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Foto: Harald Klieber

Thema der Woche 20/2019

CAM ist nicht gleich CAM!

Auf der Moulding Expo stellen gut 20 CAM-Hersteller aus. Jedes CAM hat aber seine speziellen Stärken. Je nach Anforderungen kann gewählt werden. Hier ein paar Tipps.

Jede CAM-Software hat ihre Stärke. Dafür gibt es eindrucksvolle Beispiele, die wir diese Woche schon auf nc-fertigung.de gezeigt haben, wie etwa Koller. Der Formenbauer aus Dietfurt bei Ingolstadt hatte die Unterschiede mit einem Benchmark zwischen sechs CAM-Systemen aufgedeckt. Aufgabe war, aus einer CAD-Zeichnung das NC-Programm zum Fräsen einer Grafitelektrode zu generieren. Alle CAM-Hersteller hatten gleiche Voraussetzungen.

Glatte Oberflächen?

Die Ergebnisse hatten Abteilungsleiter Markus Ferstl dann schon etwas überrascht: Die eine Fläche war perfekt und glatt gefräst, eine andere gefräste Grafitelektrode eignet sich allenfalls zum Fingernägelfeilen. Nur soviel: Eindeutiger Sieger war Open Mind, mit dessen CAM Koller nun schon seit zwei Jahren seine großen Werkzeugrahmen schlichtet − und zwar doppelt rekordverdächtig, weil die Flächen ganz einfach per Flächenzuweisung programmiert und große Regelflächen mit rund 6 m2/h geschlichtet werden.

Glänzende Oberflächen?

Kommt es vor allem auf glänzende Oberflächen an, demonstrieren die Projektpartner Hermle, Zecha und Vero spätestens während der Hausausstellung in Gosheim bei Hermle, wie sich auch mit relativ niedriger Drehzahl Hochglanz auf Aluminiumteilen herstellen lässt. Rund 10 Space-Mäuse wollen die Partner ab 8. Mai auf einer C32U fräsen. Geheimnis der sehr guten Oberflächen sind neben den vorab abgestimmten Prozessparametern vor allem die Diamantschicht und die sehr spezielle Geometrie der 3-mm-Schlichtfräser in Kombination mit der 3D-Kontur von Work NC − die Schritt für Schritt eingefahren wurde in der Hermle-Niederlassung in Kassel-Lohfelden. Oberster Trumpf war nach Angaben von Zecha-Anwendungstechniker Andreas Weck die Schärfe und Schnittigkeit des Werkzeugs in dem weichen, zähen, duktilen Aluminium. Trotz großem Aufwand bleiben die Space-Mäuse aber eine Showanwendung, die dennoch zeigt, dass auch mit weniger Drehzahl glänzende Oberflächen machbar sind.

Mehr Produktivität?

Ausschließlich nüchterne Produktivitätsziele verfolgte dagegen die Stickel GmbH. Zum Schlichten von Form-Werkzeugen aus St52 fand der Blechteile-Spezialist erst mit dem Einsatz eines Kugelfräsers akzeptable Standzeiten. Mit dem Wendeschneidplatten-Werkzeug von OSG konnte aber nicht nur die Standzeit mehr als verdoppelt werden. Auch die Vorschubgeschwindigkeiten in Stahl und Guss wurden deutlich erhöht − und trotzdem die vorher aufwändige Nacharbeit halbiert.

Einfach programmierbar

Woran erkennt man aber nun das bessere CAM-System? Zum einen kommt es auf die Arbeitsweise des CAM an, wie Tebis-Experte Reiner Schmid im Interview meinem Kollegen Christopher Detke erklärt. Zum anderen liegt es natürlich an der Anwendung: Im Fall von Koller Formenbau am 5-Achs-Fräsen der Grafitelektrode, dem Taumeln des 6-mm-Fräsers um einen stehenden Grafit-Quader − was wohl nicht die Sache eines jeden CAM ist. Deshalb nutzt Koller wohl auch ganze vier CAM-Systeme, um die verschiedensten Prozesse mit den jeweils effizientesten Zyklen optimal fräsen zu können. Ein Aufwand, der nach Angaben von Markus Ferstl weder zum Programmieren noch zum Fräsen allzu groß ist, aber der sich auf jeden Fall lohnt. Wie groß die Auswahl an CAM-Systemen derzeit ist, belegt die Moulding Expo in Stuttgart. Ab 21.5. stellen dort über 20 CAM-Hersteller aus − was in der Tat eine gute Gelegenheit ist, sich die Stärken der Systeme vorführen zu lassen.