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Die Spannsituation im Horizontal-Bearbeitungszentrum baut auf der Standardpalette mit hauseigenen Winkelspannblock und sechs Gressel-Festbackenspannern S2 auf. 
Foto: Gressel
Die Spannsituation im Horizontal-Bearbeitungszentrum baut auf der Standardpalette mit hauseigenen Winkelspannblock und sechs Gressel-Festbackenspannern S2 auf. 

Werkstattausrüstung

Flexible Werkstückspanntechnik verkürzt Durchlaufzeiten

Mit der flexiblen Werkstückspanntechnik von Gressel reduziert Rohde & Schwarz die Durchlaufzeiten in der Fertigung funktionsintegrierter Präzisionsbauteile.

Wie produziert man sehr unterschiedliche sowie teilweise komplexe Bauteile in Einzelteil- oder Kleinserienfertigung für die Herstellung elektromechanischer Baugruppen und Komplettsysteme? Antworten darauf gibt seit mehr als 50 Jahren das Rohde-&-Schwarz-Werk Teisnach im Bayerischen Wald, das im Werksverbund des Unternehmens als Systemlieferant und Dienstleistungszentrum fungiert. Mit rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon mehr als 100 Auszubildende, und mit einer Produktionsfläche von gut 74.000 m2 ist Rohde & Schwarz nicht nur der größte Arbeitgeber, sondern bringt auch weit mehr als nur einen Touch High Tech in die Region.

Hohe Flexibilität in der Fertigung

Sichtbar wird dies zum einen an den dort tätigen Fachkräften mit hoher Qualifikation. Zum anderen an den hergestellten Produkten wie elektromechanische Baugruppen und Systemlösungen, Sendeanlagen, Körperscanner, Funk-Kommunikationssysteme, Antennen, Hohlleiter und Brillenanpassungssysteme. Für diese werden beispielsweise mikromechanische Präzisionsteile, Gehäuse, Leiterplatten und elektronische Baugruppen gefertigt. Dies erfolgt in anpassbaren Standard- und individuellen Sonderausführungen, was in der Fertigung täglich eine sehr hohe Varianten-, Stückzahl- und Lieferflexibilität abverlangt.

Vor allem trifft dies auf die zerspanende Bearbeitung von mechanischen Präzisionsbauteilen zu, für die der Unternehmensteil CAM zuständig ist. Um den stetig steigenden Anforderungen bei der wirtschaftlichen Fertigung von zunehmend funktionsintegrierten und dadurch komplexer werdenden Bauteilen gerecht zu werden, startete Rohde & Schwarz ein umfassendes Technologie- und Investitionsprojekt. Dies umfasst ein flexibles Fertigungszentrum für die 4- und 5-Achsen-Simultanbearbeitung, bestehend aus vier 5-Achs-CNC-Horizontal-Bearbeitungszentren, einem robotergestützten Palettenmagazin und Handlingsystem mit 70 Plätzen, einem Leitrechner und schließlich der Werkstückspanntechnik.

Gesamte Werkstückspannung aus einer Hand

Georg Kauschinger, Leiter Horizontalbearbeitung spanabhebend bei Rohde & Schwarz, und sein Kollege Paul Hauner, Systembetreuer CAD/CAM-Programmierung spanabhebend, organisierten dafür eine umfangreche Evaluation. Des Weiteren wurden auch die Kriterien für die Beschaffung der Werkstückspanntechnik benannt, wobei sich das Konzept zunächst auf jeweils separate Spannlösungen für die OP10 und die OP20 fokussierte. In dieser Phase erhielt die Schweizer Gressel AG die Chance, ihren Spanntechnikbaukasten vorzustellen und konnte mit ihrem Programm C2-Basisspanner überzeugen.

Dazu sagt Hauner: „Der Mix aus hochgenauen Zentrischspannern C2 und genau dazu passenden Festbackenspannern S2 kam uns wie gerufen, weil wir jetzt die Möglichkeit hatten, die gesamte Werkstückspannung aus einer Hand zu erhalten. Dies ersparte uns einerseits den Aufwand, nach kompatiblen Spanntechnikkomponenten zu suchen. Andererseits zeigte sich Gressel auch sehr flexibel was unsere Sonderwünsche betraf. Als Beispiele sind die Nutzung unserer hauseigenen Basispyramiden für Mehrfachspannungen und optimale Zugänglichkeit zur 4- und 5-Achsen-Bearbeitung, oder auch die Verwendung von speziell auf unsere Bedürfnisse abgestimmten Grundbacken zu nennen. Außerdem erhielten alle Spannsystemantriebe einheitlich dieselbe Schlüsselweite, um für die angedachte spätere Automatisierung der Spannvorgänge gerüstet zu sein.“

Die Durchlaufzeiten wurden reduziert

Die hohen Anforderungen hinsichtlich Rüst-, Anwendungs- und Nutzungsflexibilität der Werkstückspanntechnik ergaben sich nicht zuletzt aus den Sachzwängen der 4- und 5-achsigen simultanen Komplettbearbeitung aus dem Vollen von zumeist quaderförmigen Werkstücken aus Aluminiumblöcken. Diese haben Kantenlängen von 15 mm und reichen manchmal sogar bis 500 mm. Die als Einzelteile oder in Kleinserien bis 50 Stück pro Charge zu fertigenden Bauteile weisen Maschinenlaufzeiten von zehn Minuten bis 16 Stunden auf. Die Spannlösungen auf den einzelnen Paletten waren vorher als passgenaue Spannsysteme für eine oder zwei Spannlagen ausgeführt, um in jedem Fall ein fertiges Werkstück von der Palette zu bekommen. Jetzt sind die nach wie vor auf einer Palette befindlichen Spannlagen 1 und 2 mittels Zentrischspannern C2 und Festbackenspannern S2 komplett getrennt, was sich in der praktischen Vor- und Fertigbearbeitung als vorteilhaft hinsichtlich Zugänglichkeit und Präzision erweist.

Dominik Stasny, zuständig für Programmierung und Betreuung der Spanntechnik in der spanenden Fertigung im Werkzeugbau von Rohde & Schwarz in Teisnach, erläutert dazu: „Das Gressel-Baukastensystem C2/S2 zeichnet sich durch eine hohe Rüstfreundlichkeit und über den Einsatz unserer Spezial-Formbacken durch eine enorme Anpassungsfähigkeit aus. Wir haben in der Regel im Mix mehrere hundert Werkstücke mit zumeist sehr hohen Spanvolumina bis hin zum Präzisionsschlichten zu bearbeiten. Die mit einfacher Schnittstelle ausgestatteten Formbacken helfen uns dabei, den Rüstaufwand zu minimieren und die Stillstandzeiten möglichst gering zu halten. Mit den 70 Paletten inklusive der fix installierten, werkstückbezogenen Spannlösungen sowie dem automatischen Produktionsbetrieb konnten wir die Durchlaufzeiten entscheidend reduzieren, sodass heute die beauftragenden Abteilungen innerhalb von sechs Tagen ihre Bauteile bekommen.“

Zentrisch- und Backenspanner für 70 Paletten

An der hohen Nutzungs- und Lieferflexibilität der spanenden Fertigung im Werk Teisnach hat der Spanntechnikbaukasten von Gressel einen großen Anteil. So sind im flexiblen Fertigungszentrum auf den 70 Paletten sowohl die Zentrischspanner C2 als auch die Festbackenspanner S2 in den verschiedenen Spannlängen und Backenbreiten C2-80, C2-125 L300, C2-160, C2-160 L480 und S2-125 L235, S2-160 L480 im Einsatz. Darüber hinaus wird die Rüstfreundlichkeit durch die konsequente Verwendung des mechanischen Nullpunktspannsystems Gredoc von Gressel unterstützt. Es gewährleistet zudem auf Dauer die sehr hohe Bearbeitungspräzision und schließlich eine Wiederholgenauigkeit beim Wechseln der Spanntechnik auf den Paletten.

Sokha Hem, Vertriebstechniker Österreich & Export bei Gressel, erklärt zur Zusammenarbeit mit dem Kunden Rohde & Schwarz in Teisnach: „Der Mix aus Zentrischspanner und Festbackenspanner sowie der Aufbau auf den Paletten mit dem mechanischen Nullpunktspannsystem Gredoc führte zu optimalen Spannlösungen. Wir sind gerne auf die individuelle Wünsche des Kunden eingegangen und konnten diesen in aufwändigen Langzeittests in puncto Genauigkeit, Reproduzierbarkeit sowie Anwendungsflexibilität überzeugen. Ein weiteres Argument für die Gressel-Spanntechnik war auch die schnelle Austauschbarkeit der kompatiblen Spannkomponenten für sehr lange Bauteile auf den Standardpaletten. Dies ermöglicht es dem Kunden, das gesamte Teilespektrum im flexiblen Fertigungszentrum hoch automatisiert zu bearbeiten und zudem sein Leistungsversprechen gegenüber den internen wie auch den externen Kunden auszubauen. Insgesamt durften wir dem Kunden mehr als 550 C2-/S2-Spannsysteme liefern. Und weil man damit offensichtlich sehr zufrieden ist, kamen bis heute für die Ausrüstung weiterer 5-Achs-Bearbeitungszentren noch 5-Achsen-Spanner 5X-C zum Spannen groß dimensionierter, plattenförmiger Werkstücke hinzu.“

Edgar Grundler/rk