergrund oder ist es untrennbar damit verbunden?

Markus Piber: Bei der Digitalisierung tuen sich viele Kunden noch schwerer als bei der Automatisierung, die operativ schon höher gewichtet wird. Allerdings sind sich die Anwender bewusst, dass der maximale Mehrwert einer Automation nur umsetzbar ist, wenn die Prozesse komplett transparent und durchgängig sind.

Ralf Riedemann: Die Automatisierung von Maschinen ist greifbar, Digitalisierung ist es nicht. In vielen Fällen wächst das in den Gesprächen mit dem Kunden, oft auch erst in der Installationsphase. Dann sind wir gefragt, die Kunden ganzheitlich in ihrer Prozesskette zu unterstützen mit übergeordneten Produktionssystemen und Leitrechnern sowie beim Datenmanagement.