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Blick in die Rundschleifmaschine S33 mit Schleifspindelstock, der hier über zwei Außenrundschleifscheiben verfügt. Modular wäre noch eine Innenschleifspindel zusätzlich integrierbar.
Foto: Studer
Blick in die Rundschleifmaschine S33 mit Schleifspindelstock, der hier über zwei Außenrundschleifscheiben verfügt. Modular wäre noch eine Innenschleifspindel zusätzlich integrierbar.

Schleifmaschinen

Mannlose Rundschleifprozesse vom Prototyp bis zur Serie

Für Hochpräzisionsbauteile setzt MPS auf Schleifprozesse. Mit sieben Studer-Schleifmaschinen werden diese dank Automation mannlos in 24/7 flexibel gefertigt.

Die international agierende MPS Micro Precision Systems AG (MPS) ist mit über 400 Beschäftigten ein Hidden-Champion der besonderen Art. Bereits 1969 entwickelte das Unternehmen RMB (Roulements Miniatures Bienne SA), aus dem MPS hervorgegangen ist, Komponenten für die Apollo-Mission. Mit 250 Mitarbeitern ist Biel der größte Standort der MPS-Gruppe und verfügt unter anderem über 140 Dreh-, Fräs-, Schleif-, Polier- und Erodiermaschinen. Dazu sagt Plant Manager Manuel Nercide: „Unser Technologiespektrum ist vielseitig. Wenn man es auf einen Nenner bringen will, dann ist es das Fertigen und Montieren komplexer elektromechanischer Baugruppen in engsten Toleranzen für Hochpräzisionsanwendungen in High-End-Bereichen.“

Von der Prototypenfertigung bis zur Serie

Michael Bazzan, Production Manager, ergänzt: „Mit sieben Studer-Schleifmaschinen verfügen wir aktuell über eine hohe Schleifkapazität, um präzise Komponenten zu produzieren. Die Schleifmaschinen sind auf unser variierendes Losgrößenspektrum abgestimmt, das von der Einzelteilfertigung bis zu 25.000 Stück pro Jahr reicht.“ Entsprechend sind derzeit drei der sieben Schleifmaschinen mit einem automatischen Beladesystem ausgerüstet. Die flexible Fertigungszelle zur Prototypenfertigung beschreibt Flex Cell Manager Didier Noirjean: „Die Flex Cell wurde kürzlich in die Rundschleifproduktion als autarke Fertigungseinheit integriert, um Schleifprozesse von Prototypen und Neuentwicklungen einzurichten, ohne in die Produktion eingreifen zu müssen. Wir sind dank dieser flexiblen Fertigungszelle erheblich schneller von der Entwicklung bis zum fertigen Bauteil. Entscheidend bei der Studer S21 war, dass sie sich sehr schnell umrüsten und flexibel auf unterschiedliche Bauteile einrichten lässt. Auch Exzenterschleifprozesse sind mit ihr realisierbar. Diesbezüglich ist die Studer S21 perfekt auf unsere Anforderungen ausgelegt.“

Gotisches Gewindeprofil in engsten Toleranzfeldern

Geht es bei der Flex Cell hauptsächlich um Prototypen, werden auf den weiteren sechs Studer-Maschinen Serienteile bearbeitet. Dazu gehören Kugelumlaufspindeln in Hochpräzisionsausführung. Die kleinsten Ausführungen verfügen über Kugeldurchmesser von 0,8 mm. Alle Komponenten werden von MPS in Eigenregie entwickelt und hergestellt, inklusive der Kugeln. Die größeren Serien der Gewindespindeln mit gotischem Gewinde werden auf einer automatisierten Studer S33 gefertigt. „Wir sind mit diesen Präzisions-Gewindespindeln beispielsweise in der Forschung und Entwicklung unterwegs. Die von MPS Microsystems entwickelte Expertise in der sehr sanften und genauen Positionierung von Linsengruppen versetzt das Unternehmen in die Lage, leistungsstarke Ausrichtungssysteme für optische Komponenten wie Zoom- und Laserstrahlfokussiersysteme anbieten zu können“, erklärt Nercide.

Die Miniatur-Kugelumlaufspindeln oder Kugelgewindespindeln werden ausschließlich aus Edelstahl gefertigt und über Doppelmuttern positioniert, die eine Feineinstellung des Axialspiels ermöglichen. Diese oft nach Maß gefertigten Spindeln garantieren durch die hohe Präzision ihrer geschliffenen Gewinde eine nahezu reibungslose Bewegung. „Solche Anwendungen erfordern höchste Präzision und Positioniergenauigkeit – zu 100 % spielfrei“, betont Julien Grosjean, Screw Grinding Manager. „Und genau hier haben unsere Spindelsysteme ihre Stärken. Wir schleifen ein sogenanntes gotisches Gewindeprofil in engsten Toleranzfeldern, dadurch können wir das Radial- und Flankenspiel auf null reduzieren.“

Direkt aus dem Vollen geschliffen

Die gotische Gewindeform wird direkt aus dem Vollen der gehärteten Rohlinge geschliffen. Für diese Gewindeformen wurde gemeinsam mit Studer ein Makro entwickelt, mit dem sich die Schleifparameter sehr schnell auf die jeweiligen Gewindespindeln anpassen lassen. „Bei der hier eingesetzten Studer S33 handelt es sich um eine Außenrundschleifmaschine mit Revolver-Schleifspindelstock“, sagt Ulrich Weyermann, Gebietsverkaufsleiter bei der Fritz Studer AG. „Konkret verfügt der genutzte Schleifspindelstock über zwei Außenschleifscheiben. Eine der beiden wird für die Gewindeprofilierung genutzt, die zweite Scheibe generell für das Außenrundschleifen.“

Um die mittelgroßen Serien wirtschaftlich zu fertigen, entwickelte das Unternehmen Humard in Zusammenarbeit mit MPS und Studer ein flexibles Handlingsystem zur automatischen Be- und Entladung der Werkstücke. Bazzan erklärt: „Entscheidend bei der Konzeption des Handlingsystems ist es, dass es schnell auf unterschiedliche Werkstückgeometrien angepasst werden kann, weil unsere Losgrößen variabel sind.“

Mehrfaches Abrichten erforderlich

Die Studer S33 benötigt weniger als eine Viertelstunde für die Komplettbearbeitung einer Gewindespindel mit 8 mm Durchmesser und 120 mm Länge. Dabei wird das Gewinde mit der gleichen Schleifscheibe sowohl geschruppt als auch geschlichtet. Während des gesamten Schleifprozesses wird die Schleifscheibe mehrfach im µ-Bereich abgerichtet. Somit können mit einer Schleifscheibe über 1.000 Gewindespindeln in dieser Grössenordnung geschliffen werden.

Der Abrichtprozess der Schleifscheibe übernimmt beim Schleifen eine wichtige Funktion. Zum einen werden die Form und Dimension der Schleifscheibe kalibriert sowie drittens die Schnittigkeit der Schleifscheibe definiert. „Bei den Gewindespindeln müssen wir typischerweise pro Fertigungsprozess mehrfach abrichten“, sagt Grosjean. „Zum Abrichten ist sowohl ein Diamant als auch eine Abrichtrolle im Einsatz. Mit der Abrichtrolle kann man die Rauheit der Schleifscheibe relativ spezifisch definieren und somit den Schleifprozess und die Oberflächengüte steuern. Wir haben diesbezüglich viele Test gemacht, bis wir das ideale Abrichtverfahren für die Schrupp- und Schlichtprozesse eruiert haben.“

Handlingsystem für mannlose Rundschleifprozesse

Studer-Gebietsverkaufsleiter Weyermann fasst zusammen: „Wenn man sich die Komplexität eines Schleifprozesses vergegenwärtigt und welche Dimensionen die Maschinen haben – Stichwort Wärmegang – dann ist das alles andere als selbstverständlich, dass wir in IT02-Toleranzen mannlos fertigen. Alle sieben Studer-Maschinen bringen Tag für Tag genau die von MPS verlangte Präzision und Prozesssicherheit. Eine 24/7-Produktion mit dem von uns geforderten IT02-Toleranzfeldern ist letztlich nur dank der extrem hohen Wiederholgenauigkeit unserer Studer-Schleifmaschinen möglich.“

Abschließend wirft Manuel Nercide einen vergleichenden Blick auf die Vergangenheit: „Vor sieben Jahren machten wir 2.000 bis maximal 5.000 Spindeln, heute produzieren wir 50.000 Spindeln pro Jahr. Wir haben nicht zuletzt dank der Investition in moderne Schleifmaschinen unsere Fertigungskosten kontinuierlich reduziert. Vor sieben Jahren waren wir viermal teurer in der Produktion. Investitionen in moderne Produktionsmittel sind aus dieser Sicht entscheidend, um zukunftsfähig zu bleiben. Letztlich muss unsere Produktion den qualitativen und quantitativen Ansprüchen unseres Produktspektrums genügen. Im Rundschleifbereich sind wir diesbezüglich perfekt positioniert.“

rk