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Foto: Schunk
Außen sind die mechanischen Zentrischspanner KSC 125/300 auf je einer Konsolerhöhung und innen der KSX- 125- 5-Achsspanner. Die Kraftspannblöcke ermöglichen einfaches Handling und eine flexible Automatisierung.

Spanntechnik

Flexible Automatisierung mit Spannsystemen

Nullpunktspannsystem und Kraftspannblöcke von Schunk ermöglichen bei B+G Fertigungstechnik die flexible Automatisierung einer bestehenden CNC-Fräsmaschine.

Mit den richtigen Spannsystemen kann die B+G Fertigungstechnik auf einer CNC-Fräsmaschine flexibel von automatisiert auf manuell wechseln. Doch der Reihe nach. Wolfgang Brill ist ein Mensch, der etwas wagt. Als sein Geschäftspartner bei der Firma B+G Fertigungstechnik sich krankheitsbedingt zurückziehen muss, springt Brill in die Bresche. Er führt den Laden weiter und trifft gleich die Entscheidung, seine Fertigung zu automatisieren. Und was ihm anfangs schlaflose Nächte bereitet, will Brill heute nicht mehr missen. Bei B+G Fertigungstechnik im saarländischen Lebach werden Teile aus dem Bereich Formen- und Sondermaschinenbau gefertigt. Kunden sind große Automobilzulieferer, aber auch Unternehmen aus der Verpackungs- oder der Genussmittelindustrie. „Wir sind ein klassischer Lohnfertiger“, sagt Brill. „Dabei bewegen wir uns auch im Bereich Vorrichtungs- und Anlagenbau, wo wir komplette Baugruppen fertigen, montieren und an die Endkunden ausliefern.

Mit Nullpunktspannsystem Rüstzeit sparen

Bei B+G arbeitet man im Einschichtbetrieb. Tagsüber widmen sich die Mitarbeiter der Fertigung von Einzelteilen. „Davon leben wir“, sagt der Chef. Dazu setzt er mehrere Haas-Werkzeugmaschinen ein. Seit 2017 nutzt Brill auf einer Haas UMC 750 ein Nullpunktspannsystem von Schunk sowie die Kontec-Präzisionsspanner KSC und KSX. „Das war unser Einstieg in die Spannsysteme von Schunk“, erinnert er sich. Die Motivation dahinter beschreibt Brill so: „Ich wollte Rüstzeit sparen. Es war für mich ein relativ hoher Invest, der sich aber schnell amortisiert hat. Heute möchte ich nicht mehr ohne Nullpunktspannsystem arbeiten.“

Es war dieser Unternehmergeist, mit dem sich Brill 2019 dann eine weitere Haas UMC 750 zulegte – und sich gleich für eine Automatisierungslösung entschied. „Ich wollte, dass wir uns tagsüber der Einzelteilfertigung widmen können und nachts dann die Automatisierung läuft“, so der Geschäftsführer. „Wir haben immer wieder Teile in der Serienfertigung, die sich problemlos automatisieren lassen. Mir war aber auch bewusst, dass das nicht mit allen Teilen funktioniert.“ Grundlage für die Möglichkeit, die Fertigung so zu wechseln, war das Nullpunktspannsystem Vero-S von Schunk. Dessen Flexibilität erlaubt es Brill, sehr schnell zwischen automatisiertem Betrieb und dem Tagesbetrieb für die Einzelteilfertigung zu wechseln.

Flexibel automatisierte Produktion von Kleinserien

Für die Einzelteilfertigung verwendet B+G dann die mechanisch betätigten Kontec-Präzisionsspanner KSC und KSX. Sie vereinen hohe Spannkräfte, eine komfortable Bedienung, kurze Rüstzeiten und eine flache Bauweise. Mit ihnen lassen sich unterschiedliche Werkstücke schnell und flexibel spannen. Dank des pneumatisch angesteuerten Kraftspannblockes KSP plus 250 und des Nullpunktspannsystems Vero-S ist ein schnelles Umrüsten auf die Roboterbeladung möglich. Dadurch kann Brill im Nachtbetrieb auf die automatisierte Produktion von Kleinserienbauteilen umstellen.

Die Bestückung der Maschine übernehmen dann die vielzahngeführten Universalgreifer vom Typ PGN plus P 125 in Kombination mit dem manuellen Wechselsystem SHS. Auch bei der Konturbearbeitung setzt B+G auf Schunk: Die schlanke Präzisionsaufnahme des Dehnspannfutters Tendo Slim 4ax in genormter Warmschrumpfkontur bietet sehr gute Voraussetzungen für den Einsatz in der Serien- und Einzelteilfertigung. Zu guter Letzt sorgt das Allroundfutter Tendo E compact für hohe Radialsteifigkeit sowie eine hohe Rundlaufgenauigkeit und bietet sehr gute Dämpfeigenschaften.

Automatisierungspakete zum Festpreis

Vor der Umsetzung der Automatisierung stand jedoch erst einmal Kopfarbeit: Zusammen mit Benno Loerzer, Vertriebsleiter vom Haas-Händler Trident, Schunk-Experte Bernhard Ferenz und dem Team von Automatisierer Schusta Engineering wurden Teile identifiziert, die sich für eine Lösung eignen. Als nächstes stand dann der Umbau der Haas-Maschine an. Für solche Projekte bietet Trident mittlerweile komplette Schunk-Haas-Trident-Pakete zu Festpreisen an. Initiator war Spannmittelexperte Ferenz, der dafür eigens eine Broschüre entwarf. Ohne diese Konstellation wäre das Projekt wohl nie zustande gekommen.

Die große Herausforderung bei der Haas-Maschine war, dass sie für eine Automatisierung nicht ausgelegt war. Das Team brachte seine jeweiligen Expertisen ein und so entschied man sich, durch die Mitte des Maschinentisches eine Vierkanal-Drehdurchführung zur pneumatischen Ansteuerung des Nullpunktspannsystems Vero-S und des pneumatischen Spanners KSP 250 mit Backenanlagenkontrolle und Staudrucküberwachung einzubauen. Über die Maschinensteuerung lassen sich die Module so im automatisierten Prozess bedienen.

Prämie für jede Roboterminute

Bei der Be- und Entladung war ebenfalls Kreativität gefragt, vor allem bei Automatisierer Schusta. Ein Roboter entnimmt zum Beladen der Haas-Maschine das Rohteil aus einer der Schubladen, platziert es anschließend auf einer Zentrierstation und befördert es dann zum Maschinentisch. Die fertigen Teile legt er ebenfalls in einer der Schubladen ab. Anfangs seien seine Mitarbeiter etwas skeptisch gewesen, was die Automatisierung angeht. Aber Brill hat sie schnell ins Boot geholt. Dafür hat er sich etwas einfallen lassen. Für jede Minute, in der der Roboter läuft, bekommen die Mitarbeiter eine vereinbarte Prämie. So ist sichergestellt, dass die Mitarbeiter die Automatisierung nicht als Konkurrenz, sondern als Kollegen sehen. Für Brill hat sich das Wagnis Automatisierung gelohnt. „Ich bin sehr zufrieden damit“, sagt er. „Ich bin noch nicht so weit, dass wir so viele Teile haben, um die Maschine rund um die Uhr laufen zu lassen. Aber das ist ein Prozess, der sich stabilisieren muss und danach kann ich bei der Akquise auch anders agieren.“

Markus Michelberger/rk