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Die Kinematik des Langdrehautomaten Traub TNL20 ermöglicht eine effektive, zeitgleiche Bearbeitung mit zwei oder drei Werkzeugen.
Foto: Index
Die Kinematik des Langdrehautomaten Traub TNL20 ermöglicht eine effektive, zeitgleiche Bearbeitung mit zwei oder drei Werkzeugen.

Drehmaschinen

Höhere Flexibilität beim Drehen chirurgischer Instrumente

Mit dem Langdrehautomaten Traub TNL20 zerspant Medi-G Drehteile für chirurgische Instrumente und erreicht  deutliche Einsparungen und eine höhere Flexibilität.

Minimalinvasive Operationstechniken haben sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen etabliert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Zugang zu erkrankten Organen oder Gelenken findet über natürliche Körperöffnungen oder über etwa 5 bis 10 mm kurze Schnitte statt. Die dadurch bedingten Verletzungen der Weichteile verursachen nach der Operation meist weniger Schmerzen als bei konventionellen Verfahren mit bis zu 30 cm langen Schnitten, und sie lassen eine schnellere Erholung zu.

Für diese „Schlüssellochchirurgie“ werden neben einem Endoskop auch verschiedene chirurgische Instrumente benötigt, zum Beispiel Pinzetten, Scheren, Messer und ähnliches, die über Griffe und Verlängerungen zu bedienen sind. Ein Hersteller von solchen Instrumenten für die minimalinvasive Chirurgie (MIC) ist die Medi-G GmbH in Meßkirch. Otto Gäng, der gemeinsam mit seiner Frau Susanne die Geschäfte leitet, erklärt: „Schon seit der Firmengründung 1970 sind wir in diesem Umfeld tätig. Über die Jahre haben wir uns vom reinen Komponentenhersteller zum Lieferanten vollständiger, qualitativ hochwertiger MIC-Instrumente entwickelt, die wir komplett gelabelt und verpackt liefern, also fertig für den Einsatz beim Anwender.“

Entsprechend lang und vielfältig ist die In-house-Prozesskette. Sie reicht von der Zerspanung über die Oberflächenbearbeitung bis zum Vakuumhärten, das Medi-G auch in Lohnfertigung anbietet. Des Weiteren werden komplexe mechanische Baugruppen und chirurgische Instrumente montiert. Obligatorisch sind Zwischen- und Endprüfungen mit moderner 3D-Messtechnik. „Ganz nach Kundenvorgabe und Werkstoffanforderung übernehmen wir auch das Endreinigen und Passivieren der Bauteile sowie das Laserbeschriften und sterile Verpacken“, sagt Gäng.

Medizintechnik stellt hohe Anforderungen

Höchste Qualität der Produkte steht für Medi-G an erster Stelle. Um die hohen Anforderungen zu gewährleisten, setzen sich Susanne und Otto Gäng ständig mit den Prozessen auseinander. Für die Produktion ist Otto Gäng zuständig. Schon seit über 30 Jahren ist er im Betrieb und war zu Anfangszeiten auch als Werksmeister tätig. Eine Aufgabe, die inzwischen die jüngere Generation übernommen hat, wie der Geschäftsführer erläutert: „Heute beschäftigen wir rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darunter sind viele, die bei uns schon ihre Ausbildung durchlaufen haben. Mit ihrem über die Jahre erworbenen Wissen und ihrer Erfahrung tragen sie jetzt die Verantwortung für bestimmte Bereiche.“

Zum Beispiel in der Zerspanung. Hier ist Alex Russu Meister und stellvertretender Abteilungsleiter. Er erklärt: „Unsere zum Teil hochkomplexen Bauteile sind – wie in der Medizintechnik üblich – vor allem aus anspruchsvollen Werkstoffen wie Titan, rostfreien Chrom-Nickel-Stählen oder dem hochtemperaturbeständigen thermoplastischen Kunststoff PEEK. Das erfordert entsprechendes Know-how und einen leistungsfähigen Maschinenpark.“ Gäng schildert, wie sich dieser entwickelt hat: „Wir kommen ursprünglich vom Fräsen. Um Teile komplett bearbeiten zu können, setzen wir schon seit vielen Jahren Fräs-Drehzentren ein. Doch bei einem großen Drehanteil ist das nicht wirtschaftlich, weshalb wir uns vor vier Jahren nach einem geeigneten Langdrehautomaten umgesehen haben.“

Auf der AMB 2018 verglichen die Zerspanungsverantwortlichen die Maschinen verschiedener Anbieter und landeten schließlich bei Index. „Auch wenn wir damals nur wenig Erfahrung mit Drehmaschinen hatten, war uns das Unternehmen für seine qualitativ hochwertigen Maschinen bekannt“, sagt Gäng. „Mit dem Langdreher Traub TNL20 haben wir auf dem Messestand eine Maschine entdeckt, deren technisches Leistungsvermögen unsere Bedürfnisse zu 100 Prozent abdeckt.“ Zudem war dem Medi-G-Team die räumliche Nähe des Werkzeugmaschinenherstellers wichtig – und vor allem die einfache Bedienung und Programmierung der Maschine. „Wie schon gesagt, wir hatten noch keine Drehfachleute im Betrieb“, so Gäng. „Deshalb haben wir auf ein ansprechendes Schulungsangebot und einfache Dialog-Programmierung an der Maschine sehr großen Wert gelegt. Denn aus meiner Erfahrung findet die Lernphase am Sinnvollsten an der Maschine statt.“

Entscheidung für optimale Qualität und maximale Prozesssicherheit

Die Traub TNL20 – damals auf der Messe als Nachfolger der TNL18 vorgestellt – ist ein leistungsfähiger, sehr produktiver Langdrehautomat, der sich in wenigen Minuten zu einem Kurzdreher umrüsten lässt. In beiden Verfahren eignet er sich für Werkstücke mittlerer und hoher Komplexität. Chris Haussmann, für Medi-G zuständiger Index-Gebietsverkaufsleiter, erklärt das Maschinenkonzept: „Die bei Medi-G installierte Ausbaustufe TNL20-9 verfügt über insgesamt neun Linearachsen, zwei baugleiche Arbeitsspindeln und zwei Werkzeugrevolver, jeweils mit X, Z und Y-Achse, sowie über einen auf dem unteren Revolver aufgebauten Rückapparat. Es gibt den modular aufgebauten Drehautomaten noch in zwei weiteren Varianten – als TNL20-9B mit zusätzlicher B-Achse am oberen Werkzeugrevolver und als TNL20-11 mit einem zusätzlichen Frontapparat auf einem autonomen X/Z-Schlitten.“

Das Zerspanungsteam von medi-G entschied sich für die Basisvariante. Russu argumentiert: „Zum einen mussten wir uns die Drehtechnologie erst erarbeiten, und zum anderen setzen wir die Maschine in erster Linie für Drehteile ein, deren Bohr- und Fräsanteil nicht mehr als zehn Prozent beträgt.“ Gäng ergänzt: „Es kommt uns auch nicht so sehr darauf an, die Produktivität der Maschine maximal auszureizen. Viel wichtiger ist uns eine optimale Qualität der Bauteile und maximale Prozesssicherheit.“ Auch in dieser Hinsicht hat die Traub TNL20 viel zu bieten. Da wäre das stabile und schwingungsdämpfende Graugussbett, auf dem sämtliche Baugruppen aufgebaut sind. Der großzügige und senkrecht gestaltete Arbeitsraum sorgt zusätzlich für die nötigen Freiheitsgrade bei der Bearbeitung der Werkstücke sowie durch den freien Spänefall für eine sehr hohe Prozesssicherheit. „Um die Präzision dauerhaft zu maximieren, wurde die TNL20 thermosymmetrisch aufgebaut. Sie verfügt über flüssigkeitsgekühlte Motorspindeln und ist komplett hydraulikfrei gestaltet“, fügt Haussmann hinzu.

Einfach zu bedienen und mit Stangenlader im Dauereinsatz

Alex Russu und zwei weitere Mitarbeiter ließen sich zwei Wochen bei Index und eine Woche im eigenen Werk schulen, „dann hatten wir das notwenige Wissen, um mit der TNL20 produktiv zu arbeiten“, bestätigt der Zerspanungsmeister. „Und wenn irgendwelche maschinenspezifische Probleme auftreten, werden wir von Index nach wie vor schnell und unkompliziert unterstützt.“

Die Drehmaschine läuft inzwischen gut ausgelastet in zwei Schichten – eine davon mannlos über Nacht. Das ermöglicht unter anderem der 3-m-Stangenlader und eine optional angebotene Werkstückentnahmeeinrichtung. Diese besteht aus einer Linearachse in Z-Richtung und einer Schwenkachse, mit deren Hilfe ein Werkstückgreifer die fertigbearbeiteten Werkstücke entnimmt und auf ein Teileabführband legt. Zurzeit sind Titandrehlinge auf der Maschine: Aus 17 mm Stangenmaterial wird der Griff eines Nadelhalters vorbearbeitet, der dann auf einer Fräsmaschine seine endgültige Kontur erhält. „Diese relativ großen Teile fertigen wir in einer Losgröße von 50.000 Stück“, berichtet Geschäftsführer Gäng. „Wir arbeiten aber auch von anderem Stangenmaterial in einem Durchmesserspektrum von 6 bis 20 mm. Je nach Bauteil sind die Lose dann auch mal doppelt so groß.“

In der Regel rüsten Russu und seine Kollegen die Traub TNL20 einmal pro Woche um. Auch immer wieder in den Kurzdrehbetrieb. Laut Gäng war diese Möglichkeit ein wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung: „Je nach Bauteil ist das Kurzdrehen sehr vorteilhaft. Wir haben kürzere Reststücke, weil der Abstand von der Spindel zur Führungsbuchse wegfällt. Dadurch sparen wir Material, was bei Titan ein durchaus wirtschaftlicher Faktor ist.“

Beste Perspektiven für weiteres Wachstum

Die Investition in die Traub TNL20 habe sich für Medi-G auf jeden Fall gelohnt, resümiert der Geschäftsführer: „Jetzt können wir viele Teile, die wir bisher extern fertigen ließen, selbst produzieren und sind auch nicht von Lieferzeiten abhängig.“ Diese Argumente animierten das Unternehmen, in einen weiteren Drehautomaten Traub TNL20-9 zu investieren. Ausreichend Platz ist vorhanden. Denn im August 2021 zog Medi-G vom langjährigen Standort in Leibertingen in ihren Neubau im Industriepark Meßkirch. Dort profitiert das Unternehmen von moderner interner Logistik, einer topp Infrastruktur und großzügig gestalteten Produktionsflächen.

rk