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Zur Vermessung der Drehteile in der Maschine setzt Schuster den Messtaster TC61 von Blum mit einem speziell entwickelten Tasteinsatz ein.
Foto: Blum-Novotest
Zur Vermessung der Drehteile in der Maschine setzt Schuster den Messtaster TC61 von Blum mit einem speziell entwickelten Tasteinsatz ein.

Messtechnik

Messtaster trotzt Späneflug, KSS und Vibration

Werkstücke für die Automobilindustrie automatisiert in Drehzentren zu messen, ist anspruchsvoll. Schuster vertraut daher auf das Know-how von Blum-Novotest.

Mit Drehmaschinen aus dem Hause Schuster werden Getriebewellen, Nocken- und Ausgleichswellen sowie komplexe Motorwellen für Elektroantriebe gefertigt. Meist werden die Wellen in mehreren miteinander verketteten Stationen bearbeitet, die an Beginn und Ende der Linie manuell be- und entladen werden. Die Maschinen aus dem bayrischen Denklingen arbeiten stets mit einer vertikal stehenden Werkstückspindel. Abhängig von der Aufgabe kommen Hauptspindel, Gegenspindel oder ein Mittendrehaggregat zum Einsatz. Je Arbeitsraum werden bis zu zwei Revolver oder auch Fräs- sowie Schleifaggregate eingesetzt, sodass Dreh-, Fräs- und Schleifbearbeitung in einer Aufspannung durchgeführt werden können. Die Maschinen sind immer mit X- und Z-Achse ausgestattet, die sich je nach Maschinentyp in der Spindel oder dem Revolver / Aggregat befinden. Die Spindel hat im Regelfall auch eine C-Achse. Die Y-Achse ist bei Bedarf als Option verfügbar und damit wie im Drehbereich üblich bei vielen Maschinen nicht vorhanden.

Zweipunktmessung gegen Rundlauffehler und Temperaturgang

„Das Messen im Arbeitsraum ist ein integraler Bestandteil unserer Bearbeitungsprozesse. In vielen Produktionsprozessen wird ein Durchmesser zunächst mit Aufmaß vorbearbeitet und dann auf Endmaß geschliffen oder gedreht“, berichtet Christian Moser, Projektleiter von Schuster Maschinenbau. „Dazu ist es erforderlich, zwischen den beiden Schritten den aktuellen Durchmesser automatisiert zu messen und den Schleif- beziehungsweise Drehvorgang entsprechend anzupassen. Um nicht etwaige Rundlauffehler oder den Temperaturgang der Maschine mitzumessen, ist hier eine Zweipunktmessung – ähnlich wie bei einer Bügelmessschraube – notwendig.“ Da viele Anlagen der Bayern nicht mit einer Y-Achse ausgestattet sind, entfällt die Möglichkeit, das Werkstück mit einem Standard-Tasteinsatz vorn und hinten an zwei Punkten anzutasten, um den aktuellen Durchmesser zu erfassen.

Auch ziehende Messungen hochpräzise durchführbar

Die Lösung für diese nicht alltägliche Anforderung fand Schuster in Form des Messtasters TC61 und eines speziell entwickelten Tasteinsatzes beim langjährigen Partner Blum-Novotest. Das Besondere am TC61 ist das in zwei Achsen geführte, bidirektionale Messwerk. Im Gegensatz zu sonst typischen Messtastern können dadurch nicht nur drückende, sondern auch ziehende Messungen hochpräzise durchführt werden. Das außergewöhnliche Messwerk ermöglicht, den TC61 mit relativ schweren Tasteinsätzen – in diesem Fall einem Messbügel – auszustatten. Falls wie bei Schuster der Durchmesser einer Welle erfasst werden soll, lässt sich dies ganz einfach per Zweipunktmessung durchführen. Dazu wird der sich im Revolver befindende TC61 horizontal eingeschwenkt und über die X-Achse je eine Messbewegung ziehend und drückend durchgeführt. Zusätzlich wird in manchen Anlagen eine Tastkugel am äußersten Ende des Bügels angebracht, um beispielsweise Längen, Nullpunkte oder Stufen messen zu können. Die Messbügel bietet Blum ab 35 mm maximalem Messdurchmesser in diversen Abstufungen bis 73 mm an. Bis 50 mm Nenndurchmesser bestehen die Bügel aus Stahl, die größeren Versionen dann aus Aluminium.

Messen beim Aufmaßschleifen ist Basis für wirklich enge Toleranzen

Das Messen des Durchmessers beim Aufmaßschleifen ist die Voraussetzung für die Einhaltung der wirklich engen Toleranzen. An den X-Achsen werden hochpräzise Glasmaßstäbe eingesetzt, um den Taster möglichst präzise positionieren zu können. Die Zweipunktmessung lässt sich sehr schnell durchführen, erreicht wird eine Wiederholgenauigkeit auf der Maschine von 1,5 bis 2 µm. Die Messungen mit dem Blum-Taster ermöglichen die Kompensation des Temperaturgangs ebenso wie der unvermeidbaren Abnutzung der Schleifscheibe. Schließlich darf es in der Serienfertigung keinen Ausschuss geben – da muss jeder Bearbeitungsvorgang über Jahre und Tausende von Werkstücken in der Toleranz bleiben. Das ist nur mit laufender, prozessbegleitender Messung möglich.

Schläge verkraftet der TC61 problemlos

Dabei wird der Messtaster im Bearbeitungsraum nicht geschont – schließlich beträgt der Kühlmitteldruck bis zu 60 bar. Späne und Schleifstaub bekommt der Messtaster ebenfalls ab. „Auch die Bewegung des Revolvers selbst, der bei jeder Positionierung des Werkzeugs in einer Verzahnung fixiert wird, erzeugt nicht unerhebliche Schläge auf den gesamten Revolver und damit auf den Messtaster. Diese ‚verkraftet‘ der TC61 jedoch problemlos und garantiert zudem mit dem neu entwickelten Messbügel hochpräzise Messergebnisse“, fasst Christian Moser zusammen. „Unter diesen widrigen Bedingungen haben sich die Messtaster von Blum bei uns absolut bewährt. Davon profitieren auch und gerade unsere Kunden, weil sie hochproduktiv bei gleichzeitig geringsten Ausschussquoten fertigen können.“

Erste Dreh- und Wälzfräszentren sowie Transferlinien 2010 ausgeliefert

Die südlich von Landsberg am Lech in Denklingen beheimatete Schuster Maschinenbau GmbH beschäftigt heute rund 100 Mitarbeiter. Vor über 40 Jahren gegründet, waren das erste Produkt Maschinen für die Herstellung von Gesteins- und Hammerbohrern. Über die Jahre hinweg entwickelte Schuster verschiedene Drehmaschinen, zum Beispiel 2003 die flexible Drehzelle F40. Gemeinsam ist allen Schuster-Maschinen die Optimierung auf die Großserienfertigung. Die Maschinen sind dafür gebaut, rund um die Uhr in höchster Taktzahl zu produzieren. Im Jahr 2010 lieferte das Unternehmen die ersten Dreh- und Wälzfräszentren sowie Transferlinien für die Wellenkomplettbearbeitung aus, die den gesamten Prozess von Drehen, Fräsen und Schleifen über das Messen bis hin zum automatisierten Handling zwischen den Stationen umfassten.