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Foto: Christopher Detke

Kühlschmierstoff

Bantleons Zukunft ist nachhaltig und digital

Rainer Janz (Bantleon, Produkt- und Qualitätsmanagement) erklärt, wie sich Bantleon KSS im Zeichen von Nachhaltigkeit und Digitalisierung vorstellt.

von Christopher Detke

Hallo Herr Janz, Bantleon feiert 2018 sein 100-jähriges Jubiläum. Wie will das Unternehmen auch die nächsten 100 Jahre bestehen?

Wir möchten zu Beginn der nächsten 100 Jahre natürlich daran anknüpfen, wo wir am Ende der ersten 100 Jahre aufgehört haben. Das betrifft auch die Themen Wachstum und Nachhaltigkeit. Wir streben ein gesundes Wachstum an und das Thema Nachhaltigkeit ist nach wie vor in unserem Fokus. Ich glaube wir haben eine sehr gute Balance gefunden, um erfolgreich im Dreiklang der Nachhaltigkeit, bestehend aus ökologischem Gleichgewicht, ökonomischer Sicherheit und sozialethischer Gerechtigkeit, zu agieren.

Was bedeutet Nachhaltigkeit denn konkret für Bantleon?

Nachhaltigkeit ist für uns ein riesengroßes Thema. Klar ist, dass das flüssige Gold ein wesentlicher Faktor unserer Produkte darstellt. Wir sind uns der Knappheit des Rohstoffs und der daraus resultierenden Verantwortung im Umgang absolut bewusst. Qualität, Langlebigkeit und die möglichen Auswirkungen auf Umwelt und Umfeld, sind für uns wesentliche und letztlich nachhaltige Kerngrößen. In Produkt und Service. Unser F&E Bereich, samt akkreditiertem Labor befasst sich stetig mit neuartigen, zukunftsorientierten Technologien und Verfahren.

Damit haben Sie vor allem die produktseitige Nachhaltigkeit angesprochen…

Ja, aber natürlich adressieren wir auch immer die anderen Dimensionen von Nachhaltigkeit. Der soziale und ethische Bereich, also alles was beispielsweise die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter, oder allgemein unsere Anspruchsgruppen anbelangt, gesellschaftliches Engagement und vieles mehr - wir haben 2018 erstmals den Ulmer Menschenrechtspreis vergeben. Und wir haben auch ‚die Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Schmierstoffindustrie‘ mitgeprägt und mitbegründet. Ganz aktuell haben wir unser Mitwirken im Initiativkreis einer Allianz für Entwicklung und Klima bekundet. Aufgehängt beim Bundeministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).

Aus welchen Akteuren besteht diese Initiative?

Es gibt fünf Gründungsmitglieder. Das sind die Firmen Fuchs, Zeller-Gmelin, Klüber, Rowe und wir als Bantleon. Aber wir sehen das als offene Veranstaltung. Wir versuchen gerade Basisarbeit zu leisten und freuen uns über weitere Akteure, die diesen Weg auch mitgehen. Wir wollen als Branche ein klares Statement setzen, mit dem Ziel eine Art Branchen-Guideline zu entwickeln. Und zwar bevor uns der Markt oder der Gesetzgeber das vorgeben. Damit sichern wir uns natürlich auch eine gewisse Flexibilität und Akzeptanz.

Wie stellt Bantleon sicher, dass zum Beispiel entlang seiner Lieferkette alles mit rechten Dingen zugeht?

Das Management der Lieferkette ist ein ganz schwieriges Thema und da muss man schon auch aufpassen, dass das, was darüber berichtet wird auch auf seriösen Tatsachen beruht. Denn es ist aus meiner Sicht heute noch sehr schwierig in die Lieferkette zu blicken, zumindest aber belastbare Daten zu bekommen. Wir sind hier definitiv auf die Mitarbeit der Zulieferer angewiesen. Wir haben gleichzeitig im Zuge der REACH-Verordnung auch erlebt, dass bei gewissen Produkten die Zahl der Anbieter nicht wächst, sondern deutlich schrumpft. Deswegen haben Sie oftmals gar nicht die Auswahl zwischen vier oder fünf Lieferanten, sondern Sie müssen sich mit einem, zwei oder dreien unterhalten. Der Hebel wird nicht unbedingt größer, was die eigene Position oftmals schwierig macht.

Sie sehen REACH also eher als kontraproduktiv was Nachhaltigkeit betrifft?

Nein, im Gegenteil! Natürlich ist das für uns ein großer Aufwand gewesen, wir haben aber eine gewisse Marktbereinigung gespürt. REACH fordert Transparenz und Verantwortung mit Stoffen innerhalb der Lieferkette. Dies setzt eine gewisse Technologie-Kompetenz voraus, was am Ende des Tages allen zu Gute kommt.

Wie ist das Feedback der Kunden auf Bantleons Nachhaltigkeitsbestrebungen? Ist Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung relevant?

Sowohl als auch. Wir haben sehr viele Kunden, die legen gezielt Wert darauf. Manchen picken sich auch nur einzelne Gedanken aus einer Nachhaltigkeitsphilosophie heraus. Insgesamt denke ich schon, dass wir Nachhaltigkeit auch als Wettbewerbsfaktor einsetzen können. Was wir aber schon auch erleben, ist, dass es sehr viel Kommunikation auf Marketingebene gibt und im operativen Geschäft am Ende so nicht gehandelt wird. Da zählt dann am Ende leider häufig nur der berüchtigte Preis pro Liter. Das Wichtigste in diesem Thema ist das tatsächliche Handel und Tun. Reine Absichtserklärungen genügen schlichtweg nicht.

Wenn Sie vom Preis sprechen: Schlägt sich die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten preislich in Ihren Produkten nieder?

Nachhaltig zu sein, kostet definitiv Geld. Die Frage muss aber bei der Umlegung der Kosten beantwortet werden. Wer zahlt die Zeche? Momentan sehen wir keine Möglichkeit höhere Kosten an den Kunden weiterzugeben. Manchmal lassen sich mit den Lieferanten Agreements treffen, aber ich denke, das ist schon eine Werte- und Philosophiefrage für so ein Unternehmen. Ich sehe das als klassische Unternehmensaufgabe, die entsprechend seriös in einem Marketingkonzept umgesetzt werden muss. Da fehlt mir heute auch die rechtliche Regelung. Wenn wir uns beispielsweise öffentliche Ausschreibungen ansehen, gibt es meist nur ein Bewertungskriterium, den Preis pro Liter. Das Problem sehe ich branchenunabhängig. Hier sehe ich Optimierungsbedarf im Format von öffentlichen Ausschreibungen.

Was müsste sich ändern?

Man könnte Ausschreibungen beispielsweise ganz anders definieren. Regionale Nähe, Struktur und Nachhaltigkeit eines Unternehmens könnten Faktoren sein und viele andere Dinge. Das erleben wir allerdings in der Praxis leider noch überhaupt nicht. Hier ist es bis dato bei den berüchtigten Absichtserklärungen geblieben, keine Verbindlichkeit, keine Verantwortlichen.

Sie haben vorhin über alternative Formulierungen bzw. alternative Rohstoffe gesprochen. In welchen Richtungen forscht Bantleon aktiv?

Es gibt schon verschiedene interessante Ansätze, was die Basisöltechnologie angeht, wie zum Beispiel das GtL-Verfahren, also Gas to Liquid. Ich denke wir tun gut daran, weiter zu forschen und zu entwickeln. Ein Wunschgedanke wäre natürlich, mal auf eine erneuerbare Basistechnologie zurückgreifen zu können. Ohne jedoch negative Wechselwirkungen hervorzurufen. Sprich Qualität, Langlebigkeit oder die Auswirkungen auf Umwelt und Umfeld. Das Thema Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten muss im Grunde immer global betrachtet werden. Was hierzulande vielleicht nachhaltig ist, kann in einem anderen Land einen negativen Einfluss haben. Daher müssen wir immer das große Ganze im Blick haben.

Sehen Sie im Zuge dessen die Entwicklung eines Kühlschmierstoffes aus regenerativen Quellen als sinnvollen Schritt in naher Zukunft?

Das weiß ich nicht. In der Diskussion rund um nachwachsende Rohstoffe in Schmierstoffen sehe ich es als absolut zweckentfremdet an. Da muss man einfach sehen, dass nur eine geringe Prozentmenge des weltweit geförderten Rohöls jährlich für Schmierstoffe verwendet werden. Da ist es aus meiner Sicht der falsche Hebel hier einen regenerativen Rohstoff zu verwenden. Die Produkte aus nachwachsenden Rohstoffe haben aus meiner Sicht zu viele offene Flanken. Wenn man dann die Ökobilanzen vergleicht, kann der „regenerative Schmierstoff“ nur verlieren. Beispiel Automotive: Wenn ich ein Hydrauliköl aus einem nachwachsenden Rohstoff formuliert habe und ich dafür aber Probleme mit Pumpen, Schläuchen und Dichtungen bekomme und dann vielleicht sogar noch eine Umwelthavarie befürchten muss, kann das nicht nachhaltig sein. Auch hier muss man gezielt überlegen, wo es Sinn macht.

Trotzdem ist der Basisrohstoff aus Mineralöl knapp…

Das stimmt, wobei die Verfügbarkeit gefühlt alle zehn Jahre nach oben korrigiert wird. Ich glaube es ist wichtig mit eingehender Beachtung der Umweltwirkung auch alternative Fördermöglichkeiten in Betracht zu ziehen oder die erwähnten GtL-Verfahren weiter nach vorne zu treiben. Aber ich denke, wenn wir beim sensiblen Umgang mit diesem Rohstoff einen Schritt nach vorne machen, haben wir schon viel gewonnen. Dann werden wir mit Sicherheit auch nicht nur ein Jahrzehnt an Zeit wieder reinholen. Das ist vielleicht momentan ein sehr wichtiger Aspekt: Der sensible Umgang mit den knappen Gütern. Im Kleinen, wie im Großen!

Sehen Sie das in der Branche umgesetzt?

Letztlich kostet der unsensible Umgang das eigene Unternehmen ja nur Geld. Daher gehört es sich eigentlich schon aus der rein ökonomischen Verantwortung heraus. Da hat sich in den letzten Jahren auch schon viel getan und viele Unternehmen sind deutlich sensibler geworden. Da haben wir früher deutlich schlimmere Dinge gesehen und erlebt.

Sie haben erwähnt, dass es für Sie produktseitig ein wichtiges Nachhaltigkeitskriterium ist, das Produkt lange im Prozess zu halten. Wie stellen Sie das sicher?

Ganz wichtig ist, dass das Produkt qualitativ hochwertig formuliert ist. Das geht schon bei den Basisölen los und bei den Additiven weiter, dann spielen gesicherte Fertigungsverfahren eine Rolle. Es braucht klare Qualitätsstandards und Zertifizierungen. Die sind heutzutage ein Muss für jeden, der am Markt erfolgreich sein will. Kontinuierliche Wartung und Überwachung der einzelnen Medien sichern Effizienz und Wertschöpfung. Das ist heute ein Service der immer wichtiger wird und den wir bereits vor über 25 Jahren als Branchenvorreiter eingeführt haben – heute als Fluidmanagement bekannt.

Das haben heute natürlich viele Unternehmen im Portfolio…

…das stimmt. Wir waren hier sicher ein Branchentreiber und haben das System konstant weiterentwickelt. Wir arbeiten hier ausschließlich mit eigenem Fachpersonal. Ausgebildeten Experten. Kontinuierliche Pflege bringt Prozesssicherheit, schont Ressourcen, reduziert Verbrauchsmengen und schafft Kostentransparenz für das System. Außerdem werden die Betreiberpflichten aus den einschlägigen Forderungen TRGS 611 und BGR 143 erfüllt. Die Nachweispflicht besteht ja auch für den Betreiber. Bereits seit 2003 haben wir mit KKS-online eine digitale Lösung im Einsatz, welche vom Kunden genutzt werden kann. Servicearbeiten können mittlerweile in Echtzeit eingesehen werden. Eine Vernetzung mit anderen Daten ist in Arbeit.

Wie darf man sich die Digitalisierung der Schmierstoffüberwachung konkret vorstellen?

Alle Maschinen bekommen einen Barcode. Damit sind die Maschinendaten und Aufgaben verknüpft, die zu erledigen sind. Unsere Mitarbeiter, die oft auch ihren Arbeitsplatz beim Kunden haben, scannen diese Barcodes ab und wissen dann auf welcher Maschine zum Beispiel gemessen oder nachgefüllt werden muss. Aber auch klassische vorbeugende Instandhaltung kann realisiert werden. Dann können die Daten eingespeist und Statistiken erstellt werden. So erhalte ich schnell einen Überblick was zum Beispiel die Maschine heute oder in den nächsten sechs Monaten kosten wird. Wir stellen dem Kunden diese Daten zur Verfügung. Die Daten können kundenseitig online eingesehen und heruntergebrochen werden auf Abteilung, Bereich, Maschine oder Kostenstelle, je nach Anforderung. Das ist aber nicht neu, wie vorhin beschrieben.

Was müssen die nächsten Schritte sein?

Heute geht es darum, ein Datenumfeld zu schaffen, was dem Kunden schnell und transparent alle maschinen- und prozessrelevanten Daten liefert. Das erfordert die Nutzung gemeinsamer Schnittstellen und möglicherweise eine Harmonisierung bestimmter Daten. Der Kühlschmierstoff ist als Prozessmedium nun mal Teil der Werkzeugmaschine, die Daten sind für den Kunden sehr wichtig. Das heißt natürlich wir müssen uns mit den Maschinen, mit den Betreibertools und mit vielen anderen Dingen vernetzen. Hier laufen bereits Projekte. Natürlich betrifft das Thema Digitalisierung auch interne Prozesse. Nehmen Sie unsere Labordatenbank: Die Daten von Proben die wir haben, müssen beispielsweise transparent und permanent zur Verfügung stehen, sodass ein schneller Informationsfluss erfolgen kann. Digitalisierung kommt überall zum Tragen, aber wir müssen immer einen Schritt nach dem anderen machen. Es ist also entscheidend, immer Zielsetzung und Nutzen zu definieren und diese dann entsprechend zu verfolgen. Im Mittelpunkt steht trotz allem der Mensch an sich!

Hat sich in einem Jahrzehnt digitalisierter KSS-Parameter eine klare Kostenersparnis herauskristallisiert?

Ja. Wir wissen heute ja, dass Zeit ein sehr kostbares Gut ist und die Digitalisierung bringt mit Sicherheit eine deutliche Vereinfachung und Beschleunigung der Prozesse. Aus diesem Grund denke ich also schon, dass sich in Summe eine deutliche Ersparnis über den Gesamtlebenszyklus ergibt, weil es Prozesse transparenter macht und Optimierungen transparent herausgearbeitet und angegangen werden können. Kunden messen uns natürlich nicht nur an unseren Versprechen, sondern auch an den realen Effekten. Wir haben Kunden, da haben wir die Mengen mittels dieser Überwachung bis zu 15 Prozent reduziert. Wir gehen hier immer konzeptionell vor, denn die Bedingungen und die individuelle Zielsetzung variiert von Kunde zu Kunde.