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Dr. Jochen Kress erklärt die neue Strategie von Mapal – auch bei der Entwicklung von neuen Werkzeugen: „Entscheidend ist die Technologieausrichtung. Wir entwickeln inzwischen aber nicht mehr einfach losgelöst zu betrachtende Produkte.“
Foto: Mapal
Dr. Jochen Kress erklärt die neue Strategie, den Mapal-Weg – auch für die Entwicklung neuer Werkzeuge: „Entscheidend ist die Technologieausrichtung. Wir entwickeln inzwischen aber nicht mehr einfach losgelöst zu betrachtende Produkte.“

THEMA DER WOCHE 42/2022

Ist die Zerspanung noch lukrativ?

Dr. Jochen Kress erklärt den Mapal-Weg, die Strategie des Werkzeugherstellers, um nachhaltig in einer immer digitaleren Zerspanungswelt erfolgreich zu sein.

Herr Dr. Kress, ist die Metallzerspanung noch lukrativ? Die neuesten Umsatzzahlen der Mapal Gruppe machen zwar bestimmt vielen Zerspanern Mut. 2021 stieg der Umsatz der Mapal Gruppe um 15% auf 524 Mio. Euro. Auch einige Zukunftsmärkte haben Sie bereits identifiziert. Dennoch fehlt momentan noch eine eindeutige Richtung, gerade bei der Mobilität. Wie sehen Sie die Lage und Zukunft in der Metallzerspanung?

Jochen Kress: Wenn ich Zweifel an der Zukunft der Metallzerspanung hätte, würde ich wohl nicht mehr hier sitzen. Zerspanung ist nach wie vor ein interessantes Feld – vor allem, weil wir gerade hier in Deutschland die Wertschöpfung noch relativ stark mitbeeinflussen können.

Sie kalkulieren trotz Corona und Krieg mit einem deutlichen Umsatzwachstum für 2022. Sehen Sie das als realistisch an?

Jochen Kress: Momentan ist Wachstum durchaus realistisch. Allerdings ist ja seit Corona, Chipkrise und spätestens mit dem Ukraine-Krieg kaum noch etwas berechenbar.

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Jochen Kress erklärte vor der AMB im Juli den Weg von Mapal durch die Krisen der letzten vier Jahre.  Strategie ist nun proaktiv auf Entwicklungen in den Fokusmärkten zu agieren und Antworten in Form von Innovationen für ganz konkrete Märkte und Anwendungen zu liefern.
Foto: NCFertigung
Jochen Kress erklärte im Juli den Weg von Mapal durch die Krisen.  Strategie ist nun, proaktiv auf Entwicklungen in den Fokusmärkten zu agieren und Antworten in Form von Innovationen für konkrete Märkte und Anwendungen zu liefern.

Demnach wären Sie für 2022 mit einem realistischen Wachstum zufrieden?

Jochen Kress: Zufrieden können wir aktuell nicht sein. Da das Delta zur 2018 immer noch relativ groß ist. In Anbetracht der Gesamtsituation sind die Prognosen gut. Mehr aber nicht.

Trotzdem wirkt sich die 2021 eingeleitete Fokussierung auf neue Märkte bereits positiv aus?

Jochen Kress: Unsere Strategie heißt: Mapal ist im Einklang mit den Märkten und seinen Kunden. Das läuft ganz gut. Wir sind in den vier Zielsegmenten bereits recht erfolgreich, weil wir uns auf jeden Markt individuell eingestellt haben: Für den Werkzeug- und Formenbau stehen komplette Produktprogramme bereit, die auch Online geshoppt werden können. Für Fluid- und Antriebstechnik bieten wir modulare Baukästen. Hauptfokus bleibt natürlich die Automobilindustrie.  

Zusätzlich haben Sie auch den Vorstand erstmals mit einem Chief Human Resources Officer erweitert. Was versprechen Sie sich davon?

Jochen Kress: Ja, wir wollen auch im Personalwesen neue Wege gehen. Mit der Verankerung des HR-Bereiches in der Geschäftsleitung setzen wir ein Zeichen der Wertschätzung für unsere weltweit 5.000 Beschäftigten. Dr. Karin Jenuwein kommt von einem namhaften und etwa 30.000 Mitarbeiter starken Fahrzeughersteller zu uns und kümmert sich um sämtliche Personalthemen von Recruiting, Weiterbildung, Academy bis Arbeitgebermarke.

Sie investieren derzeit stark in Indien – aber auch in Altenstadt. Welche Investition war einfacher?

Jochen Kress: Wer denkt, in Indien kann man einfach loslegen mit einem Bauvorhaben, der liegt tatsächlich schief. Auch dort werden ganz dezidierte Vorgaben gemacht, was nachhaltiges, ökologisches Bauen angeht. Aber wir werden in Indien für einen stark wachsenden Markt produzieren, daher ist diese Investition für Mapal ganz wichtig und wurde mit Weitblick geplant. Die Erweiterung des deutschen Standorts Altenstadt mit vielen erfahrenen Kollegen vor Ort ist tatsächlich relativ unproblematisch, da es sich lediglich um einen Ausbau der vorhandenen Gebäude und Strukturen handelt. Wir haben damit die Produktion unserer Vollhartmetallwerkzeuge fast verdoppelt.

Das sind deutliche, wichtige Signale, gerade für den Standort Deutschland. Ist die Nachfrage so hoch?

Jochen Kress: So eine Investition hat natürlich eine längerfristige Perspektive. Wir haben uns für die Zukunft gerüstet und unsere Hausaufgaben gemacht.

Sind neue Produkte nach wie vor die Wachstumsbasis?

Jochen Kress: Entscheidend ist dabei die Technologieausrichtung. Wir entwickeln inzwischen nicht mehr einfach losgelöst zu betrachtende Produkte. Sondern wir agieren proaktiv auf Entwicklungen in unseren Fokusmärkten und wir liefern Antworten in Form von Innovationen für ganz konkrete Märkte und Anwendungen.

CTO Jacek Kruszynski hatte zur AMB weniger neue Produkte und mehr Technologie versprochen. Auf was müssen wir uns künftig bei Mapal einstellen?

Jochen Kress: Wenn wir von Technologie sprechen, dann meinen wir damit das, was Mapal seit jeher ausmacht: Wir denken die Bearbeitungslösung von den Anforderungen des Kunden her. Das schließt natürlich Lösungen für allgemeine Bearbeitungsaufgaben mit ein, wie die Aluminiumfräser oder die neuen Produkte zur Titanzerspanung. Langfristig gehen wir aber schon den Weg mit dem Kunden durch unsere Technologiebaukästen bis zum Serieneinsatz. Zum Beispiel unsere modularen Konzepte für E-Mobilität-Antriebe und das ebenfalls stufenförmig strukturierte Konzept zur Herstellung von Fluid-Komponenten.

Grundsätzlich wird aber wohl nicht weniger zerspant. Weil Metall einfach ein genialer Werkstoff ist?

Jochen Kress: Da will ich Ihnen gar nicht widersprechen. Gerade Bauteile aus Stahl und NE sind sehr nachhaltig, weil meist gut recycelbar – und trotzdem hochfest und belastbar im Einsatz. Diese Kombination gibt es nicht oft. Allerdings ändern sich ja die Fertigungstechnologien, wenn Sie nur an die additive Fertigung und die vielen Möglichkeiten denken, die der Laser bietet.

Sie nutzen diese neuen Technologien ja bereits: ich denke an die Ölkammern Ihrer Hydrodehnspannfutter. Wohin wird die Reise gehen in den nächsten Jahren?

Jochen Kress: Die additive Fertigungstechnologie hat sich mittlerweile fest etabliert und ihren Platz gefunden, auch im Markt der Zerspanungswerkzeuge. Eine Erweiterung der Technologie erwarte ich in naher Zukunft im Bereich der Werkstoffe.

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Kastenbild: Dr. Jochen Kress (r.) erklärte auf dem AMB-Messestand den Fokus der Mapal Gruppe der Delegation der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Region Ostwürttemberg (WiRO) mit den Landräten Dr. Joachim Bläse (2. v. re.) und Peter Polta (4. v. re.) sowie Vertretern der Wirtschaft aus Ostwürttemberg.
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Dr. Jochen Kress (r.) erklärte auf dem AMB-Messestand den Fokus der Mapal Gruppe der Delegation der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH Region Ostwürttemberg mit den Landräten Dr. Joachim Bläse (2. v. re.) und Peter Polta (4. v. re.).